Perry Rhodan Arkon 4 "Palast der Gedanken"

Perry Rhodan, Arkon 4, Palast der Gedanken, Titelbild, Rezension
Michael Marcus Thurner

Michael  Marcus Thurners erster Beitrag und der bislang vierte Roman der “Arkon” Miniserie ist einer der Höhepunkte dieses kurzweilig zu lesenden Zyklus. Das liegt weniger an den exzentrischen Charakteren oder der variablen stilistischen Erzählstruktur, sondern vor allem an der Art, wie sich Thurner von Marc A. Herren als Exposeautor gut eingeleitet mit de Thema Extrasinn in einer besonderen Art und Weise auseinandersetzen.

Hinzu kommt, dass die besondere Situation Atlans ausführlich dargestellt wird. Als Vertreter des Galaktikums gilt er in seiner Heimat als “persona Non Grata”, die sich wichtige Termine eher mit einer Mischung aus Drohungen und anscheinend in großem Maße vorhandenen Erpressergeldern erschleichen muss. Da hilft weder seine Vergangenheit noch sein Charme. Bei einem dieser Besuche fällt er in eine Art Bewusstlosigkeit und findet sich in eine gigantischen Palast mit verschiedenen Räumen und Schubladen wieder. Mit einer Mischung aus Surrealismus und Barock hat Thurner ein besonderes Vergnügen, diese fünf Tage zu beschreiben. Es finden sich Verweise auf Atlans Zeitsabenteuer mit der Bibliothek aus Alexandria, aber auch der Literatur als “Gustav Adolfs Passage” Mit diesen konträren Ideen leitet der Autor auch den Übergang zu einer Begegnung der besonderen Art ein. Eine wunderschöne Frau namens Aaltheia begegnet dem Arkoniden. Anfänglich von ihr auf eine unerklärliche Art und Weise angezogen stellt sich schnell in einer der besten Wendungen dieses Plots heraus, dass es sich um seinen personifizierten Extrasinn handelt. Nicht nur für den Arkoniden eine große Überraschung, denn Aaltheia beherrscht nicht nur diese wahrscheinlich fiktiven “Welten” im Palast, sondern sie beginnt den bislang eher selbstbewussten Arkoniden zu dominieren und in seine Schranken zu verweisen. Dieser Rollentausch scheit ein wenig zu übertrieben, aber dank der Femme Fatale Persönlichkeit und ihrer rücksichtslose Vorgehensweise glaubt der Leser tatsächlich daran, dass systematisch und perfide Atlan in seinen Handlungen nicht nur eingeschränkt, sondern wie auch Bostich zu einen passiven Beobachter in ihren eigenen Körper werden. Thurner macht sich einen Spaß daraus, Atlan immer wieder kleine Pyrrhussiege zuzustehen, bevor er am Ende zu einem Verrückten im Sand Spielenden  degradiert wird. Alleine die Befreiung von Perry Rhodan, Gucky und ihrer Begleitung gelingt ihm. In diesem Punkt wird die Handlung allerdings auch konstruiert erzählt, da der personifizierte Extrasinn aus seinen Erinnerungen/ Erfahrungen wissen muss, wie gefährlich Perry Rhodan und vor alle Gucky ist. Er hätte früher und effektiver eingreifen können und auch müssen.  Auch scheint die geistige Verbindung zwischen dem arroganten wie verstörend erotischen Extrasinn und Atlan ein wenig gestört. Positiv ist, dass sich zwei sehr unterschiedliche, konträre Persönlichkeiten entwickelt haben, negativ ist die Wechselwirkung noch ein wenig zu unausgereift und Thurner wirkt erstaunlich für sein umfangreiches und interessantes Werk fast ein wenig gehemmt, den notwendigen letzten Schritt weiter zu gehen.   Zu den besten Ideen gehört ist, den “alten” zynisch kommentierenden Extrasinn durch ein Sinnbild von Atlans vor allem feuchten Träumen zu ersetzen und als Persönlichkeit überzeugt Aaltheia auf der ganzen Linie.

