Heliosphere 2265 Band 32- In der dunkelsten Stunde

Heliosphere 2264, Band 32 In der dunkelsten Stunde, Rezension
Andreas Suchanek

Auch wenn es bis weit in die zweite Hälfte des 32. "Heliosphere" Bandes nicht so erscheint, stellt „In der dunkelsten Stunde“ den Wendepunkt in der laufenden Miniserie da.  Andreas Suchanek hat den Plot auf drei Spannungsebenen konsequent, aber vielleicht auch gegen Ende ein wenig zu opportunistisch entwickelt.  Die Ereignisse überschlagen sich zwar positiv, aber aus sich heraus braucht es einen großen, in dieser Form weder vorhersehbaren noch in der Historie der Serie vorbereiteten Fehler Sjöbergs und seines Teams, um die Rebellen und vor allem Jaydon Cross wieder ins Spiel zu bringen.

Nach seinem Selbstmordversuch und der Wiederherstellung wird er nun in Sjöbergs Gefangenschaft gefoltert. Sjöberg versucht auf der einen Seite seinen aufgestauten Hass an dem Kommandanten abzureagieren. Auf der anderen Seite braucht er ihn später umprogrammiert als Sinnbild seines Sieges und damit als Warnung an seine Gegner. Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich Sjöberg bewegt.  Die Methoden schwanken zwischen subtil und brachial. Insbesondere die abendlichen Treffen – Cross wird absichtlich drei Tage hintereinander Nahrung entzogen, um ihn zu brechen – mit dem psychologischen Duell zwischen den beiden so unterschiedlichen Männern sind stilistisch ein Höhepunkt dieses Romans. Da virtuelle Realitäten und Täuschungen auch eine Rolle spielen, scheint ein tatsächlicher Befreiungsversuch durch Allianzmitglieder für Jaydon Cross wie eine weitere Falle zu sein. Wie angedeutet dreht sich auf den letzten Seiten dieser Handlungsbogen so schnell und fast aus dem Nichts heraus, dass es unrealistisch, aber in der dunkelsten Stunde möglich erscheint. Wie wenig Jaydon Cross dann doch unter der Folter und Isolation gelitten hat, zeigt sein in mehrfacher Hinsicht Husarenritt, der für ihn persönlich in einem Pyrrhussieg endet, auf der anderen Seite aber den Rebellen so viele Karten in die Hand spielt, das eine weitere interessante Verschwörungsebene gleich mit aufgelöst bzw. zumindest erkennbar ist.

Noriko muss an Bord der Hyperion denken, dass sie außer von Jaydon Cross immer wieder verschlagene Arschlöcher vor die Nase bekommt. Der neue Commodore Hawkins hat nicht unbedingt die Absicht, dem politischen Kurs der Rebellen zu folgen, sondern sucht wie die Präsidentin – sie erscheint wie ausgewechselt, was selbst naiven Menschen angesichts der vorhandenen Technik verdächtig erscheinen muss und zur zweiten Auflösung eines weiteren Verschwörungsbogens führt -  jede Chance, die Bemühungen um eine Allianz gegen die Alten zu unterminieren. Dabei fährt Noriko gegenüber ihrem Vorgesetzten einen sehr gefährlichen Kurs, da sie seine Befehle nicht unbedingt ignoriert, aber sehr weitreichend interpretiert. Es ist sowieso erstaunlich, dass von oben nicht gleich neben Jaydon Cross mit Noriko ein weiterer potentieller Gefahrenherd abschließend eliminiert worden ist. So soll die künstliche Intelligenz CARA isoliert werden und die beginnenden Gespräche mit den überlebenden Assassinen um eine vorsichtige Allianz intensiviert werden. Hawkins grätscht auf eine sehr auffällige Art dazwischen.  Mit passender Selbstironie beschreibt Andreas Suchanek in diesem unterhaltsamen Handlungsbogen Norikos Mischung zwischen  Verzweiflung angesichts Hawkins Unfähigkeit, dem Hoffen auf eine Rückkehr von Jaydon Cross und ihre sehr heißen, aber nicht implizierten Liebesnächten mit ihrer neuen alten Freundin. Auf diesem Handlungsbogen tauchen  am viele alte Bekannte auf, so dass „In dunkelster Stunde“ auch hinsichtlich seiner inneren Struktur und in Bezug auf die zukünftige Ausrichtung der Serie überzeugt.

Die Assassinen stellten bislang ein eher mystisches Völkchen allerdings mit einem überraschenden Anführer dar.  Kinder von Randwelten, denen in einem brutalen Drill das rücksichtslose Auftragsmorden eingebläut worden ist. Während Noriko mit dem eher störenden Hawkins an der Seite Gespräche mit dem OA der Assassinen führt, ist Lukas Akoskin nicht nur durch seine Anwesenheit ein wichtiger Faktor, um die Tür offen zu halten, sondern in den langen Rückblicken bis zu seinem Dienstantritt an der Bord der HYPERION wird er als Mensch vorgestellt.  Je mehr Andreas Suchanek den Vorhang zurückzieht und Einblicke in die Ausbildung der Assassinen gewährt, je mehr werden zu zugänglicher und damit auch ein wenig berechenbarer. Zwar hält der Autor positiv für die Rückblicke eine kleine Trumpfkarte im Ärmel bereit, aber die finale Doppelprüfung – sowohl Lukas als auch sein Bruder müssen einen Auftrag erledigen, wobei die beiden Missionen auf perfide Art und Weise miteinander verknüpft sind -  hätte vielleicht noch ein wenig sadistischer ausgestaltet werden können. Schon die Rückblicke in den ersten beiden 12er Staffeln haben dem Leser die wichtigen Protagonisten intensiv, aber den Handlungsbogen niemals unterbrechend näher gebracht. Es ist positiv, dass Andreas Suchanek es auch im vorliegenden Band nicht vergessen hat.

Zusammengefasst ist „In dunkelster Stunde“ ein Wendepunkt, wobei zwei Handlungsbögen nahtlos im folgenden Band „Lebenszeichen“ fortgeführt werden. Auf allen drei Spannungsbögen schreitet der Plot konsequent und vor allem im Vergleich zum letzten ein wenig zu intensiv und zu wenig temporeich gestalteten Roman deutlich zügiger voran. Der Schwachpunkt ist vielleicht, wie schnell Jaydon Cross zumindest kurzzeitig und dann vernichtend effektiv die Oberhand gewinnt, aber nach den ganzen durch erlittenen Qualen in dieser dritten Miniserie wünscht der Leser ihm einfach auch mal einen schnell Triumph, auch wenn der Ende weitere persönliche Herausforderungen einschließt.   

  

 

 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 4876 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 136 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (22. Oktober 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B017046UKM