Komet der Verwandlung

Fletcher Pratt

Der Apex Verlag legt nach Fletcher Pratts bekannten Fantasy Romanen „Der blaue Stern“ und „Die Quelle des Einhorns“ mit „Komet der Verwandlung“ einen Science Fiction Roman aus der literarischen Spätphase des Amerikaners im Rahmen seiner „Galaxis“ SF Reihe neu auf.

 Der Roman erschien in den USA 1960 unter dem martialischen, aber sehr passenden Titel „Invaders from Rigel“. Die deutsche Erstauflage erfolgte im Rahmen der Ullstein SF Reihe sechzehn Jahre später.

 Der Auftakt des Buches ist der beste Abschnitt des Plots. Einiges erinnert an John Wyndhams „Day of the Triffids“ mit nur wenigen Überlebenden. Der Protagonist und sein bester Freund erwachen, nachdem ein strahlender Komet die Erde anscheinend sehr nahe passiert hat. Er ist plötzlich komplett verwandelt. Sie sind zu Menschen aus beweglichen Stahl geworden. Er kann sich dadurch auch nur noch von Strom und Öl – damit die Gelenke weder rosten noch quietschen – ernähern. Sein wissenschaftlich vor gebildeter Freund hilft ihm, die ersten Stunden sich richtig zu verhalten. So erfährt der Leser später, dass eine ebenfalls verwandelte Frau unter rostenden Zähnen leidet, weil sie Wasser getrunken hat. Anscheinend haben nur alle Menschen überlebt, die in den oberen Gebäudeetagen sich aufgehalten haben, alle anderen Amerikaner sind tot.

Im Laufe der Handlung wird Fletcher Pratt noch eine weitere wissenschaftlich im Grunde absurde Prämisse hinzufügen. Alle Australier sind zum Beispiel blau gefärbt.

Die Ursache scheinen die Ausstrahlungen des Kometen zu sein. Später finden die Überlebenden heraus, dass dieser Komet über den USA abgestürzt ist.

Fletcher Pratt nimmt sich in diesem lesenswerten Abschnitt Zeit, die Veränderungen einer schließlich Handvoll von Menschen zu beschreiben. Sie organisieren sich, wobei schon der demokratische Prozess durch den Kapitalismus in dieser Post Doomsday Welt gefährdet ist. Expeditionen werden ausgeschickt, wissenschaftliche Forschungen finden statt.

 Die Gruppe spaltet sich schließlich auf, als vier Menschen unbedingt „frei“ sein wollen. Auf ihrer Fahrt durchs Land treffen sie auf fremdartige Vögel, Dodos genannt. Sie beginnen auf diese Vögel zu schießen, was eine Art Kettenreaktion auslöst. Die Dodos bewerfen sie mit Steinen und beschädigen ihren Wagen schwer.

 Ab diesem Moment dreht sich der Roman und Fletcher Pratt konzentriert sich mehr auf die Invasionsgeschichte. Die Fremden haben nicht nur die Dodos als ihre Abgesandten, im Grunde Luftstreitkräfte, sondern sie verfügen auch über gigantische Kampfmaschinen, die Fletcher Pratt als eine Art biomechanische Variation von H.G. Wells „Kampf der Welten“ beschreibt. Lange Zeit beginnt der Plot im mittleren Abschnitt dem britischen Klassiker zu ähneln, wobei am Ende nicht die Natur den Menschen den Sieg schenkt, sondern Mut – ausgehend von den metallenen Amerikanern – und wissenschaftliche Forschung, während gleichzeitig nach den anfänglich von den Dodos angegriffenen Amerikanern gesucht wird.

 Der Roman ist eher eine Art Novelle. Hier liegt vielleicht auch die größte Schwäche des Buches. Wie eingangs erwähnt nimmt sich Fletcher Pratt ausgesprochen viel Zeit, um das bizarre wie unerklärliche, im Epilog sogar wissenschaftlich absurd erklärte Ausgangsszenario zu entwickeln. Das alltägliche Überleben ist auch durch die veränderten Bedürfnisse auf den Kopf gestellt. Auch wenn einige der Amerikaner ihre Superheldenkörper zu lieben beginnen und die Einschränkungen vor allem im Vergleich mit den fast unbeschränkten Möglichkeiten „klein“ sind, wirken einzelne Ideen stark konstruiert, damit der Plot überhaupt fortlaufen kann. So reicht anscheinend eine mittlere Haushaltsbatterie, um den Körper aufzuladen. Diese Batterien finden sie noch in Hülle und Fülle. Zerstörungen gibt es so gut wie keine, die Millionen von Toten scheinen „verschwunden“ zu sein, ansonsten würden die wenigen Menschen in einem Alptraum leben. Ein typisches Motiv der „Invasions“ Science Fiction der 60er Jahre.