Für den Leser verstörend ist die geistige Auseinandersetzung zwischen Aaltheia und Atlan, in deren Folge wie bei einem Alzheier Patienten oder eine langsam wahnsinnig werdenden eMnschen Atlans Erinnerungen nicht mehr unterdrückt, sondern scheinbar auch gezielt zerstört werden. Thurner inszeniert dieses Kammerspiel zwischen Atlan und seine Extrasinn sehr zielstrebig ohne Floskeln oder Kitsch. Einer der besten Auftritte des in seinem epfindlichsten Punkt getroffenen Arkoniden. Auch wenn man keine Sekunde glaubt, dass diese Trennung von Dauer ist. Zumindest könnte der Serie eine Art neuer Extrasinn gut tun und die Erinnerung an die Folgen des Impulses für zumindest einige handlungstechnische Zeit festschreiben. Vor allem bauen Herren und Thurner über diesen persönlichen Konflikt heraus ausgesprochen viel Spannung auf, da der Leser sich jetzt vorstellen kann, wie “einfach” und vor allem überraschend die Übernahme Bostichs wahrscheinlich erfolgt ist und das hinter dieser Bedrohung sehr viel mehr steht als die “normalen” Schurke der letzten Miniserien zusammen an Bedrohungen produziert haben.

 In der Verbindung mit der Außenwelt benötigt Thurner allerdings einige Konstruktionen, um hier das Konfliktpotential hoch zu halten. Es erscheit unwahrscheinlich, dass nur aufgrund einer genauen Interpretation der militärische Regeln an Bord eines arkonidische Rauschiffes eine Meuterei beginnen könnte. Die Verstöße wirken zu wenig überzeugend . Vielleicht hätte sich Thurner und Herren noch mehr an der indirekten Vorlage - “Die Caine war ihr Schicksal” - orientieren sollen und müssen, um auch in diese äußerliche, von Atlan nicht mehr kontrollierten Bereich das Szenario ein wenig glaubwürdiger und vor alle auch packender zu entwickeln.   

 Es gibt aber noch einen zweiten großen Handlungsbogen. In Rückblenden erfährt der Leser über den eher bauernschlaue und auf seine gezüchtete, als Prostituierte missbrauchte Töchter zurückgreifende auf Ariga herrschende Thornton da Ariga, der natürlich nach Bostichs Thron mit einer kleinen Flotte von 32 Kriegsschiffe greifen möchte. Extrem unsympathisch und doch faszinierend haben die Autoren hier einen sehr guten Kontrast zur ersten Handlungsebene  eingebaut. Einer der drei Zuchttöchter beginnt nicht nur Fragen zu stellen, sondern sich zu belesen und die Hintergründe zu eruieren. Damit höhlt sie von innen heraus die Position ihres “Vaters” nicht nur aus, sondern beginnt sein im Grunde verzweifeltes und ebenfalls vom Impuls gesteuertes Vorhaben eines perfekten Outsches zu unterminieren. Dieser psychologische Konflikt erreicht nicht das Potential der Haupthandlung. A Ende verbindet Thurner die beiden Spannungsbögen, muss aber einige Kompromisse eingehen. So endet der Handlungsbogen zu abrupt und wird im Grunde leider auch ein wenig zu klischeehaft - wieder der Leibwächter - abgebrochen, während der Aufstieg der einen Zuchttochter im Gegenzug zu einfach geht. Ihr Vater ist ja der legitime Herrscher des Planeten gewesen und ohne Frage auch ein Despot sowie größenwahnsinniger Tyrann, aber ihre Ernennung als Nachfolgerin scheit in erster Linie zu funktionieren, da es keine anderen zumindest im Roman vorkommenden Charaktere gibt und niemand trotz des exzentrische Gehabes das Geheimnis der drei Töchter kennt. Das wirkt ein unglaubwürdig und nimmt dem ansonsten sehr gut geschriebenen Nebenhandlungsbogen die durchaus zwischen den Zeilen vorhandene Originalität . Während “Neo” die Extrasinne der Arkoniden in eine eher andere Richtung entwickelt hat und sich um ihre Herkunft kümmerte, zeigt Herren auf eine bislang ausgesprochen originelle, aber auch positiv auf sehr viel Respekt basierende Art und Weise eine gänzlich “neue” sehr gefährliche Entwicklung im großen Stil und nicht mehr als einzelne Erscheinung . Michael Marcus Thurner hat dazu einen lesenswerte und stellenweise hervorragend verschachtelten, immer wieder nicht nur Atlan, sondern vor alle auch die Leser herausfordernden Beitrag geleistet, der nach zwei durchaus die Handlung eher dehnenden und nicht voranbringenden Bänden wieder Hoffnung macht und das in der Grundidee positiv vorhandene Potential zu heben beginnt.   

Pabel Verlag, Heftroman , 64 Seiten

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