Schwelende Rebellion

Leigh Brackett

Der Carcosa Verlag veröffentlicht im Rahmen seiner kleinen Leigh Brackett Werskausgabe die drei Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre publizierten Novellen um Eric John Stark in einer Neuübersetzung von Helmut W. Pesch nach den ursprünglichen Texten und nicht der zusammenfassenden Bearbeitung ihres Mannes Edmund Hamilton. Es lohnt sich, mit der von Helmut W. Pesch verfassten Chronologie am Ende zu beginnen. Routiniert und mittels vieler kleiner, in den Geschichten verstärkten Anmerkungen lassen sich die drei Novellen chronologisch ordnen. Zusätzlich geht der Übersetzer auch noch auf die immer wieder zitierte „vierte“ Geschichte ein; „Der Weg nach Sinharat“. Allerdings verbindet diese Geschichte nur die legendäre Mars Stadt mit den hier vorliegenden Novellen. In den siebziger Jahren griff Leigh Brackett im Rahmen drei Romane den Charakter Eric John Stark noch einmal auf. Allerdings unterscheiden sich die Protagonisten merklich voneinander.

 Leigh Brackett gilt vor allem wegen ihrer Space Romance Geschichten – sie spielen auf verschiedenen Planeten des Sonnensystems – als eine Königin der Pulpgeschichten. Die Vorlage der Originaltexte ihrer ersten Stark Trilogie ermöglicht aber noch andere Vergleiche.

 Ohne zu Kopieren ist ihr Eric John Stark eine interessante Mischung aus Robert E. Howards „Conan“ – ein Einzelgänger mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten und einem Misstrauen gegenüber Magie – sowie C.L. Moore Northwest Smith – ein Einzelgänger, vielleicht auch die Inspiration zu Hans Solo, der immer an der Grenze der Illegalität seinem Gewerbe nachgeht , von Frauen angehimmelt, von Männern gefürchtet - , einem der ersten Helden aus weiblicher Feder.

 In allen drei Geschichten spielen immer zwei Frauen eine Rolle. Eine Königin, nur bedingt eine Zauberin und schließlich eine schwarze Amazone. Ihnen zur Seite steht eine Frau einfacher Herkunft, die im Grunde in jeder der Geschichten sich in Eric John Stark verliebt – nicht immer alleine – und ihn teilweise unter der Opferung des eigenen Lebens aus schwierigen Situationen in einer ihm anfänglich noch unvertrauten Umgebung rettet.

 Leigh Brackett hat ihrem Überhelden zwei Namen gegeben. Eric John Stark ist quasi sein Pseudonym, ein Hinweis auf eine falsche Geburt auf der Erde, unter welchem er zwischen den Planeten hin und herreist. Die erste und letzte Geschichte spielen auf dem Mars, der zweite Texte auf der Venus. „Geboren“ wurde er allerdings als N´Chaka, der Mann ohne Stamm. Ohne zu viele Ähnlichkeiten in diese Herkunft zu interpretieren, ist auch Conan inzwischen ein Mann ohne Stamm, da sein Volk / sein Dorf ausgelöscht worden ist. Auf dem Merkur geboren und als Junge schon ein Sklave ist er aus einer tödlichen Gefahr gerettet worden. Eric John Stark erinnert sich immer wieder an diese frühen Episoden aus seinem Leben. Zu Beginn der ersten Geschichte „Königin der Marskatakomben“ begegnet Stark dem Mann, der ihn gerettet und geformt hat. Ansonsten brechen die Erinnerungen meistens im tiefen Schlaf (meistens nach schweren Verletzungen) oder im Kampf auf. Beim Kampf verwandelt sich Stark in eine mörderische Bestie, eher eine Art Wolf, der sich auch nicht scheut, Gliedmaßen seiner Feinde abzubeißen. Diese Verwandlung spürt Stark selbst, sie erscheint wie ein finaler Adrenalinstoß in extremer Gefahr. In allen drei Geschichten finden sich die entsprechenden Hinweise.      

 Aber Leigh Brackett hat ihr eigenes Universum geschaffen, auch wenn alle drei hier gesammelten Geschichten ohne das utopisch technische Beiwerk mit ein wenig eher klassischer Magie im Grunde Heroic Fantasy Geschichten sein könnten. Wer die Augen schließt, fühlt sich stellenweise an Robert E. Howard erinnert.

