Perry Rhodan Planetenroman 77/78 "Scitt, der Zwerg" und "Die Toleranz-Revolution"

Perry Rhodan Planetenroman 77/78, Titelbild, Rezension
Robert Feldhoff

Im ersten der beiden thematisch aufeinander bauenden Nachwörter spricht Rainer Nagel nicht nur über die chronologische Zuordnung der beiden hier zusammengefassten Romane innerhalb des „Cappins“ Zyklus, sondern auch über die Tatsache, dass fast alle Planetenromane Robert Feldhoffs inzwischen nachgedruckt worden sind. Auch das stellt eine Verbeugung vor der literarischen Qualität des zu früh verstorbenen jahrelangen Expokraten dar. 

Nach dem umstrittenen „Monitor“ Bericht versuchte K.H. Scheer die angeblich faschistische wie militaristische Serienstruktur zu verändern, in dem er erstens das Solare Imperium gegen einen klassischen Diktator und Tyrannen in Form des ebenfalls über einen Zellaktivator verfügenden Herrschers des Imperiums Dabrifa antreten ließ. Dabrifa ist das führende Mitglied der antiterranischen Koalition dieser Zeit gewesen.   Kritisch gesprochen sind damit in der Erstauflage inklusiv der von Rainer Nagel abschließenden Raumschlacht die Fronten geklärt, zumal in Zeiten des Kalten Kriegs stellvertretend für das Solare Imperium vor allem die USO mit ihren Agenten niemals offiziell, aber immer effektiv für klare Fronten sorgt.

Robert Feldhoff hat in den thematisch eng zusammenhängenden Romanen „Scitt, der Zwerg“ und „Die Toleranz- Revolution“  eher vordergründig die Fronten gewechselt und beschreibt die Aktionen des Geheimdienstes von Dabrifa.  Interessant ist vor allem der Übergang zwischen „Scitt, der Zwerg“ (Planetenroman 316) und „Die Toleranz- Revolution“ (Planetenroman 376 und damit gute sechs Jahre später erst publiziert). Im Zeitraffer greift Robert Feldhoff auf in der Heftromanserie beschriebene Ereignisse zurück und prophezeit, dass der plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwundene Scitt auch bei der blutigen, aber effektiven Revolution gegen den Tyrannen im Hintergrund seine Hände im Spiel hat. Wie der genaue Ablauf dieser ungewöhnlich benannten Revolution sich darstellt, beschreibt Feldhoff im zweiten hier zusammengefassten Roman.

Vielleicht macht es sich Rainer Nagel zu leicht, bei dem hoch talentierten Scitt von einem Gegenentwurf zum bekannten USO Agenten Sinclair Marout Kennon zu sprechen.  Die Figur ist zu wenig kantig, vielleicht auch angesichts der körperlichen Veränderungen zu ambivalent angelegt und vor allem die fast arrogante intollerante Haltung gegenüber „dümmeren“ Menschen geht Scitt ab. Auf den ersten Seiten fasst Robert Feldhoff sehr gut seinen harten Lebensweg zusammen. Als buckliges Kind mit einem hohen Intelligenzquotienten ist es natürlich ein klassiker Außenseiter, der aber schließlich nicht nur zu einem Studium am Dab Institut zugelassen, sondern schnell zu einer kleinen Gruppe von Mitgliedern der Außenweltstaffel wird- dem Geheimnis des Imperiums Dabrifa.

