The Magazine of Fantasy & Science Fiction March/ April 2014

Gordon van Gelder (Hrsg.)

Die März/ April Ausgabe des “The Magazine of Fantasy & Science Fiction“ präsentiert sich mit einem Schwerpunkt von Science Fiction Geschichten, die erzähltechnisch ambitioniert erscheinen, inhaltlich aber stellenweise erstaunlich vertraut dem Leser vorkommen.

Leo Vladimirskys “Collar” eröffnet eine “The Magazine of Fantasy & Science Fiction” Ausgabe mit einem weiteren Schwerpunkt auf Science Fiction und kurzweiligen, eher humorvollen Poitenstorys. Die Chinesen haben beschlossen, ihre niederen Arbeiten wieder zurück in die wirtschaftlich darniederliegende USA zurück zu transportieren und deren Bevölkerung ausnutzen. Vor der Küste liegen gigantische Containerschiffe, die eine bessere Zukunft und vor allem Arbeit in der an Bord befindlichen Industrie versprechen. Allerdings müssen die Kandidaten unter Lebensgefahr zu den Schiffen durchs eisige Wasser schwimmen. Kurzweilig, nachdenklich stimmend und vor allem alleine von den gut geschriebenen Dialogen angetrieben handelt es sich um eine der besseren Geschichten dieser Sammlung. In der folgenden Geschichte von Oliver Buckram “A Struggle Between Rivals Ends Surprisingly” wird die Pointe schon im Titel verraten. Deutlich humorvoller als der Auftakttext wirken die Protagonisten mit ihren Diskussionen um den Preis von Hering wie Aliens selbst. Kurzweilig geschrieben mit einem allerdings konstruierten Ende. 

Inhaltlich stellen vor allem die anderen Science Fiction Geschichten eine Mischung aus alten, oft verwandten Ideen teilweise vor einem neuen Hintergrund dar. Dabei reicht das Spektrum der Variationen von vorhersehbar bis leider stereotyp.

„The Lightness of Movement“ ist aus der Feder Pat MacEwens die am meisten ambitionierte Geschichte der der ganzen Ausgabe. Im Gegensatz zu manchen Geschichten, die aus der xenologischen Perspektive die Begegnung mit den Fremden allerdings im bewährten „Star Trek!“ Muster – sie dürfen nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden – beschreiben, entwickelt MacEwers diese Prämisse weiter. Wie in der mit seiner Frau verfassten „Sternentanz“ Trilogie Spider Robinsons geht es um die Kommunikation mit den Außerirdischen über ausdrucksstarke Tänze. Der Protagonist verkleidet sich als einer der Außerirdischen, um sie aktiv zu studieren. Das gipfelt in der Teilnahme an sexuellen Ritualen, wobei MacEwens deren dreidimensionale rhythmische Tanzbewegung ausführlich und dreidimensional beschreibt. Am Ende wirken die Fremden in ihrer Kultur gar nicht so fremd, wie es den Anschein hat, wobei der Autor auf diesem schmalen Grad die richtige Balance zwischen Exotik und Vertrautheit, zwischen Job und Erfüllung findet.

In Sarah Pinskers „A Strech of Highway Two Lanes Wide“ geht es um einen nach einem Unfall auf der Farm eingesetzten Roboterarm inklusiv des entsprechenden Chip. Originell ist, dass dieser Arm eine Sehnsucht nach einem anderen Teil der USA entwickelt. Solide geschrieben mit einigen humorvoll sarkastischen Momenten und guter Charakterzeichnung fehlt am Ende die Schlusspointe, so dass der Text aus seiner bekannten Prämisse erstaunlich wenig, im Grunde zu wenig macht und die angesprochenen weiten Wege nicht einmal in der Phantasie der Leser betreten werdne können. 

Daniel Marcus „Albion upon the Rock“ ist einer der Texte, die alte Ideen nicht nur recyclen – ein Generationenraumschiff, eine verstörte künstliche Intelligenz und eine Veränderung der an Bord befindlichen Menschen auf ein primitiveres Niveau - , sondern sprachlich vom ersten sehr ambitionierten Satz ausgehend herausfordernd ist. Der Inhalt hätte in einer Novelle besser gepasst. 

“The Uncertain Past” übernimmt Ideen von Stephen Kings “Das Attentat” bis zu “Sliders” mit der Ausbildung von Parallelwelten bei jeder Reise. Problematisch ist, dass die Pointe natürlich in dem Augenblick, in dem die beiden Protagonisten in dieser Vergangenheit eintreffen erkennbar ist und sich nicht nur der Leser wundert, warum es mit zwei Menschen anders ist als mit einem in die Vergangenheit geschickten Freiwilligen. Nur die verschiedenen Variationen bilden einen originellen, aber oberflächlichen Kern in dieser leider rückblickend wenig nachhaltig überzeugenden Story.