 Ihr planetarer Kosmos ist eine bizarre Mischung aus Science Fantasy und klassischen Abenteuergeschichten, wie sie im Grunde Karl May mit seinem Überhelden Kara Ben Nemsi erschaffen und Robert E. Howard auf eine barbarische Art und Weise perfektioniert hat. Vielleicht ist Eric John Stark auch der erste Revolutionär des Genres. Denn zu Beginn der ersten Geschichte steht noch eine lange Haftstrafe aus, weil er auf einem Mond eine Rebellion angeführt und mit Waffen versorgt hat. Die als Sklaven gehaltenen Arbeiter haben gegen ihre Herren und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen rebelliert. In der zweiten Geschichte Zauberin der Venus“ führt er wie Spartakus, aber deutlich erfolgreicher die zum Tode durch unmenschliche Arbeit verurteilten Sklaven in die Freiheit.

  Auf wenigen Seiten in „Königin der Marskatakomben“ entwickelt die Autorin wichtige Teile des Hintergrunds ihres Charakters und beschreibt gleichzeitig die archaischen Lebensbedingungen nicht nur auf dem roten Planeten. Technik wird in den hier vorliegenden Geschichten eher rudimentär eingesetzt. Bis auf Strahlwaffen scheint auf den inneren Planeten des Sonnensystems – keine der Geschichten spielt auf der Erde, welche Stark wegen der drohenden Haftstrafe seit vielen Jahren nicht betreten hat – keine weitere Technik zu funktionieren. Keine Gleiter, auch Raumschifftransporte finden nicht statt. Die Lebensbedingungen sind entweder primitiv und archaisch – die meisten Menschen in den wenigen Städten – auch feudal luxuriös – Bracketts Idee der königlichen Herrscherklasse. Es gibt keine Mittelschicht.

 Eric John Stark taucht plötzlich zu Beginn der drei Geschichten quasi aus dem Nichts heraus auf. Er ist kein „Fremder ohne Name“, auch kein Pale Rider, aber Leigh Brackett geht in den vorliegenden Texten ausführlicher auf längere zurückliegende Ereignisse ein als das sie Verbindungselemente zwischen die drei Novellen packt.

 Eric John Stark befindet sich zu Beginn von „Königin der Marskatakomben“ auf dem Weg zu Delgaun, dem Herr der Valkis, der zusammen mit dem charismatischen neuen Führer aus den Tiefen des Trockenlandes Kynon die Stämme vereinigen und die Städter vernichten will. Stark will sich als Söldner anschließen, wird aber zu einem Spion für die Erde, damit er seiner Haftstrafe entkommt.

 Stark trifft allerdings unter den Söldnern auf einen alten Feind, was umgehend Konflikte auslöst. Mit seiner hünenhaften Gestalt, seiner unter der Sonne des Merkurs dunkel gebrannten Haut und schließlich auch seinem kraftvollen Auftreten erweckt er Misstrauen. Nach mehreren Anschlägen auf sein Leben gelingt es ihm, den Spieß schließlich umzudrehen. Dabei hilft ihm die Krone der Rama und eine Zweigeborene.

 Die Novelle zeichnet ein hohes Tempo aus. Stark wird schnell zum Außenseiter, der sich verschiedenen gefährlichen Situationen stellen muss. Im Gegensatz zu den verblendeten Massen erkennt er in Kynon einen weiteren Scharlatan, einen der zukünftigen Tyrannen, der dis bisherige Herrschaftspyramide nur zum Einstürzen bringen möchte, um selbst noch grausamer zu herrschen. Dabei bedient er sich den alten Kräften der Marsianer. Angeblich haben die Rama mittels zweier Kronen die Macht, ein Bewusstsein von einem Körper zum Nächsten zu transferieren und damit relative Unsterblichkeit zu generieren. Die erste Demonstration entlarvt Eric John Stark als Scharlatanerie, aber er ahnt nicht, das die alten Mächte immer noch lebendig sind. Die lange, dunkle Geschichte des Mars wird auch in der dritten Novelle „Schwarze Amazone des Mars“ eine wichtige Rolle spielen. Deren historischer Hintergrund ist noch tiefer in der anscheinend Jahrtausende umfassenden Geschichte des roten Planeten verankert. Ansonsten wären die beiden Texte widersprüchlich.

