Frontierman 2: Blutfehde auf Alvarado

Wes Andrews

In seinem Nachwort weißt der unter Pseudonym schreibende Bernd Perplies auf die verschiedenen Vorlagen hin, die für den zweiten Band der „Frontiermen“ Saga zur Verfügung gestanden haben. Vor allem Dashiell Hammetts erster Roman „Rote Ernte“ diente auch als Vorlage für Akira Kurosawas „Yojimbo“ , darauf aufbauend natürlich Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“ oder Streifen wie „Last Man Standing“.  Diese Handlungsmuster verleiht wie die Vorlage „Stagecoach“ im Auftaktroman eine gewisse inhaltliche Sicherheit. Zusammen mit einer Reihe exzentrischer Charaktere und vor allem einer aus „Romeo & Julia“ stammenden Liebesgeschichte kann nichts schiefgehen und Bernd Perplies hält das Tempo trotz der Vorhersehbarkeit einer ganzen Reihe von Szenen sehr hoch.  Der cineastische Gehalt seiner beiden „Frontiermen“ Bücher ist sehr hoch und nicht selten kann man sich diese beiden Romane auch eher in Form einer Fernsehserie in der Tradition von „Firefly“ vorstellen als die ausgearbeiteten umfangreichen Bücher, die publiziert worden sind.

Die „Mary- Jane- Wellington“ soll zweihundert lebende Rinder von bester Qualität zu einem Randplaneten gebracht werden, auf dem anscheinend zumindest die Viehzucht in exzellenter Quantität weiter betrieben wird. Die Tiere sind bezahlt, nur die Transportkosten stehen noch aus. Nur werden die Tiere nicht abgeholt. Als John Donovan zu ihrem Auftraggeber reist, findet er die Farm niedergebrannt vor. Alle Bewohner sind erschossen worden. Nur ein silberner Knopf blieb als Beweis zurück.

Donovan versucht mit einem schlechten Gewissen – immerhin ist die Ware bezahlt worden – die Rinder zu verkaufen, um den Planeten verlassen zu können. Anscheinend dominieren zwei Clans den Planeten, die sich nicht nur populäre Nachtclubs Seite an Seite teilen, sondern interessanterweise auch zwei Behörden unter Kontrolle haben. Der Versuch, die eine eher raumfahrttechnisch orientierte Seite für die Rinder zu begeistern führt zu einem neuen Auftrag. Er soll die Geliebte des Sohnes aus den Klauen des anderen Clans freiwillig befreien. Wie bei Romeo und Julia gibt es eine Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die natürlich von ihren Familien nicht geteilt wird.  Wie in Hammetts Roman oder vor allem Leones zynischer Adaption zieht ein Auftrag immer eine Art Gegengeschäft mit sich. Auch wenn sich Donovan für jeden Auftrag bezahlen lässt, scheint er niemals in die schwarze Zahlen zu kommen, da seine Ausgaben für eine Bewaffnung seines alten geliebten Frachters deutlich höher sind als die Erträge. Die örtliche Raumpolizei hält sich aus der drohenden Auseinandersetzung heraus. Es ist aber nur folgerichtig, wenn auch klischeehaft, dass zwei Besatzungsmitglieder – für jeden Clan quasi eins -  entführt werden, um auf Donovan Druck auszuüben.

