Perry Rhodan Fan Edition 15 "Die Telepathin"

Christina Hacker

Mit „Die Telepathin“ legt die 1974 geborene Christina Hacker ihr Debüt im Perry Rhodan Universum vor. Wie in der kurzen Autorenvorstellung am Ende des Romans mitschwingt, hat sie bislang eher Fanfiction Geschichten und Artikel im „Star Trek“ Universum veröffentlicht. Vielleicht schwingt deswegen eine besondere emotionale Note durch den Roman, dessen Tenor beginnend mit Pandora viele bekannte Szenarien originell aufbereitet durchstreift. Dabei wären teilweise die wichtigen Protagonisten wie Perry Rhodan oder Atlan sogar austauschbar. Mit der Integration dieser Schlüsselfiguren der Serie hat sich die Autorin vielleicht nicht einmal einen Gefallen getan. Wer anfänglich auf Anne Sloane zurückgreift und das Mitglied des Mutantenkorps in einem eigenständigen, wenn auch ihre Nerven am Ende überfordernden Einsatz beschreibt, bevor sie lange, vielleicht zu lange aus der Handlung verschwindet, hätte vielleicht besser auf weitere lange vermisste Nebenfiguren zurückgreifen können. Natürlich gibt es einen Hinweis auf die Relevanz der Zellaktivatorträger, dieser wirkt aber eher konstruiert. Da sie das bekannte Universum höchstens dehnen, aber nicht verändern kann, leidet der Mittelteil des Romans unter diesem die Handlung erdrückenden Gewicht. Mit unbekannteren Nebenfiguren – auch hier gibt es Zellaktivatorträger – wäre der Plot origineller gewesen, zumal der Leser allen Figuren unabhängig von ihren Erfahrungen oder möglichen Beeinflussungen sehr weit voraus ist. 

 Die Geschichte spielt quasi in den goldenen Zeiten der USO – dem Jahr 2238. Die Telikenetin Anne Sloane ist auf einer Geheimmission unterwegs. Zusammen mit einundfünfzig anderen Frauen unterschiedlicher Rassen – Springer, Arkoniden und vor allem Menschen – ist sie von einer Springersippe entführt und soll als Sklavin verkauft werden. In den engen Laderäumen fällt ihr eine sehr junge wie attraktive, aber stumme Frau auf. Als sie die drangvolle Enge nicht mehr aushält, ruft sie den sie begleitenden USO Kreuzer zur Hilfe. Der wird in ein Gefecht mit mehreren Schiffen der Überschweren verwickelt, bevor Atlan und Rhodan an Bord der FREYA die Lage entschärfen können. Die Frauen werden an Bord des Schlachtkreuzers gebracht, wo sich die „ausgehungerten“ Männer relativ schnell seltsam benehmen. Auch zwischen Atlan und Rhodan kommt es zu Spannungen, bei denen die geheimnisvolle Golineh im Brennpunkt zu stehen scheint.

 Der erste Teil des Plots ist spannend, auch wenn die archaischen Wurzeln – weibliche Sklaven im 23. Jahrhundert – befremden. Mit Anne Sloane in einer schwierigen Situation, in der sie ihre Mutantenfähigkeiten nicht einsetzen kann, wird der Leser unmittelbar in den Plot geworfen. Christian Hacker bemüht sich, den Leser unmittelbar an die Figuren heranzuführen. Die Entdeckung der stummen Schönen in Kombination mit einem Perspektivwechsel ist ein guter Aufschluss des Auftakts. Dann erfolgt die für die damalige „Zeit“ obligatorische Raumschlacht, wobei sich die Autorin bemüht, Dramatik zu erzeugen. Mit dem Ende dieses ersten Drittels wechselt die Perspektive.