Auch wenn die Gruppe von einer ungarischen Tänzerin über Wall Street Banker – die Bösen – bis zu den angesprochenen Wissenschaftlern bunt gemischt ist, kommen sie nicht nur schnell klar, sondern können alle Funde gleich kategorisieren. Später werden sie im Widerstandskampf der restlichen Menschheit natürlich zu Eckpfeilern.

 Auch die blauen Australier sind ein belebendes Element. Die Begegnung zwischen den Stahlmenschen aus den USA und den blauen Marinesoldaten gehört zu einer der besten Szenen im mittleren Buchabschnitt. Fletcher Pratt geht aber nicht weiter auf die Folgen ein. Über andere Kontinente erfährt der Leser nichts.

 Die Fremden mit ihren Biowaffen und ihrer aufrechten Elefantenart sind ebenfalls gut gezeichnet. Der Leser erfährt nur aus zweiter oder dritter Hand etwas von ihrer Vorgehensweise, ihren Zielen und schließlich sogar den Schlüssel zur in mehrfacher Hinsicht Rettung. Aber Fletcher Pratt bleibt auch hier ambivalent. Wenn der Komet wirklich so groß gewesen ist, um nicht nur Dodos und „Kampffische“ aufzunehmen, sondern auch die Fremden, dann hätte die Schäden der unkontrollierten Landung – auch diese erinnert mehr an H.G. Wells denn einen Science Fiction Roman aus den sechziger Jahren – größer sein müssen. Ökologisch ignoriert Fletcher Pratt alle Fakten.

 Das die Menschen sich mit wissenschaftlichen Forschung und vor allem ihrer nur bedingt zahlenmäßigen Überlegenheit so schnell gegen die Fremden wehren können, ist die größte Schwäche des Buches. Fletcher Pratt konzentriert sich auf einige Schlachten zwischen Menschen und Fremden. Bedenkt man, dass der Amerikaner eine Reihe von historischen Romanen geschrieben und sich unter anderem intensiv mit dem Bürgerkrieg beschäftigt hat, wirken diese Auseinandersetzungen dramaturgisch unterentwickelt und die Menschen können quasi aus dem Nichts heraus ohne Rückgriff auf ihre Forschungsanlagen mindestens utopisch wirkende Strahlenwaffen entwickeln, mit denen man einen Status Quo erreicht, während auf der zweiten Handlungsebene ein kleines Team eigentlich zur Rettung einer natürlich wunderschönen Frau in die Zentrale der Fremden eindringt.

 Fletscher Pratt hat mittels eines Augenzeugenberichts zumindest dem Leser einen kleinen Einblick in das Geschehen vermittelt, in dem die Gefangenen erstens von an Affen erinnernden Kreaturen nicht nur zur Arbeit gezwungen werden, die Fremden versuchen auch die Sprache der Menschen zu lernen. Auch dieser Handlungsstrang endet schließlich angesichts des feurigen Endes im Nichts.

 Die Charaktere sind vor allem im ersten Handlungsabschnitt solide gezeichnet worden. Fletcher Pratt geht ein wenig ironisch kritisch mit einzelnen Berufszweigen um. Erst im weiteren Handlungsverlauf dreht der Autor diese Intention auf links und konzentriert sich auf einzelne, aus dem „Nichts“ auftauchende hochrangige Militärs, die immer wieder eine Idee mitbringen, welche allerdings die Wissenschaftler verfeinern müssen. Dieser Ansatz wirkt ermüdend, während die finale Auseinandersetzung in der Anlage der Fremden eher an einen Höhepunkt aus einem klassischen Sword & Sorcery Buch erinnert. Es fehlen nur noch die Zaubersprüche.

 Fletscher Pratt hat vor allem als exzentrischer Fantasyautor oder durch seine Kooperationen mit L. Sprague de Camp überzeugt. Dieser Science Fiction Roman aus seiner Spätphase weist allerdings zu viele Schwächen auf.  „Komet der Verwandlung“ besticht vor allem durch die Ausgangslage, bevor das Buch sich allerdings in zu vielen Klischees ergießt und seine Originalität zu Gunsten eines fast klischeehaften Kampfes des amerikanischen Guten gegen die ambivalenten Fremden über Bord wirft.                

GALAXIS SCIENCE FICTION, Band 27: KOMET DER VERWANDLUNG: Geschichten aus der Welt von Morgen - wie man sie sich gestern vo...

  • Taschenbuch : 168 Seiten
  • ISBN-10 : 3752957050
  • ISBN-13 : 978-3752957051
  • Herausgeber : Apex Verlag (29. Mai 2020)
  • Sprache: : Deutsch