Bei kaum einem der bisher veröffentlichten Perry Rhodan Zaubermond Sammelbände lagen die Zeiträume zwischen den beiden hier nachgedruckten Romanen weiter auseinander als bei Arndt Ellmers „Die Verschwunden von Arkona“ und dem zweiten Buch „Kometenjäger“. Während „Kometenjäger“ in den frühen dreißiger Nummern der Serie spielt und die ersten Schritte der Menschen vor allem innerhalb ihres eigenen Systems, das weitere Auftauchen von Mutanten und eine Begegnung mit den Springern als Hintergrund nutzt, spielt „Die Verschwundenen von Arkona“ unmittelbar nach dem Meilenstein „Der Terraner“ (Perry Rhodan 1000) aus der Feder William Voltz. Direkt und indirekt spielt Perry Rhodan in dem "Arkona" Abenteuer eher schwerlich aus seiner Sinn- und Schaffenskrise wegen der Gründung des kosmischen Hanse erwachend eine relevante Rolle, während „Kometenjäger“ auch ohne das Cameo des Großadministrators funktionieren könnte.
„Die Verschwundenen von Arkona“ ist das zweite von insgesamt einundzwanzig Planetenabenteuern, die Arndt Ellmer verfasst hat. Arndt Ellmer steht sich in mehrfacher Hinsicht ein wenig selbst im Wege. Die zugrundeliegende Idee der Entführung des Großadministrators ist auch in der Perry Rhodan Serie ein zu dem damaligen Zeitpunkt der "Planetenroman" Veröffentlichung nicht neuer Hut. Er muss gerettet werden oder kann sich nicht selten selbst befreien. Rainer Nagel hat diese seltenen Variationen des Themas in seinen Nachwörtern nicht angesprochen. Zumindest präsentiert Arndt Ellmer aber einen entführungstechnisch anderen Verlauf. So wird Lösegeld für den Großadministrator – immerhin geht es um 20 Milliarden! – bezahlt, da die Gründung des kosmischen Hanse und deren zu etablierende Administration keine Verzögerung duldet, der Chef wird aber nicht freigelassen. Die Befreiung findet dann durch einen Zufall statt, wobei der Täter durchaus riskiert hat, sein Opfer in einem luftdicht abgeschlossenen Versteck ersticken zu lassen. Arndt Ellmer plant diese Tat mit einigen Details konsequent bis zum Ende durch, ohne wirklich Spannung erzeugen zu können. Dieser Fokus auf Perry Rhodan ist in mehrfacher Hinsicht schade. Kurze Zeit vorher verschwinden insgesamt 8000 Menschen über Nacht und ohne Spuren zu hinterlassen auf dem Planeten Arkona. Erst rückblickend stellt sich ein Zusammenhang zwischen den beiden Verbrechen heraus. Dem Plot hätte es vor allem auch angesichts des charismatischen wie verrückten, aber industriell bodenständigen Antagonisten gut getan, wenn Arndt Ellmer sich ausschließlich auf die Kolonie konzentriert hätte.
Das ambitionierte, auch ein wenig bizarre Ende mit Gucky in „Tierverkleidung“ den Täter aufspürend wirkt überstürzt entwickelt und zu viele Zufälligkeiten kommen zusammen. Arndt Ellmer muss ja mehrere Erklärungen hinsichtlich der beiden Taten miteinander verbinden. Auch hier wäre weniger mehr gewesen, zumal die Volksverschiebeidee über viel mehr Potential verfügt als das es der Autor heben möchte oder heben kann. Positiv dagegen ist, dass Arndt Ellmer viele der Unsterblichen detailliert und überzeugend beschreibt. Von den aufgrund anderer Aufgaben oder der Verschmelzung mit ES fehlender Mutanten, Guckys unerklärter Abwesenheit, dem genervten Julian Tifflor mit neuen Aufgaben oder dem stoisch am Schreibtisch aushaltenden Reginald Bull. Die Mühe lohnt sich. Insbesondere der Mittelteil ist ausgesprochen lebendig und packend geschrieben.
Weniger als Entführungsopfer denn als philosophierender Großadministrator. Die Dialoge mit Carfesh, dem Boten der Superintelligenz ES, gehören zu den besten Passagen des ganzen Romans. Der Tradition und den Spuren William Voltzs in „Der Terraner“ folgend versucht Ellmer das Szenario größer als notwendig zu machen. Keiner der Gedanken ist wirklich neu und angesichts der Dimension, welche die Perry Rhodan Serie inzwischen erreicht hat, kann ein heutiger Leser vielleicht auch ein wenig über Rhodans mangelnde Entschlossenheit schmunzeln, aber Arndt Ellmer schafft es, diese für die ganze Serie relevante Phase der Übergangs wie William Voltz in einfache, ein wenig pathetisch tragende Worte zu kleiden. Es ist ja auch kein Zufall, dass die auf der Erde zurück gebliebene Führungsebene gleich eher an einen Anschlag Seth- Apophis denkt als einen menschlichen Superverbrecher.
Am Ende dieser Entführung entsteigt ein gestärkter Perry Rhodan seinem zeitweiligen Kerker/ Grab, um die kosmischen Aufgaben anzugehen.
