Das Glück von Omb ássa

Ulrich Horstmann

Ulrich Horstmann ist lange Zeit Professor für Anglistik in Gießen gewesen.  Er sieht sich als eine Art Grenzgänger, der sowohl philosophische Werke wie auch Hörspiele, Theaterstücke, Gedichte oder Essays inklusiv des 1985 publizierten satirischen Science Fiction Romans „Das Glück von OmB´assa“ geschrieben hat. Das Buch erschien in der Phantastischen  Bibliothek des Suhrkamp Verlages zum ersten Mal.  2014 erschien  der Roman noch einmal in der Bibliothek des skeptischen Denkens im Hoff Verlag unter dem gleichen Titel, aber die Untertitel sind auf dem Cover aufgeführt worden.  So heißt das Buch jetzt „Das Glück von OmB ássa nebst Das einzig Wahre oder Hoheslied auf das zwanzigste Jahrhundert“.

Schon der Titel impliziert Großes.  Es geht nicht nur um den Menschen als Krone der Schöpfung in der Zeit des Kalten Krieges und der allgegenwärtigen Drohungen der Atommächte, sondern um Außerirdische, welche an die eigenen Welten denkend das Leben auf dem blauen Planeten fristen sowie die Behandlung von stereotypen Geschlechterrollen. Ulrich Horstmann nutzt dazu die Mittel der Satire und der Übertreibung. Das Buch ist absichtlich sehr verschachtelt aufgebaut. Der Autor spielt zusätzlich mit mehreren Zeitebenen. Was auf den ersten Blick virtuos und souverän erscheinen mag, wirkt leider im Verlauf der Handlung auch konfus. Immer wieder werden sekundäre Informationen wiederholt oder es wird auf in der Vergangenheit spielende Szenen verwiesen, welche in dem viel zu kompakten, fast wie eine Novelle erscheinenden Text entweder gar nicht oder noch nicht aufgegriffen worden sind. Natürlich ist die Idee eines Vorgriffs auf kommende Ereignisse ein Spannungsmoment, aber Ulrich Horstmann legt viel zu wenig auf einen klassischen Handlungsbogen Wert, als das ein Argument sein könnte oder sollte.    

Wie „100 Tage auf Stardawn“ ist Ulrich Horstmanns Satire/ Roman vor allem eine Pointenarbeit. Auf den letzten Seiten wird der Hintergrund der Geschichte entlarvt. Die Grundidee einer indirekten Strafkolonie außerirdische Mächte auf der Erde mit dem Abschieben des Abschaums des Universums – die Idee ist  inzwischen bekannt und kann deswegen auch gespoilert werden – hätte vielleicht in einem ernsthafter gestalteten Buch funktionieren können., Hier wirkt sie vor allem auch in Anbetracht der verschiedenen Handlungsbögen aufgesetzt und bemüht. Vor allem weil der Leser nicht abschließend beurteilen kann, ob diese in mühevoller Kleinstarbeit zusammengetragenen Erkenntnisse eines fast wie auf Droge gut gelaunten Wissenschaftlers korrekt sind oder nur Ausdruck der extremen Situation, des beginnenden Wahnsinns sind.

Vor allem weil eine andere Idee lange Zeit im Vordergrund steht. Unabhängig von den Träumen und Sehnsüchten nach OmB´assa – der Name ist absichtlich eine verspielte Anspielung – sind die Erdbewohner aus Sicht ihrer unfreiwilligen außerirdischen Gäste eher Protointelligenzen. Wesen zweiter Klasse.

Diese Idee wird auf einer relevanten Handlungsebene weiter extrapoliert. Im Gesamtkontext des Plots spielt diese Vorgabe aber auch keine Rolle.

Ulrich Horstmann erweist sich als ein erstaunlich konservativer Autor. Er spricht bzw. schreibt immer wieder über die stereotypen Geschlechterrollen, weist aber seinen überwiegend eindimensionalen Figuren nicht als satirische Überzeichnung erkennbar genau die Klischees zu, die er persiflieren möchte. Anstatt den verspielten wie außerirdischen Hintergrund zu nutzen, um tatsächlich neue Wege zu gehen oder zumindest anzudenken, bleibt Ulrich Horstmann erstaunlich bieder.

Die Struktur des im Grunde nur als Novelle zu bezeichnenden Romans ist kompliziert.  Die Kapitel sind zwar gut voneinander getrennt, aber manchmal bleibt das unbestimmte Gefühl, als wenn eine kontinuierliche Lektüre nur einer Handlungsebene und dann ein Wechsel zum nächsten Schauplatz dem Gesamteindruck besser tun würden. Zu viele Ansätze werden zu abrupt fallen gelassen, um im nächsten Kapitel eine andere Geschichte zu erzählen oder viel schlimmer noch einmal von vorne anzufangen.

Es ist schade, dass die überzogen experimentelle Form einige gute Ansätze wie die paranoide Furcht vor der atomaren Auslöschung überdeckt. Die im und um den Schutzbunker spielenden Sequenzen inklusiv der technischen Schwierigkeiten wirken zwar wie dialogtechnische Formen der amerikanischen Slapstickkomödie, hinterlassen aber den am meisten konsequenten und deswegen auch zugänglichsten Eindruck.

ZU den Protointelligenzen passt die Analyse der Protoliteratur. Sie bildet auch den Zugang zu der Lust an der in Deutschland passiven atomaren Selbstvernichtung. Protoliteratur sind angeblich die Papierschnipsel – daran erkennt man das Alter des Romans -, welche die Autoren in ihren Papierkörben als minderwertig entsorgt haben.  Als Anspielung auf den Beamtenapparat soll eine Forschungsstelle in einem Münsteraner Bunker eingerichtet werden.

Konsequenterweise rufen diese unheilvollen Aktivitäten in einer grundsätzlich militärischen Anlage die in den achtziger Jahren noch mächtige Friedensbewegung auf den Plan.  

Interessant ist, dass der Autor dieser Idee eine weitere Handlungsebene hinzufügt. Anstatt immer noch Washington oder Moskau zu schauen sind es die Außerirdischen, die ihren eigenen Plan atomisieren wollen. Aber Ulrich Horstmann fehlt das beschwingte Element eines Douglas Adams, der Außerirdische eine Schnellstraße bauen lässt. An einigen Stellen ist der Autor zu bemüht, seine Botschaft direkt dem Leser einzureiben anstatt im Schwung der Übertreibung ihm die Chance zu geben, sich ein eigenes Bild von der sozialen Katastrophe zu machen.  

Zusammengefasst ist Ulrich Horstmanns Satire ein technisch zwiespältiges Vergnügen, das vor allem an seinen Ambitionen scheitert, viele Themen ambivalent wie konsequent modern satirisch, dem typischen Deutschen den Eulenspiegel ins Gesicht haltend zu schildern.    

 

  • Broschiert: 122 Seiten
  • Verlag: Suhrkamp (Februar 1997)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3518375881
  • ISBN-13: 978-3518375884