Mit „Frontiersmen“ erscheint im Bastei- Verlag unter dem Pseudonym Wes Andrews inklusiv eines fiktiven Lebenslaufes eine Space Western Serie aus der Feder Bernd Perplies, der neben seiner Tätigkeit für das Magazin „Space Views“ auch an der „Perry Rhodan Neo“ Serie mitarbeitet, so einige Fantasy Serien auf dem Markt hat. Nicht nur in seinem Nachwort geht er auf verschiedene Inspirationen beginnend mit John Fords Western „Stagecoach“ – dieser Streifen macht John Wayne zu einem Star – bis eher impliziert auch Joss Whedons „Firefly“ Serie ein, in welcher der Wilde Westen mit seinen verschiedenen Facetten mehr oder minder direkt in die Zukunft übertragen worden ist. Perplies muss sich aber den Vorwurf gefallen lassen, dass seine „Frontiersman“ Serie doch sehr stark dem „Firefly“ Universum ähnelt. Auch wenn die politischen Aspekte bei „Firefly“ im Vordergrund stehen, die Handlung sich mehr auf ein faszinierendes Sonnensystem konzentriert und sich Perplies mehr um die Auseinandersetzung mit „grünen Indianern“, sprich Außerirdischen auch noch mit dem amerikanisch klingenden Namen Peko kümmert, verblüfft der Fokus mit dem besonderen Raumschiff, das nicht nur einige Jahre auf dem Buckel hat, sondern einige Tricks in den Bordwänden verstecken kann. Auch ein männlicher Captain und eine weibliche Vertraute sind das gleiche Gerüst wie bei der Fernsehserie, wobei die Crew der „Serenity“ mehr Köpfe umfasst als es „Frontiersmen“ anfänglich anbietet. Aber wie das Ende impliziert, sind noch Kapazitäten an Bord des inzwischen zu einem Schmugglerschiff umgebauten Frachters frei. Natürlich weißt Bernd Perplies darauf hin, dass auch “Firefly“ nicht nur mit Han Solo Anleihen bei „Star Wars“ genommen hat, wobei George Lucas wie Perplies in ihren Geschichten wieder den alten Frontierwestern mit dem intergalaktischen Ponyexpress, den anfänglich friedlich naiven Pekos bzw. Indinanern und dem Ideal des amerikanischen Helden beschwören wollten und zu Ikonen gemacht haben. Es ist angesichts dieser Vorlagen schwer, etwas wirklich Originelles anzubieten, aber ein wenig mehr Mühe hätte sich der Autor trotzdem in diesem Auftaktband geben können.
Der Titel ist eine Hommage an den eher unsinnigen deutschen Titel von John Fords „Stagecoach“: „Höllenfahrt nach Santa Fe“ , wobei Santa Fe niemals das Ziel der Kutsche mit den so verschiedenen Reisenden gewesen ist. Die Fahrt ging nach Lordsburg. Auch im ersten „Frontiermen“ müssen die Besatzungsmitglieder und Passagiere sich durch gefährliches Gebiet schlagen, wobei Perplies Außerirdische nicht nur schwerer bewaffnet als die damaligen Apachen sind, sondern vor allem eine wirklich im letzten Abschnitt der Reise eine allgegenwärtige Gefahr auf dem Weg zum abgeschiedenen Planeten „Heaven´s Gate“ – nur verbal anscheinend eine Anspielung auf Michael Ciminos gigantischen Westernflop - darstellen. Dabei bewegt sich der Autor allerdings auch auf einem schmalen Grad. Grüne Indianer mit einem Hang zu Alkohol und einem eher unterentwickelten charismatischen psychopathischen Anführer bergen viel Potential, das der Autor aber bis auf einige solide geschriebene Actionszenen nicht wirklich nachhaltig heben kann. Immer am Rande der Parodie fällt es schwer, diese Gegner über ihre Ausrüstung hinaus wirklich ernst zu nehmen. Dabei setzt Perplies vor allem im etwas zu langen Ende auf eine direkte Konfrontation mit den Fremden und stellt seinen wichtigsten Protagonisten vor eine schwierige Entscheidung, den Feind direkt zu töten und dabei selbst zu sterben oder das Überleben seiner Crew sicher zu stellen. Es ist schade, dass wie bei einigen anderen Aspekten des eher kurzweilig zu lesenden, aber sehr oberflächlichen Romans Perplies den Spannungsbogen nicht zufriedenstellend beendet. Um seinem Plot Dynamik zu geben, ist es notwendig, nicht nur das Tempo hochzuhalten, sondern eine gute Balance zwischen den pointierten, nicht selten doppeldeutigen Dialogen und den Actionszenen zu finden. Zusätzlich wird noch fast ein Klischee des Spannungskinos eingebaut. Da John Donovan immer chronisch knapp ist und nicht jede Rechnung pünktlich bezahlt, droht einer seiner Gläubiger, ihm sein Schiff wegzunehmen, wenn er nicht in einer bestimmten Frist 20.000 Dollar bezahlt. Um ihn an seine Schuld zu erinnern, startet er den Countdown in Donovans antiquierter Uhr. Nur scheint der Autor anschließend für über einhundert Seiten diese Spannungsmoment auch zu vergessen, denn erstens nur nebenbei und zweitens eher konstruiert wird es immer wieder erwähnt. Donovan muss deswegen auf dem gefährlichen Flug nach „Heaven´s Gate“ Passagiere unterschiedlicher Herkunft und mit sehr differenzierten Interessen an Bord nehmen, die ihm das ganze Geld für die Passage zahlen. Nur hat Donovan angeblich nicht ausreichend Zeit, um vor dem Start die Summe zu überweisen. Auch während einer Zwischenstation fehlt dafür die Zeit, so dass diese Idee bis zum Ende ausgenutzt werden kann. Nur hallt der zeitliche Druck erstens nicht nach – Jules Verne hatte da in „In 80 Tagen um die Welt“ eine entsprechende Antwort – und zweitens hätte der Mafiosi Donovan sowieso nicht in diesen unter Kriegsrecht stehenden Sektor folgen können, so dass dem Ultimatum ein wenig der Druck genommen wird. Wenn am Ende quasi per Zahlungsanweisung über eine intergalaktische Western Union dieses Problem gelöst wird, dann erscheint es wie ein Antihöhepunkt.