 Leigh Bracketts Mars ist wie die anderen Planeten ihres Sonnensystems eine alte Welt, sterbend. Die Wüsten drängen nach vorne, das Wasser ist fast gänzlich verschwunden. Die Städte sterben und das Elend breitet sich aus. Dieser Prozess ließe sich umkehren, es ist das Ergebnis eines Pyrrhussieges, den der legendäre Marskönig Ban Cruach vor vielen tausend Jahen gegen das Volk der damals noch vorhandenen Eishöllen am Pol des Mars errungen hat. Die Gefahr ist nicht gebannt, stoisch hält jemand weit über den eigenen Tod hinaus noch eine Wacht an der Pforte zur Hölle.

  Ihre Geschichten spielen in einer unbestimmten fernen Zukunft und gleichzeitig in einer imaginären Vergangenheit. Ohne Probleme wären die Schauplätze nicht nur in der vorliegenden ersten Geschichte, sondern auch den beiden anderen Texten austauschbar. Aber diese Mischung aus Magie und Abenteuer mit den angesprochenen interessant gestalteten Actionszenen – Stark ist wie Conan ein Überheld, der brutal zurückschlagen, aber nicht zu erst in den Angriff übergehen kann – und einem vielleicht zu hektischen, aber passenden Ende. Dabei muss Eric John Stark gerettet werden. Auch wenn er mutig alles richtig ist, liegt der finale Schlüssel nicht in seiner Hand. Das Happy End ist eher süßsauer, voller Melancholie und Erinnerungen an einen roten Planeten, den es vielleicht in der beschriebenen Form niemals so gegeben hat, den es aber mit Sicherheit niemals wieder auf diese Art und Weise geben wird.

 Die zweite Geschichte „ Zauberin der Venus“ erscheint schon in der Sammlung „Die besten Stories von Leigh Brackett“ im Moewig Verlag. Auch Leigh Bracketts Venus ist ein alter Planet, der Himmel ist von Wolken bedeckt. Die Oberfläche ist heiß. Schiffe durchfahren die roten Gasmeere und Piraten lauern an jeder Ecke. Eric John Stark ist nicht zum ersten Mal auf der Venus. Auch den Mars hat er schon mehrmals besucht, wie die Autorin unauffällig herausarbeitet. In der dritten Geschichte wird er auf den roten Planeten zurückkehren. Dieses Mal sucht er einen Freund. Helvi ist vor einiger Zeit auf der Venus verschwunden, als er seinem Bruder sagen wollte, das sein Tabubruch ungestraft bleibt und er zur Familie zurückkehren kann.

 Die Geschichte beginnt, als ein Piratenkapitän seinen Fahrgast Stark als potentiellen Sklaven ansieht und kurz nach Erreichen des Piratenhafens gefangen nehmen lassen will. Stark kann ihn im Gesicht verletzen und fliehen. Natürlich hat er sich einen Todfeind geschaffen. Die Piratenstadt wird von der Burg der Lhari dominiert, an deren Spitze eine inzwischen verfettete Königin steht. Stark sucht dort Hilfe bei seiner Suche, obwohl viele Männer in den letzten Jahren verschwunden und wahrscheinlich in den die Stadt umgebenden Sümpfen ums Leben gekommen sind. 

 Die Lhari sind eine dekadente Familie, deren Treon zum tragischen Propheten des Untergangs wird. Wie die drei Hexen in Shakespeares „MacBeth“ hat er Visionen, allerdings sind die Bilder verschwommen. Seine Verwandten glauben ihm schon lange nicht mehr, allerdings geben sie rückblickend einen fatalen Sinn. Mit Eric John Stark als dem radikalen Element, dem Zerstörer von Welten. Damit meint Leigh Brackett allerdings noch im Gegensatz zu ihrem Mann Edmund Hamilton ganze Planeten, sondern kleine Mikrokosmen in den unwirtlichen Weiten ihrer spärlich bewohnten Planeten, die Eric John Stark betritt.

