Mit „Bei Vollmond holt dich der Vampir“ legt der Bastei Verlag im Rahmen seiner Gespenster Krimi Nachdrucke zum ersten Mal einen Roman aus der Feder Jason Dark, dem Vater von John Sinclair neu auf. Das Heft erschien das erste Mal 1973 als Heftroman der ursprünglichen Gespensterkrimis. Jahrzehnte später hat die Romantruhe es für seine Hörspielreihe adaptiert, bevor es in einem unabhängigen Kleinverlag zum ersten Mal als E Book publiziert worden ist.
Auch wenn das Ligotti Titelbild und der knallige Titel gute Pulpunterhaltung versprechen, befriedigt die Geschichte am Ende zu wenig. Es handelt sich um einen eher durchschnittlichen auf Romanlänge gezogenen Plot, bei dem vor allem im Gegensatz zu vielen anderen Nachdrucken das übergroße Schriftbild auffällig ist. Um also generell Heftromanlänge zu erreichen, mussten Autor und Verlag ein wenig tricksen.
Die Handlung ist eher banal und bis auf eine zynische Wendung und den möglichen Inzestgedanken auch vorhersehbar. Jeff Spencer ist ein attraktiver Vertreter für Damenunterwäsche. Mitten in der Nacht bleibt er in einer einsamen Gegend mit seinem Auto ohne Benzin im strömenden Regen liegen. Das einzige Haus in der Nähe ist die prächtige Villa Linus Mortimers, der mit seiner Frau und jeweils zwei Töchtern wie Söhnen in dem Haus wohnt. Der Butler will Jeff Spencer ablehnen, aber Mortimer nimmt ihn bei sich auf. Jeff Spencer erkennt, dass er es mit einem herrischen, strengen und despotischen Mann zu tun hat. Mortimers Tochter Ellen fühlt sich schnell zu Jeff Spencer hingezogen und würde gerne mit ihm das Haus verlassen. Ein Vorhaben, dass Mortimer nicht erlauben kann.
Auf den ersten Seiten stellt Jason Dark die meisten „Fakten“ klar. Mortimer und seine Frau sind Vampire, die sich vom Blut ihrer Opfer in regelmäßigen Abständen ernähren müssen. Das Blut von Tieren reicht ihnen nicht mehr. Linus Mortimer ist sogar bereit, seine Tochter im dunklen Keller auszusaugen, um seine Gier zu befriedigen.
Die beiden Söhne Paul und George sind zwar ihrem Vater treu ergeben, sie sind aber keine Vampire und sehen vor allem das Vorgehen gegenüber ihren Schwester mit Misstrauen. Sie scheuen sich aber nicht, die Spuren ihres Vaters zu beseitigen. Jeff Spencer beobachtet, wie sie nachts eine Leiche beseitigen wollen. Dabei wird er von einer bleichen Frau angegriffen. Paul und George schlagen sie in Flucht und gleichzeitig den einzigen Zeugen Jeff Spencer besinnungslos.
Als dieser weiter mit Ellen das Haus verlassen möchte, werden die Mortimers aber unangenehm.
Nach der guten Einführung mit dem geheimnisvollen Keller und dem außer Kontrolle geratenen Vater flacht die Handlung deutlich ab. Jeff Spencer ist als Protagonist viel zu oberflächlich und eindimensional gezeichnet worden. Nicht nur er, sondern vor allem auch die Leser fragen sich, warum er an einer anderen relevanten Stelle nicht hilflos getötet wird, um das Geheimnis des Hauses zu bewahren. Die Idee, ihn betrunken in einen Wagen zu setzen und vom Sheriff finden zu lassen, kann Jason Dark an keiner Stelle überzeugend präsentieren.
Die finale Auseinandersetzung ist zwar kurzweilig geschrieben und folgt den Traditionen der Hammerfilme, wobei Vampir und Mensch sogar noch einige Zeit gemeinsam fatalistisch auf den Sonnenaufgang warten müssen, um dem Treiben ein Ende zu setzen. Aber dazwischen liegen zu viele eher oberflächlich geschriebene Szenen, in denen keine echte Spannung aufkommt.
Dem Leser fehlt es auch schwer, sich den einzelnen Protagonisten zu nähern. Sie wirken entweder zu oberflächlich – siehe die ängstliche Ellen – oder zu überdimensioniert wie der aggressive Mortimer. In dem Moment, in dem die Spannungskurve anzieht – der Vampir schleicht schließlich in den Ort und sucht neues Blut – wirkt Jason Dark fast zu gehemmt, in dem er die Szenen fast abrupt beendet.
Nach dem zu langsamen, zwar atmosphärisch stimmigen, aber nicht besonders originellen oder wenn es um die Abhandlung von Klischees geht zu wenig exzentrischen Auftakt verliert sich der Plot schließlich in kleineren Ränkespiele und ignoriert die guten Ansätze wie den Vater- Tochter Konflikt oder die schwierige Balance zwischen elterlicher Treue und Angst um die Schwester bei den Brüdern. Der Titel ist knallig, das Titelbild kitschig pulpig, aber herausgekommen ist eine viel zu biedere Vampirgeschichte, die schon in den siebziger Jahren von den Hammerfilmen überholt worden ist und mehr als vierzig Jahre später nicht unbedingt gut gealtert erscheint.
Bastei Heftroman
64 Seiten