Perry Rhodan Neo 88 "Schläfer der Ewigkeit"

Oliver Fröhlich

Mit Oliver Fröhlichs „Schläfer der Ewigkeit“ greift Pery Rhodan zum ersten Mal seit unzähligen „Neo“ Romanen ein wenig theatralisch und vor allem zu affektiert überzeichnet aktiv in das Geschehen ein und versucht sich am Ende des Romans als Friedenstifters. Aber das er nur in Unterwäsche zwischen den Konfliktparteien schwebt, nachdem das Enteron ihm eine Sternenhaut übergezogen hat, wirkt wie schon angedeutet zu pathetisch und zu lächerlich. Interessant ist auch, dass er anbietet, den Schläfer zu erwecken und damit den bisherigen Status Quo aufzuheben sucht. Wieder muss das Enteron als eine Art Universalwaffe nach dem überdimensionierten Superroboter herhalten und Vitalenergie in den Schläfer pumpen. Der erwachte Schläfer prophezeit, dass die Warme Welt – da sich Rhodan als Bewohner der Warmen Welt identifiziert hat, kann nur die Erde gemeint sein – in großer Gefahr ist und die Arkoniden seien eine zeitliche begrenzte Bedrohung, die eher als Lockvogel dienen. Sie sollten sich zurückziehen. Hinzu kommt, dass die Orristan und die Errkarem in erster Linie zwei Zweige eines gemeinsamen Stammes ist, der die Warme Welt schützen muss. Am Ende bricht Perry Rhodan vor Schwäche ohnmächtig zusammen – ein Bogenschlag zum bisherigen schwachen Rhodan – und der Kontakt zum Schläfer wird unterbrochen. Dieses melodramatische Ende zeigt die Stärken und die leider auch überdeutlich die Schwächen der augenblicklichen „Neo“ Serie. Die Grundidee, das die Arkoniden die Erde finden und besetzen, Rhodan seiner bisherigen Machtbasis berauben und die in der Erstauflage so intelligent vorangetriebene Taktik eines aus dem Verborgenen operierenden schwachen Feindes zu unterminieren, bürgt ausgesprochen viel Potential.  Diese Idee wird aber über inzwischen fast zwanzig Taschenhefte nicht gehoben. Die Widerstandsorganisationen und ihre Brechstangenaktionen werden sporadisch inspiriert, nicht selten mechanisch erzählt. Perry Rhodan scheint keine echten Probleme mit der Besetzung seiner Heimatwelt zu haben und die Verlagerung des Plots auf die oben angesprochene Idee einer weiteren ultimativen Bedrohung sowohl der Terraner als auch der Arkoniden wird philosophisch verbrämt und wird vor allem durch diese mystischen Andeutungen so spannungsarm erzählt, das der Leser nur mit dem Kopf schütteln kann. Anstatt den eigenen durchaus vorhandenen Überbau mit den bekannten, aus der Erstauflage übernommenen Elementen stringent und vor allem auch packend weiter zu entwickeln, verläuft sich Frank Borsch in verschiedenen Szenarien, die einzeln genommen eher pragmatisch langweilig erzählt werden und von der Ausgangsposition der Handlung sich mehr und mehr negativ entfernen.

Auch scheint das Sonnensystem inzwischen zu einem Ausflugsort der verschiedenen Rassen zu werden. So ist die Technologie der Orristan zwar den Arkoniden plötzlich weit überlegen, soll aber auf den Bereichen Tarnung und Defensive basieren. Ob selbst defensive Ausrichtung jeglicher Technik hat das Problem, das die Zahlenmäßigkeit des arkonidischen Imperiums erdrückend erscheinen kann und jedes fremde Volk förmlich überflutet. Da hilft in kosmischen Dimensionen überlegene Technik auch nur kurzzeitig. Warum die Orristan aber um die Mitglieder des anderen Stamms anzugreifen arkonidische Technik brauchen, um einen 1500 Meter durchmessenden Venusbahnkreuzer anzugreifen, erscheint auch hinsichtlich defensiver Technik unlogisch. Vor allem ist es unglaubwürdig, dass ein derartig technisch orientiertes Volk nicht zumindest über Handfeuerwaffen verfügt und diese auch stehlen muss. Spätestens mit der Racheaktion gegen die Errkarem wäre auch die defensive Ausrichtung der Orristan ad absurdum geführt. Das Volk scheint es generell schwer zu haben, denn sie brauchen mit den Mutanten Ras Tschubai sowie Frederik auch noch zwei Menschen, die für sie stehlen müssen. 