Scitts Lebensweg inklusiv einer ersten Begegnung mit den Parolen der immer stärker werdenden Widerstandsbewegung wird von Robert Feldhoff solide, aber spannungstechnisch ohne Höhepunkte beschrieben.  Auf den folgenden Missionen, die Scitt durch die halbe Milchstraße führen, muss er einen Menschen töten.  Dabei wird er schwer verletzt und ein Ara versetzt sein Gehirn für den zweiten Teil der Mission in einen anderen Körper. Auch diese Idee ist absichtlich der Entwicklung Kennons nach empfunden. Während Kennon sich weiterhin mit einem spürbaren Minderwertigkeitskomplex herumschlagen  muss und seinen Roboterkörper zwar als überlegen und trotzdem ein Gefängnis empfindet, kommt Scitt nicht nur sehr schnell auf dieser wichtigen Mission mit seinem neuen Körper, aber vor allem auch einer attraktiven hübschen Frau klar.

Dieser mittlere Abschnitt des Romans wirkt ein wenig zu ambitioniert. Robert Feldhoff bemüht sich über die Charakterisierung des Protagonisten hinaus für Spannung zu sorgen, während aufmerksame Leser den einzigen in Frage kommenden Verräter und möglichen Dieb eines speziellen als „MacGuffin“ dienen Geräts aufgrund einiger Nachlässigkeiten bei der Handlungsführung schnell erkennen können. Spätestens der zweite Hinweis  auf dessen enges freundschaftliches Verhältnis zum Diktator sollte ausreichen.

Scitt steht auch unter einem starken zeitlichen Druck. Sein Gehirn kann erstens nicht unbegrenzt im Roboterkörper verharren und zweitens wird sich in absehbarer Zeit eine Art Zeitschloss um das Gerät öffnen, das einen Diebstahl der Maschine erleichtert. Eine von ihm gestellte Falle wird von seinem Antagonisten unterlaufen, wobei Feldhoff  umgehend die entsprechenden Erklärungen nachliefert.  Auch das Finale erscheint ein wenig zu gestellt und die Herausforderungen werden inklusiv der nihilistischen Auflösung sehr schnell überwunden.

Von der Grundstruktur her wäre es sinnvoller gewesen, die Handlung zu strecken und sich mit einem alleinstehenden Planetenroman um die Ausbildung von Scitt und seine innere Reife zu kümmern. Viele emotional überzeugend entwickelnde Ideen bleiben förmlich auf der Strecke und die Widersprüche, die aus Kennon vor allem auch in Kombination mit Tekener so eine markante, relevante und vor allem eckig dreidimensionale Figur machen, sind bei Scitt, dem Zwerg noch nicht abschließend entwickelt worden. Auch hätte diese auf der einen Seite derartig schwierige, auf der anderen Seite rückblickend plötzlich ein wenig unglaubwürdig relativierte Mission komplexer gestaltet werden können.

Während „Scitt, der Zwerg“ sich an den Agenteneinsätzen der USO Abenteuer K.H. Scheers orientiert, sie aber nicht übertreffen kann, ist der politisch ambitioniertere „Die Toleranz- Revolution“  interessanter.

Auch der ehemalige Agent des Imperiums Dabrifa Stan Ormy hat wie Scitt, der Zwerg schließlich mit den Machenschaften des Tyrannen und der Unterdrückung des eigenen Volkes gebrochen. Während Ormy einen direkten Befehl verweigert hat, konnte Scitt nicht mehr ertragen, auch unter der Opferung von Menschenleben von seinen Vorgesetzten missbraucht  worden zu sein.

Stan Ormy wird auf den Planeten Nosmo und dort in der angebliche Mustergefängnis Borneod gebracht, in dem sich neben den üblichen Schwerbrechern auch zahlreiche politische Gefangene und seit fast dreißig Jahren der in seinen alten Körper  zurückgebrachte und damit wieder bucklige Scitt befindet. Scitt hat sich nicht nur im Gefängnis gut etabliert, er scheint mehr über  die anstehende Toleranz Revolution zu wissen als er anfänglich Preis geben möchte.     