 Unter dem roten Meer muss Eric John Stark in der Stadt der Verlorenen arbeiten. Seit mehr als sechzehn Jahren wird dort das einzige zusammengestürzte Gebäude mit Hand abgetragen. Natürlich von Sklaven. Die Lhari versprechen sich Zugang zu verlorenem Wissen. Dieser Aspekt wird sowohl in der ersten Geschichte mit dem Gedankentransporter wie auch in der letzten Geschichte mit dem Volk in den eisigen Weiten hinter der Pforte angesprochen. In den ersten beiden Geschichten darf diese Göttern gleiche Macht nicht in die Hände der falschen Leute fallen. In beiden Geschichten haben einzelne Charaktere schon Zugang zu diesem machtvollen Werkzeug und können aus unterschiedlichen Gründen verantwortungsvoll mit ihm umgehen. In beiden Texten wird Eric John Stark nicht vor die entsprechende Herausforderung gestellt. Nur in der letzten Novelle ist es Eric John Stark, der fatalistisch und am Rande des Wahnsinns aktiv eine Entscheidung trifft und dem Mars eine Zukunft schenkt.

 Die „Zauberin der Venus“ durchzieht eine morbide Atmosphäre. Nicht nur aufgrund der klimatischen Besonderheiten ist die Stadt inklusive des Palasts vom Zerfall bedroht. Die Menschen leben von einer besonderen Form der Piraterie. Die Lhari sind verzweifelt auf der Suche nach ihrem persönlichen metaphorischen Stein der Weisen, den ihre Vorfahren absichtlich wie für die Sehenden auch offen vor den zukünftigen Generationen versteckt haben.

 Zivilisationen, die ihren Zenit überschritten haben, sind ein wiederkehrendes Thema in Edmund Hamiltons Romanen. Bei Leigh Brackett ist dieser Zerfall mehrere tausend Jahre her und alleine die Spuren, die Legenden lassen vor allem Eric John Stark stellvertretend für den Leser ahnen, welch Glanz und Gloria hier früher herrschte. In der zweiten und dritten Geschichte hausen die Herrschenden in Burgen. Jack Vance wird diese Idee in seiner Geschichte „The Last Castle“ noch einmal aufgreifen und den Zusammenbruch einer inzwischen dekadenten Familie drastisch wie effektiv beschreiben.

 Stark ist gegen den eigenen Willen, getrieben von Freundschaft das Werkzeug zur Zerstörung dieser Welt. Er ist die lebendige Bestätigung einer Prophezeiung. In „Zauberin der Venus“ ist Eric John Stark auch die treibende Kraft, während er in der ersten und letzten Novelle vor allem getrieben wird und nur reagieren kann.

 Die dritte Geschichte „Schwarze Amazone des Mars“ ist ausgangstechnisch eine interessante Mischung aus den ersten beiden Novellen. Die Geschichte spielt wie die erste Story wieder auf dem Mars. Zusätzlich hilft Eric John Stark einem Freund, einem Mann, der ihm mehrmals das Leben gerettet hat. Diese will in seiner Heimatstadt Kushat sterben. Er ist einer von nur drei Männern, welche diese abgelegene Stadt im Norden des Mars lebendig verlassen hat. Das liegt in der Tatsache begründet, dass er im jugendlichen Übermut einen Heiligen Talisman gestohlen hat. Diesen will er wieder zurückbringen, um sein Gewissen zu reinigen, bevor er die letzte Reise antritt.

 Lord Ciaran  – ein Mann mit einem geflügelten Helm, der das Gesicht verdeckt und als Hinweis auf den Titel dient – will Kushat mit einer gigantischen Armee erobern. Kushat gilt im hohen Norden als das Tor zum wahren Mars, zu neuen Welten. Stark kann Ciara entkommen. Er will die Bewohner Kushats warnen, wird aber nicht als glaubwürdig eingestuft. Wieder rettet Stark eine junge Frau niederer Herkunft, die sich als Bürgerin für einen Mann verbürgt, den sie nur wenige Momente vorher das erste Mal gesehen hat.

 Kushat gilt – wie angesprochen – als das Schlüssel zum Mars. Aber die Stadt hat ein dunkles Geheimnis. Stark kann zwar den Bürgern kurzzeitig helfen, aber alleine ist er machtlos. Ab diesem Moment entwickelt sich die Geschichte auf zwei Ebenen. Aus dem Gejagten Stark wird ein Jäger, der eine größere Tragödie verhindern möchte. In einer Vision ist ihm das erschienen, was der alte Marskönig Ban Cruach gesehen und schließlich verhindert hat.

