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Der achte Film der Mission-Impossible-Reihe mit dem Zusatztitel The Final Reckoning wirft nur eine Frage auf: Wird es wirklich Tom Cruises letzter Einsatz als Superagent Ethan Hunt? Für den Adrenalin-Junkie und Schauspieler scheint jedenfalls eine noch unmöglichere Mission zu sein, die Füße still zu halten und sich entspannt zurückzulehnen. Dies soll jedoch nicht die Sorge des Zuschauers sein. Cruise und Autor/Regisseur Christopher McQuarrie versuchen, den vorläufigen Abschluss der Ethan-Hunt-Saga mit möglichst spektakulären Stunts und Actionsequenzen auszustatten. Das gelingt aber nur mit mäßigem Erfolg.
Seit dem letzten Film hat die Künstliche Intelligenz, auch als Entität bekannt, weltweit sämtliche Infrastrukturen, Regierungen, Militärs und Geheimdienste infiltriert. Dabei erhielt sie Unterstützung von fanatisch-religiösen menschlichen Anhängern. Ethan Hunt (Tom Cruise) war in der Zwischenzeit ebenfalls nicht untätig. Er ließ sich die Haare wieder länger wachsen und arbeitete mit seinen langjährigen Freunden Benji (Simon Pegg) und Luther (Ving Rhames) an einem digitalen Gegenmittel gegen das machthungrige KI-Monster. Das besteht aus gleich mehreren Komponenten und soll den übermenschlichen und allwissenden Gegner in eine komplexe Falle locken. Zahlreiche Herausforderungen an Land, unter Wasser und in der Luft sowie KI-Fan Gabriel (Esai Morales) stehen Ethan jedoch vorher im Wege.
Bereits der erste Film der vermeintlich abschließenden beiden Missionen litt stellenweise unter der Aufteilung. Mission: Impossible – The Final Reckoning wiederholt dessen Probleme nicht nur, sondern baut sie noch weiter aus. In der ersten Stunde nimmt der Film mehrfach Bezug auf alle vorangegangenen Missionen. Erfolglos versucht man rückwirkend, der gesamten Reihe einen übergeordneten Handlungsbogen überzustülpen, der alle Teile inhaltlich unnötig miteinander verknüpft. Darüber hinaus fühlt sich das Drehbuch verpflichtet, die gesamte Laufzeit mit Szenen zu füllen, die drei-, vier-, fünfmal oder noch öfter wiederholen, wie die kommende Mission aussieht, was alles auf dem Spiel steht und dass nur Ethan Hunt die Welt vor dem Abgrund bewahren kann – als wüssten die Zuschauer das nicht schon aus allen anderen Mission-Impossible-Filmen.
Cruise war nie verlegen, sich auch außerhalb des Mission-Impossible-Franchises als messianischen Weltenretter zu inszenieren – mit mal mehr oder weniger unterhaltsamen Ergebnissen. Sein langjähriger Kollaborateur Christopher McQuarrie konnte diesem heldenhaften Panzer bisher immerhin einige Risse verpassen. Auch hier deutet er kurz einen potenziell interessanten inneren Konflikt an, der die unvorhergesehenen negativen Konsequenzen von Ethans Heldentaten umschreibt. Diese Zweifel werden aber nicht weiter ergründet und schnell wieder beiseitegeschoben.
Darüber hinaus konnte der Drehbuchautor und Regisseur bisher sein Talent unter Beweis stellen, die überkonstruierten Plots präzise und effizient wie ein Schweizer Uhrwerk zu gestalten. Kaum fiel dabei auf, dass diese meist nur als gut geöltes Vehikel für unterhaltsame Spionage-Mätzchen und spektakuläre Stunts dienten. In The Final Reckoning erreicht er genau das Gegenteil und zieht exorbitante Actionszenen mit ungelenken, überdramatisch und unnötigen Erklärungen gefüllten Dialogen fast mit in die Tiefe.
Es spricht nichts dagegen, einen Action-Blockbuster langsam zu beginnen. Allerdings wäre es nützlicher gewesen, die erste der fast dreistündigen Laufzeit dafür zu nutzen, den neuen IMF-Team-Mitgliedern mehr Kontur zu verleihen. Haley Atwell darf als talentierte Taschendiebin Grace nicht viel mehr tun, als sich an Tom Cruise heranzukuscheln. Über Greg Zarzan Davis, der als Agent Degas in Dead Reckoning noch Jagd auf Hunt machte, lässt sich nur sagen: Er ist irgendwie auch anwesend. Pom Klementieff kann zumindest ihr Action-Talent erneut unter Beweis stellen. Ihr Potenzial und ihre manische Energie aus dem Vorgängerfilm werden jedoch nicht voll ausgeschöpft. Shea Wigham erhält als CIA-Agent Briggs eine alberne Hintergrundgeschichte, die eine Brücke zu einer länger zurückliegenden IMF-Historie schlagen und sein Verhältnis zu Ethan Hunt mit zusätzlicher Dramatik füllen soll. Dieser Subplot fällt letztendlich aber ebenfalls flach. Esai Morales fügt seinem austauschbaren Gegenspieler Gabriel zumindest ein überdrehtes Bösewicht-Gelächter hinzu. Selbst die Talente der bekannten Teammitglieder wirken hier merkwürdig gedämpft, als wolle The Final Reckoning noch einmal nachdrücklich betonen, dass Mission: Impossible ein reines Tom-Cruise-Vehikel ist, und niemand jemals cruisiger als Tom Cruise sein wird.
Nachdem das unnötige Vorgeplänkel unzählige Male durchgekaut wurde, entdeckt der Film aber doch noch einen zweiten, dritten, vierten und fünften Gang sowie eine Lachgaseinspritzung. Besonders hervorzuheben sind eine ausgedehnte Unterwasser-Sequenz und ein Doppeldecker-Flugzeugstunt, der allerdings schon in diversen Promotion-Videos ausgeschlachtet wurde. Überraschungen und die charakteristische Leichtfüßigkeit der letzten Fortsetzungen sucht man jedoch weitestgehend vergeblich.
Fazit:
Selten lässt sich über einen Action-Blockbuster in dieser Größenordnung sagen, dass Zuschauer fast genau eine Stunde zu spät kommen können, ohne etwas Essenzielles zu verpassen, selbst wenn sie den Vorgängerfilm nur noch vage in Erinnerung haben. The Final Reckoning wirkt mit seinen ausufernden, erklärenden und hölzernen Dialogen eher wie ein Actionfilm, der für das heimische Second-Screen-Erlebnis und Zuschauer konzipiert wurde, die alle zwei Minuten ihr Smartphone konsultieren. Allein die komplexen und gefährlichen Actionsequenzen reichen gerade noch aus, um einen der schwächsten Einträge des Franchises vor sich selbst zu retten.