„Die Toleranz- Revolution“ ist in der ersten Hälfte ein typisches Gefängnisabenteuer, mit einem nicht unbedingt unschuldigen, aber seine Pflicht verweigernden Helden. Auch bei Scitt weiß der Leser, dass er nicht aufgrund seiner Handlungen oder Verbrechen, sondern seiner Weigerung, dem diktatorischen Regime weiter zu dienen, im Gefängnis sitzt.  Mit einem brutalen Zellengenossen, der mit Billigung der Anstaltsleitung nicht nur die anderen Gefangenen unterdrückt, sondern wahrscheinlich auch eine junge Frau ermordet hat, verfügt der Roman über den in diesem Fall allerdings auch typischen wie eindimensionalen Antagonisten.

Aus „Scitt, der Zwerg“ hat Robert Feldhoff die Idee übernommen, das bei anscheinend narrensicheren Tests nicht nur geschummelt werden kann, sondern das die Manipulation der Ergebnisse auf potentielle Täter hindeuten.

Auf den Kopf gestellt hat er die Idee, dass eine Aktion/ Bewegung durch Verrat scheitert. In „Scitt, der Zwerg“ muss der Agent ja einen Verräter am Imperium stellen, der für die ansonsten dem Leser so vertrauten guten Terraner arbeitet. Diese Idee wird aber nicht weiter ausgearbeitet und vor allem erscheint der Verräter/ terranische Schläferagent so unsympathisch in einem direkten Vergleich zum fleißigen wie verliebten Scitt beschrieben, dass man dem Zwerg im perfektionierten Kunstkörper nur Erfolg wünschen kann. Auch in „Die Toleranz- Revolution“ ist der Verräter dieses Mal im Auftrag des örtlichen Tyrannen  so negativ, so distanziert charakterisiert worden, dass er zwangsläufig auch zu Gunsten der gesamten Bevölkerung mit seinem Verrat scheitern muss.  

Während Robert Feldhoff die „Toleranz- Revolution“ am Ende des ersten Planetenromans ein wenig pragmatisch zusammengefasst hat, geht er in dem zweiten hier zusammengefassten Roman in die Details und beschreibt an Hand der Aktionen nicht nur von Scitt, sondern vor allem dem fast allgegenwärtigen und wichtige Stan Ormy, wie die lange Zeit im Untergrund agierenden entschlossenen Männer und Frauen den Diktator und seine Armeen stürzen konnten.

Die Actionszenen sind deutlich bodenständiger und weniger hektisch komprimiert beschrieben worden als in „Scitt, der Zwerg“.  Hinzu kommt, dass Robert Feldhoff sich weniger lang mit der Vorgeschichte Stan Ormys mit wenigen markanten Schlüsselhinweisen erzählt wird und sich Robert Feldhoff schnell auf den Gefängnisplot mit seiner sadistischen Oberaufseherin und einem scheinbar ausbruchssicheren Knast auseinandersetzen kann.  Die Methode, mit welcher der Ausbruch organisiert wird, ist militärisch minutiös organisiert und wird effektiv durchgeführt, so dass sie als zufriedenstellender Wendepunkt im vorliegenden Roman die finale Auseinandersetzung mit den Herrschern einleitet.  Wobei vor allem den Terranern gleich versichert wird, dass Unabhängigkeit nur in echter Zusammenarbeit mit der Erde in Frage kommt, um diesen ungewöhnlichen wie provokanten Handlungsstrang gleich wieder auf die zugrundeliegende Hauptlinie der Serie zurückzuführen.  

Vor dem Hintergrund der in der Erstauflage relativ schnell abgehandelten Toleranz Revolution ohne in eine intensivere Auseinandersetzung mit der antiterranischen Koalition präsentiert Robert Feldhoff durch die Verbindung mit Scitt, dem Zwerg zwei stringente Agenten bzw. Abenteuerromane, die sich auch heute noch gut lesen lassen und trotz der angesprochenen kleineren Schwächen mit einer überraschenden erzählerischen Rasanz niedergeschrieben worden sind.  

 

 

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Zaubermond Verlag

Taschenbuch, 305 Seiten

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