Die Handlung von "Kometenjäger" setzt zwanzig Jahre nach Perry Rhodans Mondlandung ein. Ray Mendoza arbeitet für die Interplanet Company, die Kometen und andere Himmelskörper nach verwertbaren Mineralvorkommen untersucht. Später zeigt sich, dass nicht selten diese Kometenjäger wie die Goldsucher auch Opportunisten sind, die auch an die eigene Tasche denken. Ray Mendoza fühlt sich krank. Er fürchtet, an der vor allem auf der Venus krasierenden „Sternenfieber“ Seuche erkrankt zu sein. Er will sich auf dem Schwarzmarkt in einer im Orbit um die Venus befindlichen Station neue Medikamente besorgen. Kurze Zeit später wird Mendoza im All treibend in seinem Raumanzug gefunden. Anscheinend befand er sich an Bord einer Raumstation, die aus unbekannten Gründen explodiert ist. Seine Erinnerungen sind schemenhaft. Schon einmal befand sich Mendoza in der Nähe eines Explosionsortes. In der Folge wird im äußeren Bereich des Solsystems ein sehr großer Komet mit ungewöhnlich positiven Welten entdeckt. Die Freunde Pentagor und Mendoza hoffen, durch den Fund ihres Lebens reich zu werden. Wie es sich für diese Frontier Romane gehört, gibt es natürlich auch einen Schurken, der zumindest einen Teil der Beute für sich verlangt. Mit dem Auftauchen eines Springerschiffes überschlagen sich die Ereignisse.
Arndt Ellmer nimmt sich sehr viel Zeit, das frühe noch ein wenig anarchistisch anmutende Sonnensystem mit seinen Glücksrittern und dem exotischen Planeten Venus zu beschreiben. Rainer Nagel weist in seinem ausführlichen Nachwort auf die verschiedenen „Versionen“ der Venusoberfläche in der Perry Rhodan Serie hin. Interessant ist dabei vor allem die zweite Hälfte des Romans, in der Arndt Ellmer ohne zu viel zu verraten auf die Außenseiter eingeht und in einer dramaturgisch sehr gut beschriebenen Sequenz deren Verzweiflung zum Ausdruck bringt. Mendoza ist ausgesprochen sympathisch beschrieben worden. Er weiß nicht, an welcher Krankheit er wirklich leidet. Die Offenbarung ist von Arndt Ellmer so gestaltet worden, dass es auch den Leser überrascht. Er will im Grunde seinen Job nicht mehr machen. Wie alle hofft er auf den Pott Gold am Ende eines interstellaren Regenbogens, der ihn zu dem entsprechenden Kometen führt. Als er dieses Ziel vor Augen hat, schlägt das Schicksal in mehrfacher Hinsicht brutal zu. Ohne Pathos, ohne Kitsch beendet der Autor den Roman auf einer offenen Note, um dann im Epilog die einzelnen Versatzstücke zusammenzufügen und den Rahmen geschickt zu schließen. Da auf die meisten bekannten Figuren der Serie in wichtigen Rollen verzichtet wird, ist in Hinblick auf das Schicksal der in "Kometenjäger" agierenden Protagonisten im Grunde alles möglich und der Autor spielt diese Karten emotionaler und interessanter aus als zum Beispiel in den kosmopolitisch wichtigeren „Die Verschwunden von Arkona“.
„Kometenjäger“ wird aus der zu selten genutzten Perspektive der Arbeiter, der Blue Collar Generation beschrieben. Arndt Ellmer entwickelt den Plot nicht negativ gesprochen langsam. Er versucht die Leser an diese frühe Zeit wieder heranzuführen, wobei die einzelnen Punkte sehr fokussiert abgehandelt werden. Hinsichtlich der Gesamtbalance zwischen Umfang und Plots des Buches kommt der Autor deutlich besser klar als in seine einige Zeit früher entstandenen zweiten Planetenroman. Ohne große Sprünge wird das Tempo kontinuierlich bis zum spannenden Finish sehr zufriedenstellend angezogen. Arndt Ellmer arbeitet auch nur mit wenigen Handlungsbögen, so dass „Kometenjäger“ deutlich kompakter und damit auch zufriedenstellender erscheint als „Die Verschwunden von Arkona“, der seinen ambitionierten und nicht schlechten Überbau nicht gänzlich mit einem guten handlungstechnischen Fundament stabilisieren kann. Vor allem das Ende ist bei „Kometenjäger“ in mehrfacher Hinsicht überzeugender und emotional auch ansprechender geschrieben worden.
Zwischen den beiden Veröffentlichungen liegen fast zehn Jahre. Das ist den Romanen stilistisch im Kern nicht anzumerken. Nur hinsichtlich der Struktur ist die später veröffentlichte Arbeit reifer angelegt und wirkt weniger hektisch abgeschlossen. Ohne Ecken und Kanten wirkt der 1991 entstandene „Kometenjäger“ durch die weitere Schließung historischer Lücken aus der Frühphase der Serie eindrucksvoller, während sich Arndt Ellmer in dem ersten der beiden Planetenromane deutlich experimenteller und hinsichtlich der wichtigen Hauptfiguren der Serie auch mutiger gibt.
Taschenbuch, 310 Seiten