Homo Sapiens 404 - Band 1: Und dann töten sie

Claudia Kern

Mit "Und dann töten sie" liegt der erste Roman der wöchentlich im E- Book Format erscheinenden Science Fiction/ Horror Reihe "Homo Sapiens 404" vor. Die Planung sieht vor, Minizyklen mit jeweils sechs Romanen zu präsentieren und einen Spannungsbogen zu entwickeln, der insgesamt nach heutigem Stand dreißig Romane umfassen wird.    

Die Menschheit hat zwar die Sterne erreicht, aber die Heimat verloren. Ein Virus hat die Menschen zu Zombies werden lassen, welche die Erdbevölkerung dezimiert haben. Zu den letzten Überlebenden, die vor Sperrung des Sonnensystems ins All fliehen konnten, gehört Jourdain, der inzwischen an Bord der "Mishima" - ein Bergungsschiff mit einer fünfköpfigen Besatzung - Dienst tut. Die Mannschaft besteht aus den Brüdern Lanzo und Arnest, sowie Kipling und der einzigen Frau an Bord Rini. Obwohl Piraterie wahrscheinlich ertragreicher ist, versuchen sie, die Landung von im All treibenden Schiffen zu bergen. Dabei stoßen sie auf ein großes, schon einige Jahrzehnte altes Frachtschiff, in dessen Umgebung zahlreiche zerstörte Piratenwracks treiben. Man entschließt sich, das gigantische Schiff zu untersuchen, zumal die Kampfspuren     neueren Datums sind.    

Claudia Kern legt im Auftaktband dieser Serie ein hohes Tempo vor. Auf  den ersten Blick könnte man "Homo Sapiens" als Mischung oder besser Variation von Romeros "Zombie"-Filmen und natürlich "Alien" bezeichnen. Dieser Ähnlichkeit ist sich die Autorin bewusst. Sie spielt teilweise mit den entsprechenden Klischees, wenn sie ihre Figuren von "Horrorfilmfehlern" sprechen lässt. Die Vertrautheit wird dem Leser souverän vermittelt. Manches wie der erst vor kurzem verlassene Esstisch inklusiv der noch nicht verschimmelten Reste wirken selbst als Spannungssteigerung ausgereizt.

Auf der anderen Seite kommt hinzu, dass sie mit den teilweise sehr bekannten Versatzstücken die Leser auch gut von der weiteren Handlungsentwicklung ablenken kann. Als anscheinend "lebenslanger" Zombie- und Science-Fiction-Fan bewegt sie sich in diesem Bereich souverän. Sie legt bislang keine falsche Spuren und konzentriert sich bei der Erkundung des Schiffes auf die beiden relevanten Schwerpunkte:  Action und endlos erscheinende Gänge.   

Die kleine Gruppe dringt auf der Suche nach der Zentrale bzw. der Lagerräume immer tiefer in das Schiff ein und folgerichtig greifen sie die Zombies an. In diese bekannten Szenen mischt Claudia Kern dann aber Humorvolles. Während einer der Fünf am Computer die Pläne des Raumschiffs aus dem Internet-Wikipedia gibt es auch in der  Zukunft und ist überlebenswichtiger denn je – herunterlädt, kümmert sich sein Kamerad um die Zombies, die eine Affinität zu Kühlschränken haben.

Claudia Kern versucht nach einem soliden Auftakt im Mittelteil das Interesse aufrechtzuerhalten, in dem sie dem Leser die einzelnen Figuren ausführlicher vorstellt, die letzten Tage der Erde inklusiv der Abschiedshymne näherbringt und impliziert, dass die Fünf und eine Vielzahl von Zombies nicht alleine an Bord sind. Letzteres keine große Überraschung. Da an keiner Stelle mehr als zwei Handlungsebenen - die Besatzungsmitglieder der "Mishima" sind natürlich getrennt worden - parallel laufen, gelingt es ihr, die Aufmerksamkeit der Leser trotz manches Klischees - das Verhältnis Munition zu Zombies verändert sich atürlich rasant schnell zu Ungunsten der Bergungsspezialisten - auf die kommenden Ereignisse zu lenken.   

Auf den letzten Seiten führt die Autorin nicht nur die interessanteste Figur - den einzigen Überlebenden an Bord des Raumschiffes - ein, sondern gibt einen Ausblick auf die zukünftige Zweckgemeinschaft, die sich während des unterhaltsam geschriebenen Showdowns gebildet hat. Sie schreckt nicht davor zurück, sympathische Figuren zu "töten", wobei der Tod sein Absolutum verloren hat. Als Zombies kehren sie wieder, auch wenn man manchen lebenden Toten im All nicht unbedringt treiben sieht. Aber alle Besatzungsmitglieder der "Mishima" werden kurz pointiert charakterisiert. So kann der Leser sie leicht voneinander unterscheiden, auch wenn ihre fachlichen Qualitäten vom Computernerd bis zum Arzt eher funktionell eingesetzt werden.   

Claudia Kerns Auftaktroman ist solide Unterhaltung, dessen überraschender Hintergrund inklusiv weiterreichender Informationen noch ausgebildet werden muss und unter anderem mit der Einführung einer außerirdischen Rasse – außerirdische Zombies wären ohne Frage ein Novum in diesem Subgenre – wird. Zusätzlich interessant ist die ständige Nutzung des Internets oder der Betrieb des Raumschiffs über W-Lan-Schaltungen. Im Vergleich zu einer Reihe anderer Science-Fiction-Romane versucht Claudia Kern die gegenwärtige Heilbringertechnik vorsichtig zu extrapolieren und in eine nicht zu futuristisch exzentrische „Zukunft“ funktionell zu integrieren.       

Die Frage, ob die überlebende Besatzung der "Mishima" an Bord des Frachters vorläufig vor den Zombies in Sicherheit ist oder ob es andere, sehr viel subtilere Gefahren gibt, dürfte das Interesse der Leser für die nächsten Romane hochhalten, zumal auf den letzten Seiten deutlich mehr Fragen aufgeworfen als absichtlich Antworten geliefert worden sind. Ein kurzweilig zu lesender Auftakt einer Science Fiction Horror Serie, die sich jederzeit positiv und sympathisch der Vorbilder bewusst ist und sie nicht zu übertreffen sucht. Ohne Frage wird Claudia Kern mit den nächsten Romanen ihr Universum eigenständiger weiterentwickeln und das Bild umfangreicher gestalten. "Und dann töten sie" konzentriert sich auf Action und einige vielleicht manchmal ein wenig zu melodramatisch - der letzte Song eines Radios auf der Erde wird ausführlich zitiert und diese Anspielung erinnert ein wenig an den Pathos des neuen "Kampfstern Galactica"-Vorspanns - präsentierte Hintergrundinformationen.

Erscheinungsdatum: 01. Juli 2013
88 Seiten, Rohde-Verlag