Kapitän Nemos Neue Abenteuer Band 6: Die Station unter dem Eis

Alfred Wallon

Am Ende des fünften Bandes der Gesamtserie, aber dem mittleren Roman der zweiten Trilogie „Kurs auf die Kokos- Inseln“ bestand die Gefahr, dass das Wissen um die Lemurer in den Händen des geschäftstüchtigen Peter de Bruyxn oder des natürlich verantwortungsvollen Kapitän Nemo direkt oder indirekt das Gesicht der Jules Verne Welt verändern wird.

Im abschließenden Roman der Trilogie „Die Station unter dem Eis“ geht es Alfred Wallon eher um die Herstellung  des von Jules Verne weitgesteckten Status Quo als die Idee einer uralten die Menschheit wie die Arkoniden beobachtenden und kontrollierenden Rasse weiter zu extrapolieren. Aufräumen ist angesagt.

Pieter de Bruyn und seine Schurken sind von den Lemurers festgesetzt worden. Anfänglich versucht sich de Bruyn kaufmännisch argumentativ auf der Gefangenschaft zu befreien. Immerhin hat er im ersten Roman Kapitän Nemo das Leben gerettet. Er hat die Karten aufgestöbert und damit die Routen zum Krakatau Atoll und schließlich den Kokos Insel entdeckt. Dass er dabei eine Spur von Blut hinterlassen hat, verschweigt der gewiefte holländische Händler dann lieber. Mit einem Bauerntrick gelingt ihm kurzzeitig die Flucht. Aber wie alle relevanten Szenen dieses Buches handelt es sich nur um einen Pyrrhussieg.

Kapitän Nemo ist zusammen mit dem Wächter der Kokos- Inseln Station Callis und drei Freiwilligen auf dem  Weg ins ewige Eis, wo die Zentrale, die den Titel prägende „Station unter dem Eis“ sein soll. Callis und seine Lemurer erkranken wie auch schon der Wächter auf dem Krakatau Atoll an einer seltsamen Lungenkrankheit. Im Laufe des Romans wird Alfred Wallon aufzeigen, dass diese Krankheit anscheinend fast zeitgleich bei allen Mitgliedern der Lemurer auf unterschiedlichen, seit langer Zeit nicht mit miteinander verbundenen Stationen auftritt.

Die Erklärungen erscheinen eher pragmatisch konstruiert als wirklich nachvollziehbar. Auch die zweite Hälfte des Buches besteht aus einer Reihe von eher aus anderen Büchern bekannten Szenarien. Ein Mann in einer Schlafkammer; seine letzte Mission und schließlich die Beseitigung aller Beweise, das die Lemurer die Menschheit überwacht haben. Natürlich könnte es noch überall auf der Welt weitere Stationen mit Überlebenden geben, aber Alfred Wallon macht deutlich, dass es in den Bereich des Unwahrscheinlichen geht.

Alfred Wallon setzt zwar Teile des mit „Krakatau stirbt“ angefangenen Handlungsbogens im angekündigten nächsten Roman „Der Tiger von Batavia“ fort, der Klappentext konzentriert sich aber weniger auf klassische Science Fiction Elemente, sondern eher auf ein spannendes Abenteuergarn vor einem exotischen Hintergrund.

Die Reise nach Norden mit einigen tragischen Momenten nimmt sehr viel Raum ein. Innerhalb der Nautilus Crew versucht Alfred Wallon mit dem aufgenommenen Taylor aus dem zweiten Roman innerbetriebliche Spannungen zu erzeugen. Angesichts der Loyalität der Crew zu ihrem Kapitän eher ein kleine Ablenkungsmanöver, das spannungstechnisch nicht überzeugt.

Die Hinterlassenschaften der Lemurer werden wie die Seuche von Alfred Wallon ambivalent beschrieben. Mit der angeblich so überlegenen Technik geht der Autor höchst pragmatisch um. Kaum Einblicke für Kapitän Nemo und damit auch die Leser. Alle Spuren sind am Ende des vorliegenden Bandes nach einer kurzen Tempoverschärfung beseitigt und Kapitän Nemo kann trotz der leeren Hände zufrieden sein. Mit seinem Eingreifen hat er nicht nur das gegebene Versprechen gegenüber dem in mehrfacher Hinsicht eher blassen Callis erfüllt, sondern auch indirekt verhindert, dass sich unredliche Menschen wie de Bruyn zu potentiellen Diktatoren aufschwingen.

Schon bei Ned Land alias Thomas Ostwald ist Kapitän Nemo zu einem stillen Helden der Menschheit geworden, der seine technischen Errungenschaften vor Missbrauch zu schützen sucht und vor allem mit seinen Männern für die reine Forschung lebt. In dieser Trilogie versucht Alfred Wallon das Bild des Helden noch weiter auszubauen und präsentiert Kapitän Nemo nicht mehr als den schwermütigen Rächer nicht zuletzt auch seiner verstorbenen Frau, sondern als progressiven Vordenker.

Zusammengefasst lesen sich die drei Roman der Trilogie ausgesprochen flott. Die Balance zwischen Beschreibungen und wenigen, dann allerdings auch ein wenig stereotypen Actionszenen stimmt. Die „historisch“ relevanten Plätze wie die Kokos- Inseln, aber auch Krakatau unmittelbar vor der Katastrophe tragen zur durchgehend überzeugenden Atmosphäre bei, auch wenn Alfred Wallon hinsichtlich der Lemurer und ihrer Mission/ ihrer Hinterlassenschaften abschließend ein wenig enttäuschend vorgeht und viele, wahrscheinlich zu viele Fragen unbeantwortet bleiben. So wirken die phantastisch utopischen Elemente eher wie eine bunte Mischung aus bekannten Ideen des vor allem deutschen Science Fiction Heftromans. Perry Rhodan natürlich eingeschlossen.  

Jules Verne's Kapitän Nemo - Neue Abenteuer 06: Die Station unter dem Eis (Jules Vernes Kapitän Nemo - Neue Abenteuer 6)

Taschenbuch, 185 Seiten

direkt beim Verlag bestellbar:

www.blitz-verlag.de