False Negative

Joseph Koenig

Hard Case Crime hat immer wieder die finalen Romane von vergessenen Autoren publiziert. Mit „Flase Negative“ handelt es sich um die erste Veröffentlichung eines noch lebenden Autoren. Joseph Koenig hat wie der Protagonist dieses  Romans als Reporter mit für ein Magazin gearbeitet, dass reale Verbrechen literarisch auf arbeitete. 1986 veröffentlichte Koenig mit „Floater“ seinen ersten Roman, der in den Everglades spielt.  Seine nächsten beiden Bücher „Little Odessa“ – New Yorks schmierige kriminelle Seite aufs  Korn nehmend – und der im verschneiten Vermont spielende „Smuggler´s Notch“ machten ihn bekannt. Vier Jahre  später erschien mit „Brides of Blood“, ein Thriller der teilweise in den Folterkellern der iranischen Polizei in der Zeit des  Irans unmittelbar nach dem Umsturz spielte.  Fast zwanzig Jahre vergingen, bis wie angesprochen Hard Case Crime mit „False Negative“ Koenigs insgesamt fünften Thriller publizierte. Zwei Jahre später wechselte Koenig den Kontinent und verfasste zum ersten Mal mit „Really the Blues“ einen Thriller, der in Paris also Europa spielte.  Hard Case Crime hat dabei vergessen, dass Joseph Koenig mit „Osud“ dazwischen einen Roman publizierte, der in den Vernichtungslagern während des Dritten Reiches spielte und sich auf das tägliche Überleben der eingepferchten Menschen konzentrierte.

Unabhängig von  der Tatsache, dass der Protagonist neben seiner wenig erfolgreichen Tätigkeit als Autor und der von einem Skandal  begleiteten Arbeit bei einer überregionalen Zeitung jetzt aus Geldnot für ein real Crime Magazin schreiben muss und damit wie ein Alter Ego Joseph Koenigs erscheint, spielt der Thriller in einer Art Niemandsland in den fünfziger Jahren,  als der Film Noir und Hardboiled Thriller mehr und mehr subtileren Psychospielereien Platz machen musste.  

Joseph Königs Adam Jordan ist ein Jazz liebender Zeitungsreporter in Atlantic City in den fünfziger  Jahren, der neben dem angesprochenen großen amerikanischen Roman jetzt einen neuen Job suchen muss. Anstatt ordentlich zu recherchieren hat er eine Abkürzung genommen, auf nicht geprüfte Informationen gesetzt und nicht nur seinen Job verloren, sondern von keiner anderen Zeitung mehr angeheuert wird. Fast zeitgleich findet Adam Jordan am Strand eine Leiche und erhält einen Anruf. Die hübsche  Frau ist gefesselt, geknebelt und vergewaltigt worden.  Per Telefon wird ihm ein neuer Job  angeboten.   Er soll für eine True Crime Pulp  Zeitschrift schreiben. Vor  allem soll er Geschichten aus seiner unmittelbaren Umgebung verfassen.

Seine ersten Geschichten kommen beim Herausgeber sehr gut an.  Durch einen Zufall erfährt Adam Jordan, dass eine junge attraktive Farbige am Strand verschwunden ist. In der Nähe des Fundorts der Leiche. Jordan hofft und vermutet, dass die beiden Taten zusammenhängen. Er beginnt zu recherchieren, obwohl er einen Mord an einer  Farbigen in den fünfziger Jahren genauso wenig an ein Pulp Magazin verkaufen kann wie ein Sexualverbrechen an Kindern.  Natürlich gerät er ordentlich in Schwierigkeiten, als er den falschen Leuten auf die Füße tritt. Ein klassisches, fast am Rande des Klischees befindliches Motiv der Hardboiled Thriller.