Viele Konflikte sind in „Höllenflug nach Heaven´s Gate“ im zwischenmenschlichen Bereich angesiedelt. Vergisst man die obligatorische Geburt während des Flugs oder den angeblichen letzten Überlebenden an Bord einer im All treibenden Rettungskapsel – er ist in Wirklichkeit jemand ganz anders - , dann hat sich einiges an Exzentrik und Hinterhältigkeit an Bord des Raumschiffs getroffen. Donovan entspricht zu stark Han Solo. Ein wenig arrogant und doch ewig pleite. Verliebt in sein rostiges, aber viele Überraschungen beherbergendes Raumschiff. Anstatt nur Chewie hat Donovan seinen eigenwilligen Mann im Maschinenraum Hobie dabei. Mit Zigarrenstummel schon seit vierzig Jahren anscheinend mit m Schiff irgendwie verheiratet und doch in einer der wenigen dreidimensionaleren Sequenzen auch in eine Frau verliebt. Die blonde Studienabbrecherin und fast Ärztin Kelly hat eingesehen, dass Freundschaft statt einer Beziehung zu Donovan der klügere Weg ist. Sie ist so etwas wie das unterkühlte Hirn der Gruppe, das lebende schlechte Gewissen und der warnende Zeigefinger, über den sich Donovan am Ende ein klein bisschen zu stark berechnend hinwegsetzt. Der Grünschnabel Padd könnte dabei den Leser vertreten, der quasi im Schnelldurchlauf in dieser seltsam vertrauten und doch futuristischen Zukunft sich noch orientieren muss. Während der berüchtigte Peko Geonoj sowie Donovans Gläubiger Martell eine Art gemischtes Schurkendoppel bilden, sind es die Passagiere, welche eher pragmatisch dem Plot angepasst worden sind. Insbesondere die Zwillinge Jason und Janelle mit ihrem sterbenden Vater im Tiefkühltank entpuppen sich als die größte und damit auch am meisten überzeugende Überraschung. Der Whiskeylieferant Peabody und der unscheinbare deVries dienen eher als notwendiges Füllmaterial, während der Veteran Langdon auf dem Weg, seinen Ruhestand auf der abgeschiedenen Welt zu genießen, ohne Frage ausbaufähig gewesen ist. Es bleibt zu hoffen, dass Langdon in weiteren Büchern der Serie eine zweite Chance erhält. Vielleicht wirkt die doppelte Ansammlung von Verbrechern so unterschiedlicher „Herkunft“ übertrieben und hemmt den Fluss der Handlung, zumal Donovan aktiv wie passiv die Räumlichkeiten in seinem Schiff entweder unterschätzt oder deren Isolation überschätzt. Perplies muss diesen Mittelteil der Reise mit „Leben“ erfüllen und vor allem seine Passagiere in Gefahr bringen, da ein kompletter Erfolg der Mission eher kontraproduktiv wäre, aber wie schon eingangs erwähnt springt nicht immer der Funke der Originalität über und nicht selten ärgert sich der Leser über den Versuch des Autoren, Plattitüden unterzuschieben.
So eignet sich der erste Band der „Frontiermen“ Serie – der Klappentext ist deutlich martialischer und vor allem fälschlich auf Military Science Fiction getrimmt – als seichtes Lesevergnügen, das wie eine nicht unbedingt originelle Fernsehserie oder ein Kinofilm seicht unterhält, manchmal zum Schmunzeln anregt und an einigen wenigen Stellen sogar echte Spannung präsentieren kann. Es steckt aber genug Potential in diesem immer wieder frischen Space Western Konzept, das Bernd Perplies hoffentlich mit dem zumindest angekündigten zweiten Band heben könnte.
Frontiersmen - Höllenflug nach Heaven's Gate, Wes Andrews
2015, Bastei Lübbe Verlag
415 Seiten
ISBN: 978-3-404-20797-8