To climb a flat Mountain

To climb a flat mountain, Nordley, Rezension
G. David Nordley

Nordleys Kurzroman – der Text ist 140 Seiten lang -  sprengt die Dimensionen einer klassischen Novelle, hätte aber wie einige andere Arbeiten des seit vielen Jahren vor allem Kurzgeschichten veröffentlichten Amerikaners durchaus ausgebaut und ohne Spannungsverlust die verschiedenen Themen umfangreicher extrapolierend zu einem vollwertigen Roman gemacht werden können. Nordleys Stärke ist, das er stilistisch überzeugend ausgesprochen viele Ideen auf einem kleinen Raum präsentiert und die abschließende Auflösung in erster Linie seinen Lesern und anschließend seinen Protagonisten überlässt. Nordley gehört zu den Generation wissenschaftlich orientierter Autoren wie Benford, Sheffield oder auch Larry Niven, die nicht selten über die mathematischen Absurditäten kommend ihre Texte an klassischen literarischen Vorlagen wie in diesem Fall „Robinson Crusoe“ orientierten, um aus dieser Mischung etwas Neues, etwas Originelles zu erschaffen. Auch „ To climb a flat Mountain“ weisst von Beginn an darauf hin, dass es mehr als eine “Lost in Space” Geschichte sein will. Der Widerspruch, einen flachen Berg zu ersteigern, erschließt sich den Protagonisten erst, als sie feststellen, dass sie nicht auf einem natürlichen Planeten abgestürzt sind. Bis dahin erzählt diese ursprünglich im Analog Magazin in Abschnitten veröffentlichte Geschichte von einer Expedition, die zur Rettung einer weit entfernten Kolonie von der Erde ausgeschickt worden ist. Durch einen technischen Defekt – dieser Aspekt gehört in den Bereich des Krimis, den Nordley ebenfalls in „Who done it?“ Manier in die laufende Handlung eingebaut hat – stürzt das Raumschiff über dieser fremden, mit einer atembaren Atmosphäre ausgestatteten Welt ab. Zu erst beschreibt der Autor den Überlebenskampf eines anscheinend einzelnen Überlebenden, der sich aus seiner Schlafkapsel unter Wasser retten kann. Er erkundet die fremde Welt, schreibt Meilensteine an verschiedene Höhlen, um sich selbst als Überlebender zu charakterisieren. Er jagt und er erkundet seine Umgebung. Später stößt er auf weitere Überlebende, die entweder gerettet werden müssen oder wie er selbst über diese Welt gewandert sind. Mit dem Aufbrechen der bis dahin unterhaltsamen, aber nicht sehr spannenden Robinsonade folgt die Idee, die Entwicklung einer im Grunde unfreiwilligen und aus sehr unterschiedlichen Glaubensaufassungen bestehenden Kolonie zu beschreiben. Es gibt ausreichend, nicht selten attraktive wie intelligente Frauen, so dass dieses Thema unter den Tisch gekehrt werden kann. Über der Gruppe schwebt die Idee, das erstens der Flug manipuliert und zweitens ein Mitglied der Crew vom Saboteur umgebracht worden ist. Und dieser Saboteur hat überlebt. Hinsichtlich der Motive kann nur spekuliert werden. Anscheinend wollte man, dass die weit entfernte Kolonie bestehend aus religiösen Extremen auf sich selbst gestellt überlebt und nicht durch die Hilfsaktion wieder unter das Joch der Erde gestellt wird. Nordley geht mit der Kriminalhandlung allerdings auch oberflächlich um. Anstatt diese Gruppendynamik noch weiter in der Extremsituation – es gibt ausreichend Tiere auf dieser Welt, die sich an den Geschmack von Menschenfleisch gewönnen – und die Hintergründe seiner Figuren besser zu erläutern, sprengt der Autor die Gruppe wieder auf, um mittels der weiteren Erkundung dieser wirklich mathematischen Welt die pure wissenschaftliche Ideen in den Vordergrund zu stellen. Der Leser folgt der einzigen echten Identifikationsfigur über den Planeten. Hier stellt sich heraus, dass diese Welt wie eingangs erwähnt ohne jetzt in die Details zu gehen und damit den Flair der Entdeckung vorweg zu  nehmen nicht nur künstlichen Ursprungs ist, sondern ganz bewusst so geplant worden ist. Auch hier greift Nordley auf eine im Grunde eher antiquierte Idee der Science Fiction zurück. Diesen Aspekt kann er aber nicht abschließend zufrieden stellend umsetzen, da er den Plot nicht nur zu Ende bringen möchte, sondern noch einen weiteren, die ursprüngliche Mission wieder aufgreifenden Handlungsfaden beginnt. Das wirkt ein wenig zu simpel und vor allem nicht unbedingt hektisch, sondern eher oberflächlich beschreibend abgeschlossen. Insbesondere die zweite Hälfte des kurzweilig zu lesenden Textes hätte eine vielschichtigere, eine mehr über die in schneller Abfolge präsentierten Erkenntnisse hinausgehende Behandlung verdient. Vieles wird ausgesprochen und steht ab diesem Augenblick als Fakt fest.

Auf der anderen Seite gehört der zugänglichere Robinson Crusoe Teil der Serie zu den atmosphärisch interessantesten Geschichten der letzten Jahre. Nordley ist allerdings kein Robert A. Heinlein, der neben seinem Gesetz des Stärkeren und seinen nicht immer zu akzeptierenden erzkonservativen sozialen Strukturen vor allem dreidimensionale Figuren erschaffen hätte. Nicht selten dienen die rudimentären Informationen über einige der Charaktere eher als Platzhalter bis zur nächsten Actionszene. Dabei hätten diese tragischen Verlierer sehr viel mehr Raum verdient als ihnen der Autor einräumen möchte.

Zusammengefasst ist die Novelle „To climb a flat Mountain“ – sie ist alleine als Ebook preisgünstig zu erhalten – zusammen mit „After the Vikings“ eine interessante Einstiegslektüre in Nordleys in erster Linie in Englisch zugänglichem Werk. Ohne Frage gehört zum Kreis der in Deutschland unbekannteren Kurzgeschichten und Novellenautoren, die eine Entdeckung in Form eines Sammelbandes ohne Frage wert sind. Es ist bodenständige Science Fiction mit einem Flair der achtziger und neunziger Jahre, die aber stilistisch adäquat, aber wissenschaftlich auf der Höhe der Gegenwart präsentiert wird.       

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 3021 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 145 Seiten
  • Gleichzeitige Verwendung von Geräten: Keine Einschränkung
  • Verlag: Brief Candle Press (31. März 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Englisch
  • ASIN: B00VIM9I3Y