Jörg Weigand hat mit „Die Autoren der utopisch phantastischen Leihbücher“ einen Ergänzungsband nicht nur zu seinen mehrfach aufgelegten Arbeiten „Träume auf dickem Papier“ und seinem Pseudonymlexikon veröffentlicht, sondern sieht diese Sammlung als begleitendes Buches zu „Das phantastische Leihbuch nach 1945“, der ebenfalls reichhaltig bebildert im Jahre 2019 ebenfalls im Verlag Dieter von Reeken erschienen ist.
In seinem ausführlichen Vorwort geht Jörg Weigand darauf ein, dass es ihm grundsätzlich um Autoren geht, die nicht nur ausschließlich Science Fiction bzw. utopische Literatur geschrieben haben, sondern nicht selten in Form von Genrekombinationen wie utopische Krimis auf Elemente des Genres zurückgegriffen haben.
Auch wenn eine Vollständigkeit trotz der Bemühungen eines Kreises von Sammlern inklusiv jährlicher Treffen mangels fehlender Verlagsunterlagen kaum möglich ist, präsentiert Jörg Weigand in alphabetischer Reihenfolge möglicht alle Autoren und Autorinnen, die er in dem erwähnten Überblick über das Leihbuch schon vorstellte.
Der Band ist alphabetisch aufgebaut. Neben den Lebensdaten gibt es einige Hinweise auf den Autoren sowie die Pseudonymen, die er verwandte. Jörg Weigand hat ganz bewusst auf die bürgerlichen Namen als Einstiegspunkt zurückgegriffen und erst anschließend die wichtigsten oder bekannten Pseudonyme erwähnt. Anschließend folgen einige Daten zu Beruf; zum literarischen Schwerpunkt und schließlich auch namentlich erwähnt die utopischen Veröffentlichungen.
Dabei ist die Wahl der Überschrift dieses Buches irritierend. Jörg Weigand führt Autoren auf, deren Arbeiten als Leihbuch in Deutschland veröffentlicht worden sind, aber nicht unbedingt zwingend für diesen besonderen Markt geschrieben worden sind. Beispielhaft seien hier Jack Vance oder Donald A. Wollheim erwähnt. John W. Campbell, oder Ray Cummings haben ihre wichtigsten Arbeiten schon vor dem Betrachtungszeitraum ab 1945 veröffentlicht. Es handelt sich also um erste Übersetzungen aus dem angloamerikanischen Raum, die als Leihbücher publiziert worden sind. Sie deswegen als Autoren des utopisch phantastischen Leihbuchs aufzuführen, ist ein zweischneidiges Schwert.
Bei den „klassischen“ Leihbuchautoren konzentriert sich Jörg Weigand bei der Auflistung entweder auf deren ganzes utopisches Spektrum oder eine Auswahl von Büchern. Das wird allerdings nicht konsequent durchgehalten, denn zum Beispiel bei W.W. Shols verblüfft die Aufzählung derartig weniger Titel ohne den Hinweis Auswahl.. Im Text werden dann zähltechnisch mehr Titel genannt als sich schließlich unter dem Eintrag finden. Wer also den vorliegenden Band als Einstieg in eine neu beginnende oder fortgeführte Sammelleidenschaft sieht, wird zumindest bei den bekannten Autoren enttäuscht werden. Hier verweist Jörg Weigand auf weiterführende Literatur, stellt aber gleichzeitig in Frage, warum er diese Übersicht in dieser auf der einen Seite bewundernswert komplexen, auf der Publikationstechnischen Ebene aber auch teilweise enttäuschenden Art und Weise veröffentlicht hat.
Schön wäre es gewesen, wenn Jörg Weigand bei den eher unbekannten und wenig utopische Texte publizierenden Autoren noch einige kleinere Hinweise gegeben hätte. Weniger hinsichtlich der Qualität der Bücher, aber in Bezug auf die Thematik. Es gibt einige sehr seltene Romane, deren Titel verführerisch sammelnswert erscheinen, die aber antiquarisch schwer zu erwerben sind. Und wer weiß, was dahinter steckt.
Im Gegensatz zu einigen anderen Publikationen auch aus dem Haus Dieter von Reeken hat Jörg Weigand konsequent auf Nachdruckhinweise verzichtet. Die meisten sich für as Thema interessierenden Sammler werden wissen, das Kleinverlage wie Heinz Mohlberg, aber auch mit wenigen kritisch zu sehenden Ausnahmen selbst der HJB Verlag seltene Texte nachgedruckt hat. Auch davon haben inzwischen einige Nachdrucke einen derartigen Seltenheitswert aufgrund der Kleinauflage erreicht, das eine Suche herausfordernd ist.
Für diese Schwäche entschädigt allerdings der Bildteil mit unzähligen sehr guten schwarzweißen Abbildungen markanter, nicht selten absolut unbekannter Leihbücher.
Ohne Frage sind die Arbeit und die Zeit, die Jörg Weigand diesem aussterbenden „Sammel“genre widmet bewundernswert und alle seine Veröffentlichungen zusammen ergeben den komplexesten Überblick vor allem über das utopisch phantastische Leihbuch und seine Autoren. Diese Leihbücher stellen ja das Fundament der späteren verschiedenen Heftromanreihen dar, in deren Verlauf nicht selten gekürzt viele der Schwarten aus dickem Papier mindestens noch einmal veröffentlicht worden sind.
Aber der Sammler oder Interessenten sollten diese Auflistung vor allem als Ergänzung zu den bestehenden Veröffentlichungen sehen. Als Alleinstellungsmerkmal sind wie erwähnt bei bekannten Autoren die Veröffentlichungen nicht vollständig und bei nicht typischen Leihbuchautoren wie Wollheim oder Vance die Angaben irreführend, denn das Jack Vance in Deutschland bearbeitet und einfach übersetzt seinen Platz in den Leihbuchregalen gefunden hat, ist er dem Kommerz als der Kunst zuzuordnen.
- Taschenbuch: 152 Seiten
- Verlag: Reeken, Dieter von; Auflage: 1 (4. Juni 2020)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3945807557
- ISBN-13: 978-3945807552