Joseph Koenigs Roman unterscheidet sich vor allem auch den authentischen Blick hinter die Kulissen von Menschen, die verzweifelt von der Inspiration an der Schreibmaschine leben.  Dieser Aspekt nimmt einen breiten   Raum ein und der Leser muss sich darauf einstellen, dass das Tempo erst im letzten Drittel des Buches merklich anzieht. Bei einem schlechten Autor ohne Frage ein Manko, aber die Welt der Pulpautoren beschreibt Koenig so lebendig und überzeugend, dass man mehr erfahren möchte.  Sein neuer Chef beim Pulpmagazin ist im Grunde ein Klassiker. Verbittert, geschieden, mit dem Magazin verheiratet und immer der Gefahr ausgesetzt, dass die ersten in „True Crimes“ archivierten Mörder inzwischen aus dem Gefängnis entlassen worden sind und mit dem Magazinchef persönlich abrechnen möchten.  Vor allem weil  Koenig diesen Handlungsbogen dramatisch und brutal beendet.  Auch wenn Jordan sich anfänglich gegen die Arbeit am Magazin sträubt, ist er auch ein wenig stolz und lebt nicht nur durch die Recherche, sondern die Chance auf schnelles Geld wieder auf.  Am Ende konstruiert Joseph Koenig einige Wendungen, die eher unrealistisch und bemüht erscheinen. Sie nehmen auf der Writersebene den wirtschaftlichen Druck vom Protagonisten. Aber die minutiöse Beschreibung des Pulpschreiberlebens alleine ist die Lektüre dieses Romans wert.  Vor allem weil Jordan irgendwann in der Zwickmühle ist, Verbrechen zu suchen, die er literarisch verarbeiten kann, um Geld zu verdienen. Koenig bleibt zwar an in diesem bizarren Punkt ein wenig oberflächlich, aber es ist eine interessante moralische Frage. Zumal Jordan positiv nicht so rassistisch ist, wie sein Umfeld.

Die Liebesgeschichte wirkt wie das arbeitstechnische Ende des Romans ein wenig zu aufgesetzt und nicht aus sich selbst heraus entwickelt, aber anscheinend wollte Joseph Koenig dem schwierigen, anfänglich auch ein wenig unnahbaren Jordan eine zugänglichere Seite geben. 

Kritisch gesprochen könnte man meinen, der Autor operiert auf zu vielen Handlungsebenen. Neben einer Liebesgeschichte findet sich auch die mit der Grundhandlung nicht in einem direkten Zusammenhang stehende Geschichte  eines Baseballspielers, der gerne Frauen brutalst verprügelt.

Der Kriminalplot ist relativ simpel.   Ab der Mitte des Buches kommt nur noch ein Verdächtiger in Frage.  Wie in den meisten Büchern handelt es sich um diejenige Person, die am Unwahrscheinlichsten erscheint.  Eine seiner Aktionen beweist, dass er in Wirklichkeit die Frauen genauso ausnutzt,  benutzt und missbraucht wie  es seine Auftraggeber mit ihm machen.  Daraus abzuleiten, dass er auch ein perverser Mörder ist, fällt schwer.  Interessant ist, dass  Joseph Koenig während des fatalistischen Endes auf eine konsequente Bestrafung des Täters trotz seiner  Taten verzichtet und quasi das Schicksal  ihn richten lässt. Impliziert könnte man auch davon sprechen, dass  in einer Subkultur, die auf Ruhm und Erfolg ausgerichtet ist,  einiges an das mehrfach verfilmte Hollywood Drama „A Star is born“ zynisch extrapoliert erinnert. 

Zu den Stärken des Romans gehören wie angesprochen die Nebenhandlungen. Jordan ist teilweise ein egozentrischer Charakter,  der sich selbst anscheinend nicht wenig liebt. Die Romanze inklusiv des entsprechenden offenen Endes ist irgendwo zwischen erotisch und provozierend angelegt. Nicht selten versucht der Autor den erotischen Kontext durch kleine Zwischenbemerkungen oder exotische Variationen zu erhöhen. Es ist eine wilde Zeit durchaus mit Perversionen irgendwo in den reichen Häusern abseits der großen Casinos, die Atlantic City zu dominieren beginnen. Es ist eine Zeit, in welcher viel Geld verdient werden kann und ein Menschenleben -  vor allem wenn es willige junge Frauen sind -  nichts wert ist. Höchstens als  reißerischer Artikel in den verschiedenen True Crime Magazinen. 

Es ist handlungstechnisch nicht negativ gesehen ein altmodisches Buch mit einem vielschichtigen Protagonisten, einem sich langsam entwickelnden Plot, aber vor allem einem überragenden Einblick hinter die Kulissen der Pulpmagazine  und ihren Nöten angesichts der beginnenden Dominanz des Fernsehens. In dieser Hinsicht ist „False Negatives“ ein überzeugendes Buch, das inhaltlich irgendwie auf zu vielen Hochzeiten spielen möchte,  ohne wirklich lange auf einer Party zu bleiben oder sich auch nur von den Gastgebern zu verabschieden.  

 

  • Series: Hard Case Crime (Book 107)
  • Paperback: 256 pages
  • Publisher: Hard Case Crime (June 5, 2012)
  • Language: English
  • ISBN-10: 0857685805
  • ISBN-13: 978-0857685803
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