"I said I was Sorry Didn´t I" aus der Feder Gordon Eklunds verbindet die das Ende der Welt Idee mit einem unsympathischen Charakter, der egoistisch, arrogant und von seiner Frau aus dem Haus geworfen bei seinen Schwestern einzieht, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Diese moralische Veränderung kommt natürlich zu spät, aber Eklund erschafft mit seiner kurzweilig zu lesenden Geschichte drei interessante, unterschiedliche, immer am Rande des entsprechenden Klischee entlang balancierende Charaktere, die durch das ein wenig offene Ende zumindest eine theoretische Überlebenschance haben.

Einige Geschichten dieser Ausgabe lassen sich schwer von seinen Autoren trennen. Ron Goularts „Hark, the Wicked Witches Sing“  handelt von einem seiner typischen sympathischen Verlierer in dem Niemandsland der vierziger Jahre und einem unbekannten Ort namens Hollywood. Hix – Drehbuchautor und Detektiv - soll neben dem Verkauf eines Drehbuches einer verhexten Dame helfen. Das Ende wirkt ein wenig zu stark konstruiert, aber neben den pointierten Dialogen sind es vor allem die Seitenhiebe auf das damalige Hollywood, welche die Geschichte lesenswert machen.  „Butterscotch“ aus der Feder D. M. Amstrongs nimmt sich der Ängste eines werdenden Vaters, der Besuche eines toten „Reisenden“ sowie die Probleme mit der dominanten Schwiegermutter zu ernsthaft, zu wenig originell oder nuanciert an. Auch John Deles Fantasy- Beitrag „Apprentice“ mit einem Magier sowie seinem eher bäuerlich naiven Helfer schafft es nicht, aus dem bekannten Material bis auf das ironische, aber viel zu lange vorbereitete Ende wirklich etwas zu machen. Es ist erstaunlich, dass beide Texte in ihren Genres auf der einen Seite eine nachhaltige Atmosphäre erzeugen können, aber auf der anderen viel entscheidenderen Seite zu wenig aus den einengenden Rahmenbedingungen ausbrechen, um wirklich Originelles zu präsentieren.  

 Die zweite ausgesprochene Fantasy Geschichte dieser Sammlung ist "Our vegetable Love" von Rob Chilson. Es geht zwar um Bäume und nicht das Gemüse, das der Leser normalerweise unter diesem Titel verstehen würde, aber die Bäume nehmen die Erinnerungen der Verstorbenen auf, um den Lebenden einen entsprechenden Weg zu weisen. Eine gute Idee mit melancholischen Untertönen unterfüttert. 

  Zwischen verschiedenen Genres steht Michael Linlings "Draft 31". Eine bis zum konsequenten Ende hin sehr interessant konstruierte Geschichte eines Mannes zwischen zwei Frauen - die Jugendliebe und die eigene Ehefrau - sowie der Sorge um den eigenen Sohn und seine unsichtbaren Freunde. Mit einem entschlossenen, im Grunde egoistischen Charakter und einer bösen Pointe ein guter Schlußpunkt dieser "Magazine" Ausgabe.

 In der Buchecke geht Charles de Lint dieses Mal auf Sekundärliteratur ein. Die vorgestellten Bücher sind vor allem aufgrund ihrer Unbekanntheit sehr interessant und wenn ein Titelbildzeichner im Schatten Frank Frazettas ausführlich gewürdigt wird, lohnt es sich schon, einen zweiten Blick zu riskieren, während Michelle West bei ihren Rezensionen leider dieses Mal frustrierend oberflächlich bleibt. David Langford präsentiert mit „The Devil in Velvet“ einen aus den fünfziger Jahren stammenden Roman, der eine Wiederentdeckung vor allem als bezahlbares E- Book Wert ist. Kathi Maio spricht sehr offensiv über die kleine Reihe von Zeitreisenden Filmen, in denen der zukünftige Mann mancher Alpträume sehr jungen Mädchen schon früh, teilweise nackt erscheint. Dabei geht sie sehr offenen und kritisch auf das vorliegende Material ein. Ein Höhepunkt dieser Ausgabe.  

Zusammengefasst eine erstaunlich durchschnittliche Ausgabe des „The Magazine of Fantasy & Science Fiction“, bei der die Ambitionen deutlich höher sind als die Suche nach originellen neuen Stoffen. Lesenswert sind die meisten Geschichten, wobei die stilistische Qualität in leider zu vielen Fällen den Inhalt überdeckt. Das Titelbild von Kent Bash ist dabei in mehrfacher Hinsicht blass.

 

 

The Magazine of Fantasy & Science Fiction

March/ April 2014

Paperback, 256 Seiten