„Schwarze Amazone des Mars“ ist – den ganzen Kosmos betrachtend – die beste Geschichte dieser Trilogie. Stark ist inzwischen als Charakter etabliert. Es ist noch mehr Tragik in den Text eingeflossen als in der zweiten Novelle„Zauberin der Venus“. Leigh Brackett baut einen Mythos über den Nächsten. Kushat mag der Schlüssel zum Mars zu sein, dessen unwirtliche Atmosphäre inklusive des Wassermangels den Bewohnern Sorgen macht. Aber Kushat kann nicht wieder im alten Glanz erstrahlen, weil der Aufstieg eines neuen Kushats mit dem Ende des alten Mars und einer Wiederkehr einer Zeit verbunden ist, die noch mehr als mystisch, vielleicht auch als falsche Legende gilt. Leigh Brackett rückt ihren Plot ein wenig näher an H.P.Lovecraft und seine geheimnisvollen Wesen aus anderen Dimensionen heran, die nur durch einen Helden in ihrem eisigen Gefängnis gebannt werden können.

 Die Befreiung Kushats von Lord Ciaran und dessen Armee bedeutet gleichzeitig den Untergang. Es gibt in der Theorie kein Entkommen. Eric John Stark wird später auch noch einmal mit einer Entscheidung konfrontiert, die später in Star Trek II- „Der Zorn des Khans“ zu einem geflügelten Wort werden sollte. Stark muss sich zwischen einigen wenigen Menschen und vielen Menschen entscheiden. Leigh Brackett baut ihm aber während des furiosen Finals eine interessante Brücke. Allerdings kann er sie nur betreten, weil nicht zum ersten Mal in diesen drei Novellen seine Feinde vor Arroganz und Selbstverliebtheit strotzen. Am Ende steht Eric John Starks größter Sieg und ein würdiger Abschluss dieser Trilogie.

 Wie eingangs erwähnt erinnern Leigh Bracketts Geschichten an das Golden Age der Science Fiction. Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und damit dem Beginn des Atomzeitalters veröffentlicht, wirken sie fast ein wenig aus der Zeit gefallen. Wie Eric John Stark auf seinen Reisen über die Venus und den Mars. Ein Krieger, ein Einzelgänger voller Ehre, aber auch dem entschlossenen Mut, sich gegen Gegner zu stellen, die übermächtig erscheinen und voller magischer Kräfte sind. Ein Tier im Mann, den die hübschen Frauen devot lieben, der aber nur bedingt lieben kann. Ein Kuss ist das Höchste, das Stark schenken kann. Ein treuer Freund über den Tod hinaus. Ein klassischer Überheld, dessen Wort Gesetz ist.

 Eric John Stark wirkt archaisch aus der Zeit gefallen, wie auch Leigh Bracketts Venus und Mars Planeten sind, in denen sich eine extrem vage beschriebene Zukunft – geheimnisvolle Wissenschaft, Strahlwaffen – mit erdrückenden Vergangenheiten mischen. Der Kontrast ist noch stärker als bei Raymonds populäre „Flash Gordon“ Comicserie, denn bis auf die angesprochenen wenigen futuristischen Werkzeuge, die selbst schon Patina angesetzt haben, wirkt das Leben auf den beiden Planeten wie aus dem Zeitalter der Barbarei, mit einigem Wohlwollen des Mittelalters in die ferne Zukunft übertragen. Dieser unlogische wie unerklärliche Kontrast macht den Reiz dieser ursprünglichen drei Novellen aus. In der zweiten Trilogie (mehr als zwanzig Jahre nach der letzten Geschichte entstanden) wird Leigh Brackett deutlich mehr Science Fiction Elemente in die Handlung einbauen.

 Die Neuauflage bzw. im Grunde die Erstauflage dieser legendären, aber in Deutschland in dieser Form fast unbekannten Geschichten ist ein mutiger Meilenstein im noch jungen Programm der „Carcosa“ Verlags und auch dank der guten, sprachgewaltigen Übersetzung Helmut W. Peschs eine Anschaffung Wert. Science Fantasy at his golden best.

Schwelende Rebellion: Novellen (Carcosa)

  • Herausgeber ‏ : ‎ Memoranda; 1. Edition (18. März 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 280 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3910914144
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3910914148
  • Originaltitel ‏ : ‎ Eric John Stark