Wie eingangs erwähnt verläuft die Handlung ausgesprochen rasant. Aber im Gegensatz zu den Vorlagen agiert der Autor ein wenig zu naiv. Donovan musste im ersten Buch ausschließlich auf Ereignisse reagieren, die er nicht verantworten kann oder muss. Hier endet sein Auftrag im Grunde mit der Ablieferung der Rinder, für die er nicht bezahlt worden ist. Er könnte die Tiere zumindest heimlich verkaufen. Dazu sucht er sich unerklärlicherweise die falschen Partner aus. Der Autor macht deutlich, dass der Einfluss der einen Familie weit, aber nicht den ganzen Planeten umfassend, reicht. Im Nachwort wird auch erwähnt, dass es auf der anderen Seite des Planeten ein Paradies gibt, in dem selbst die den Indianern nachempfundenen Pekos in Frieden leben können. Donovan macht sich kaum schlau, ob es außerhalb der Familien Interessenten an den Tieren gibt. Stattdessen übernimmt er vielleicht auch als Westentaschengentlemen die Befreiung einer holden Jungfer. Dabei stellt er sich erstaunlich dumm an. Er plant die Mission nachdem er eine Feier besucht und ebenfalls versucht hat, die Rinder zu verkaufen. Bis auf einen falschen Namen stimmen alle Fakten. Anstatt nach erfolgreicher Befreiung umgehend den Planeten zu verlassen, wird sein Schiff festgesetzt und er erhält einen nicht ablehnbaren Gegenauftrag, die Tochter zurück zu holen. Das liest sich oberflächlich ausgesprochen flüssig und auf den ersten Blick nachvollziehbar. Da Perplies aber ein Buch schreibt und keine Fernsehshow, passen die Teile nicht richtig zusammen. Es schließen sich eine Reihe von eher zweckmäßigen Situationen an, in denen Donovan wieder reagieren muss und nicht mehr agieren kann. Mit dieser Verschärfung der Situation wandelt sich auch der Charakter des Captains. Er ist zwar weiterhin die dominante, auch gegen jede Logik bestimmende Figur der Geschichte, aber er muss auch delegieren und am Ende wird er gerettet als das er den entscheidenden Anteil am Retten hat. Es gibt einige eher nebulöse Ansichten hinsichtlich seiner Vergangenheit und seines Verhaltens den Pekos gegenüber. Nett eingearbeitet, aber stellenweise auch zu einfach gestaltet, ist das Verhältnis zu der Peko Sekoya, die er zu Beginn rettet und deren Schuld er auf seine Schultern lädt. Er bürstet sie mehr als einmal barsch ab und will auch ihren Dank nicht annehmen. Als sich später herausstellt, dass er sie bei einem Plan benötigt und dann ihre Position im Rahmen der Peko Familien herausfindet, ändert sich natürlich sein Verhalten bis zum finalen nicht emotionalen Happy End. Diese Unnahbarkeit bis an die Grenze der Naivität gegenüber sowohl Sekoya als auch der natürlich entführten Kelly gegenüber mit den Kameradenanspielungen lässt Donovans Charakter vor allem nach dem in dieser Hinsicht nicht romantisch vielversprechenden, aber zumindest alles normalisierenden Ende des ersten Buches einen Schritt zurück gehen.

Bernd Perplies versucht im Vergleich zum im ersten Band dominierenden Schurken Martell verschiedene potentielle Feinde zu etablieren. Die Anführer der beiden seit Jahren verfeindeten Clans wirken eindimensional und wenig überzeugend. Vor allem lassen sie sich zu schnell von Donovan ausbluffen und scheinen sehr wenig Menschenkenntnis zu haben. Die verschiedenen Verstecke hätten Einheimische mindestens ebenso schnell finden können oder müssen. Mit der großen Schwester Two Guns Sophia wird eine Überschurkin etabliert, die ihre Feinde entweder gleich tötet oder erst in ihrem Liebesnest erotisch quält, bevor die Kugel kommt. Natürlich schlägt Perplies einen Bogen zum Beginn des Romans auch als eine Art moralische rückwärts gerichtete Rechtfertigung für die vielen Toten und die Verwüstung, die er immer seine Leute als Rechtfertigung voranschickend auf dem Planeten angerichtet hat. Das finale Duell erinnert ein wenig an Sam Raimis überzogenen Western „The Quick and the Dead“ in Kombination natürlich mit „The Bodyguard“, es ist aber solide geschrieben und verspricht leidliche Spannung. Oder glaubt wirklich ein Leser, dass Donovan am Ende des zweiten Romans stirbt?

Der Autor hat sich bemüht, ein kurzweiliges Garn zu schmieden, das sich oberflächlich auch gut liest. Die vielen Versatzstücke werden den Lesern und Kinogängern vertraut vorkommen. Ein wenig mehr Originalität und vor allem Einfallsreichtum des Autoren hätte dem ganzen Roman gut getan. Er bewegt sich zu sehr auf vorhersehbaren Bahnen. Wenn Donovan dann schließlich mit der inzwischen bewaffneten „Mary- Jane- Wellington“ zurückschlägt, dann ist es wie in den Italo Western Klamaukstreifen folgerichtig, es fließt auch Blut, aber es wirkt zu wenig zwingend. Zumindest lernt Donovan aus seinen Fehlern und ändert beim zweiten Mal seine Taktik. Solange der Leser nicht sonderlich über die Handlung nachdenkt, wird er zumindest solide und kurzweilig, mit einer ordentlichen Mischung aus nicht kindischem Humor und Verzweifelung hinsichtlich „Murphys Gesetz“ unterhalten.    

 

  • Taschenbuch: 384 Seiten
  • Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch) (11. März 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3404208099
  • ISBN-13: 978-3404208098