Einsamer Höhepunkt dieser absurden Episode ist, dass erstens der Diebstahl im Waffenarsenal der Arkoniden nicht aufgefallen sein soll und zweitens die Orristan sich mittels Arkonidenraumanzügen und Strahlengewehre zum Angriff auf den getarnten Wohnasteroiden der Errkarem im Sonnensystem rüsten. Letzter Wissensstand ist, das die Arkoniden dieses System immer noch besetzt haben und selbst die Fantan sich beim Einflug „ausweisen“ müssen. Diese Kontrolle scheint so absurd lasch zu sein oder die Raumschiffe der Arkoniden sind so langsam, dass bei dieser Art von kriegerischen Aktivitäten keine Alarme aufleuchten und keine Kriegsschiffe oder Beiboote der Arkoniden eingreifen. Hinzu kommt, dass selbst Perry Rhodan irgendwo zwischen dem Geschehen fast nackt schweben darf, bevor überhaupt jemand etwas merkt. 

Vorher aber  konnten Perry Rhodan, Reginald Bull, die Ara Leyte und Jenny Whitman zumindest einen kurzen Ausflug an Bord des Asteroidenschiffs INNESAY machen, der eigentlich nach Derogwanien führen sollte, aber durch einen schweren Kreuzer der Arkoniden unterbrochen und zu einem Rückfallbefehl führt. Warum das Schiff nach dem kurzzeitigen Totstellmodus eine Art Schiffsmoirra durchführen musste, ist nicht unbedingt klar. Auf jeden Fall kehrt Perry Rhodan so bereit als Friedensengel zu fungieren rechtzeitig zum Ort des Konflikts zurück und der bisherige Ausflug ist buchstäblich für die Katz gewesen.  Zumindest werden in diesem Spannungsbogen dem Enteron die Grenzen aufgezeigt, da es nicht die Schiffspositronik manipulieren kann. Kaum zurück zu den Errkarem kann Perry Rhodan deren Probleme mit dem Schläfer relativ schnell und wieder spannungsarm in den Griff bekommen.

Interessant ist für die zukünftigen Romane, dass das Enteron anscheinend über eine eigene Persönlichkeit verfügt und gegen Rhodans Anweisungen bedingt zu rebellieren beginnt. Es ist ohne Frage notwendig, Perry Rhodan zu der elysischen Welt zu bringen und sich um die Duplikatormatrix zu bemühen. Perry Rhodan möchte erst hier vor Ordnung sorgen und auf Derogwanien Callibso stellen. Oliver Fröhlich gibt sich zeitweilig Mühe, diesen bedingten Interessenkonflikt überzeugend zu beschreiben und vor allem die einzelnen Positionen zufrieden stellend herauszuarbeiten, bevor dann während des eingangs beschriebenen Showdowns alles wieder zufrieden stellend und perfekt funktioniert. Ohne von der Tatsache abzulenken, dass das Enteron als Begleiter und Waffe zu mächtig, zu funktionell ist, um wirklich zu überzeuge. So kann es die Gefangenen ohne Probleme befreien, nachdem diese erst vergiftet werden sollten. Mit Amakka haben die Errkarem eine quasi Dikattorin, deren Macht durch das Auftreten der Fremden gefährdet ist. Der Schläfer der Errkarem ist ja inzwischen gestorben und nur mittels Manipulationen und falschen Prophezeiungen hat Amakka ihr Volk bislang unter Kontrolle halten können.

Hinsichtlich des ganzen Minizykluses und vor allem der ganzen Serie erdrückt inzwischen die Seitwärtsbewegung die Handlung. Ein Phänomen, das der erfahrene Perry Rhodan Leser auch immer wieder in der Erstauflage kennen lernt. Nur handelt es sich um erstens Taschenhefte und zweitens deutlich kürzere Zyklen, die sich inhaltlich nur wenig bewegen. Die Reise nach Derogwanien wird immer wieder angekündigt und angetreten, doch Perry Rhodan kommt nicht zum Ziel. Dem kosmischen Überbau werden neue Aspekte hinzugefügt – reicht nicht die Bedrohung durch die Methanatmer, die in den auf/ um Arkon spielenden Minizyklen angedeutet worden ist -, die irgendwann auch erläutert und vor allem inhaltlich relativiert werden müssen. Der Leser hat das Gefühl, als versuche sich Frank Borsch in Kombination mit seinen Autoren vor der großen Antworten absichtlich zu drücken. Dabei bemerkt er nicht, das jeglicher inhaltlicher Spannungsaufbau inzwischen  erdrückt worden ist und vor allem die nicht uninteressanten Grundideen nicht weiter entwickelt werden. Durch die zahlreichen Zufälle und vor allem den extrem auf den „Höhepunkt“ hin über beide Handlungsebenen konstruierten, aber nicht in sich entwickelten Plot ist die Lektüre von „Schläfer der Ewigkeit“ ermüdend. Alleine das immer und endlich renitenter werdende, aber weiterhin zu mächtige und zu effizient einsetzbare Enteron ist ein Lichtblick in diesem leider zu durchschnittlichen „Neo“ Roman.     

Pabel Verlag, Taschenheft

160 Seiten, Erschienen 01/15

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