An Bord der FREYA mit dem unermüdlichen und immer verzweifelter werdenden Quartiermeister Varga beginnt der ohne Frage humorige aber auch klischeehafte Spannungsbogen. Der Seitenhieb auf homosexuelle Paare in der Solaren Flotte – aber nur mit Trauschein – wirkt aufgesetzt, aber die Zeichnung der hysterischen Frauen, die alle Gucky streicheln wollen, wirkt insbesondere für ein Mitglied des eigenen Geschlechts hinter der Tastatur sehr klischeehaft. Die Autoren macht auch nicht unbedingt deutlich, ob die mögliche, später gut zu erkennende Manipulation des männlichen Geschlechts sich in vergleichbaren Veränderungen bei den anderen fünfzig bzw. mit Anne Sloane einundfünfzig Frauen niederschlägt. Mit einigen Irrungen und Wirrungen wirkt dieser Mittelabschnitt bis zur obligatorischen, eher an STAR TREK erinnernden Dreiecksgeschichte wie eine Persiflage auf die militärischen Hierarchien. Der Leser ist wie schon angesprochen durch die wechselnden Perspektiven den Protagonisten im Allgemeinen und den erfahrenen Atlan und Perry Rhodan im Besonderen deutlich voraus, ohne das die Autoren wirklich Spannung aus dieser Situation ziehen kann.

Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist ohne Frage Golineh. Kritisch gesprochen ist schon der Titel des Buches „Die Telepathin“ falsch oder irreführend gewählt, da Golineh in erster Linie als manipulierende Empathin auffällt, die nach Abnahme ihres Halsbandes unter den Männern – warum nicht auch Frauen ? – für ein hormonelles Chaos sorgt, das von Julian Tifflor eingeleitet für Änderungen in der Flotte sorgen wird. Über weite Strecken bleibt ihre Mission, ihre Suche nach einem Unsterblichen im Dunkeln. Erst gegen Ende offenbart sie sich insbesondere Perry Rhodan. Ab diesem Augenblick beginnt im Grunde eine neue Geschichte, in die Christian Hacker überambitioniert zu viele Ideen erzähltechnisch sehr oberflächlich einbaut. Golinehs Vater als Führer seines Volkes ist vielleicht noch zu verkraften, auch wenn die Figur wirklich eher an vergleichbare Begegnungen insbesondere in der alten „Star Trek“ Serie bzw. „The Next Generation“ erinnert. Die sterbende Welt im Einfluss der blauen Riesensonne, das Vorbereiten auf das Ende des Seins mit dem letzten Aufrütteln durch die noch ambitionierte Jugend in Person Golinehs ist keine wirklich neue Idee. Die Welt, auf der die beiden Unsterblichen Rhodan und Atlan eine aus menschlichen Wurzeln angeblich stammende Superzivilisation vorfinden, wird eher ambivalent und teilweise ausgesprochen belehrend beschrieben. Als wenn deren grüner Weg der einzige Richtige ist, obwohl weder wirtschaftliche Strukturen noch kulturelle Hintergründe der insgesamt 15 Milliarden Menschenabkömmlinge beschrieben werden. Perry Rhodan zaubert quasi eine Lösung aus dem Hut, die er später im Verlaufe der Perry Rhodan Serie nur widerwillig der eigenen Menschheit zugesteht. Hinzu kommt, dass diese Lösung eher brachial vorbreitet worden ist. Es scheint eher der Dekadenz dieses Volkes geschuldet, den blauen Riesenstern nicht anzusteuern. Bedenkt der Leser, dass sich das Volk erstens den Bedingungen dort vor Jahrtausenden angepasst hat und es zweitens auch im All zu überleben scheint – dort gibt es auch keine Strahlen einer blauen Riesensonne -, dann wirkt der vorgegebene Weg dürftig. Hinzu kommt, dass es keinen Grund gibt, den Plan unmittelbar umzusetzen. Angesichts der erarbeiteten Prämissen und dem willigen Helfer hätte es jederzeit in naher Zukunft passieren können, da die Sonne noch nicht unmittelbar vor der Explosion in den nächsten Tagen steht. Passend ist, dass das Volk eine gigantische telepathische Einheit gebildet hat, so dass Widerspruch nicht möglich ist. Mit der Geschwindigkeit, mit welcher Christina Hacker plötzlich durch das Geschehen hetzt, gibt es auch keine Möglichkeit, Alternativen ins Auge zu fassen oder überhaupt durchzusprechen. Das dramaturgisch effektive, aber emotional unterentwickelte Ende führt Rhodan und Atlan wieder zusammen. Es werden die entsprechenden Beförderungen ausgesprochen und selbst der Sklavenhandel wird im Vorbeigehen mittels Epilog unterdrückt. Es ist schade, dass die Autorin wahrscheinlich angesichts des Umfangs ihres Plots sich am Ende zu sehr beschränkt und die grandiose, aber nicht in ihren Wurzeln originelle Idee so abrupt und distanziert beschreiben muss. Vielleicht hätte ein Doppelband dem Plot gut getan.    

Zu den Stärken gehört wie schon angesprochen die Zeichnung einiger Nebenfiguren, wobei der penible Quartiermeister mit dem Herz aus Golden und dem weichen Kern unter der harten Schale am Ende wie die Handlung unter die Räder kommt. Vielleicht hätte die Autorin auf das kosmopolitische Ende ihres Romans gänzlich verzichten und die Schicksale der nur als Staffage geltenden Frauen und ihres unermüdlichen Retters in den Mittelpunkt stellen sollen. So bleiben zu viele Fragen trotz des Versuches, ein Happy End zu beschreiben offen und der Leser fühlt sich förmlich aus dem Roman gedrängt.  Technisch ist der Roman ein ambivalentes, aber für eine „Fanproduktion“ auch zufrieden stellendes vor allem aber ausgesprochen ambitioniertes Leseerlebnis. Christina Hacker bewegt sich in einem bekannten Universum und braucht insbesondere für die Stammleser die Hintergründe nicht erläutern. Dabei umgeht sie die Fehler vieler Perry Rhodan Autoren, die immer wieder Situationen/ Positionen und technische Entwicklungen erläutern. Sobald sie aber Neuland betritt, wird sie insbesondere hinsichtlich des beschränkten Seitenumfangs hektisch, aber auch belehrend pragmatisch.  Durch die wechselnden Perspektiven und vor allem den erzähltechnischen Sprung zwischen subjektiven Situationen und objektiven Zusammenfassen der Szenen wird der Roman ein wenig unrund. An einigen stellen bemüht sich die Autoren im Hintergrund subversiv manipulierend, bestimmte Stimmungen im Leser zu erzeugen anstatt ihren Figuren mehr die Zügel zu lassen. Auf der anderen Seite geht es in ihrem Roman weniger um die Stellung der Frau innerhalb der Flotte – findet ja nicht statt – oder der Kultur, sondern um die Begegnung mit einer gänzlich fremden Rasse, die aufgrund ihrer nicht unbedingt gänzlich neuen Beschreibung, aber vor allem ihrer unklaren Mission den Leser trotzdem bei der Stange hält und Perry Rhodan ein wenig nicht unbedingt negativ wie „Star Trek“ erscheinen lässt. Weniger Action und mehr Gefühl. Ein interessantes Debüt, das wie der letzte Fanroman „Mein Freund Pery“ deutlich unterstreicht, das die Fanedition mehr ist als nur das Sammelbecken einfacher Perry Rhodan Abenteuerkopien geschrieben von ambitionierten Fans.  Auch wenn wie in „Die Telepathin“ nicht alles wirklich zusammenpasst.  

Die Fanedition »Die Telepathin« (96 Seiten DIN A5) ist im Space Shop der PRFZ erhältlich.

EUR 7,90 Normalpreis

EUR 5,00 PRFZ Mitglieder

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