Dr. Who- Peacemaker

James Swallow

James Swallows “Dr. Who” Abenteuer um den Doctor und seine Gefährtin Martha könnte einer der besten neuen Romane sein. Leider hat dem Autoren insbesondere gegen Ende der Mut in doppelter Hinsicht gefehlt. Das Ende ist stereotyp – wie oft haben die intergalaktischen Feinde eine direkte Übernahme des Doctors versucht und wie kläglich sind sie alle gescheitert – und die Grundidee zu wenig nachhaltig in die Handlung intrigiert.

Dem gegenüber steht eine interessante Ausgangsprämisse – der Doctor im Wilden Westen mit einem den Revolver ersetzenden Schrauberzieher – sowie eine überzeugende Zeichnung insbesondere Marthas.  James Swallows leicht ironischer Ton, den er in einigen ernsten Phasen leider zu oberflächlich unterbricht, beginnt schon beim Besuch des Hollywoodplaneten, auf dem Martha und der Doctor allerdings auf keinem Date gemütlich ins Kino gehen wollen, um sich einen Western anzuschauen. Leider hat die vorherige Aufführung eines Katastrophenfilms den Kinopalast gänzlich zerstört. Also entschließen sie sich, in die Vergangenheit und damit den Wilden Westen zu reisen.

Nur treibt sich dort ein seltsamer Heiler herum, der von zwei Kopfgeldjägern gejagt die Menschen selbst vor den Pocken heilen kann, aber seltsame Alpträume zurücklässt.In den 1880s tauchen der Doctor und Martha in der kleinen Gemeinde Redwater auf. Wenige Wochen vorher ist ein wandernder Scharlatan mit dem Spitznamen „der Heiler“ durch die kleine Gemeinde gezogen und hat mehrere Menschen gerettet. Im Prolog haben die Leser in einer von zwei drastischen Szenen erfahren, dass der Heiler von zwei Kopfgeldjägern gesucht wird, welche Unschuldige mittels seltsamer Energiewaffen töten. Der erste Hinweis, dass  der Doctor nicht der einzige Außerirdische im Wilden Westen bleiben wird. In Redwater selbst schließt Martha Freundschaft mit einer jungen attraktiven Lehrerin. Gleichzeitig tauchen die Kopfgeldjäger auf und töten den örtlichen Sheriff – die zweite drastische, vielleicht sogar angesichts des parodistischen Untertons zu hart erscheinende Szene des Buches -, was den Doctor zu einer Reaktion veranlasst.

Wie schon angedeutet ist James Swallows Roman eine angenehme, oberflächliche Lektüre. Zu den Schwächen gehört die statische Plotentwicklung vor einem allerdings exotischen Hintergrund mit dem Höhepunkt, dass der Doctor wieder zu etwas gezwungen werden soll, was er trickreich umschiffen kann. Es ist schade, dass die grundlegenden Handlungsmuster insbesondere in den neuen „Dr. Who“ Folgen nicht effektiver variiert werden. Im Gegensatz zu vielen Romanen belässt es allerdings James Swallow nicht bei einer theoretischen Entscheidung, sondern erzwingt förmlich eine Reaktion des Doctors durch eine Aktion der beiden außerirdischen Kopfgeldjäger. Diese Sequenz – da es sich um eine kontinuierlich auftauchende Person handelt, wirkt sie trotz ihrer Dramaturgie und der drastisch brutalen Vorgehensweise weniger effektiv als die schon angesprochenen beiden Szenen – ist der letzte Höhepunkt des kurzweilig geschriebenen Bandes, bevor die Auflösung in den markanten wie statischen Bahnen verläuft.

Auf der anderen Seite fügt der Autor wie Justin Richards der eigentlichen Handlung mit zahlreichen Querverweisen und Andeutungen insbesondere für Serienfanatiker so viele Nebeninformationen bei, dass es ein sichtliches Vergnügen ist, diese Anspielungen zu deuten und einzuordnen. Der Tenor ist überwiegend erheiternd, gegen Ende des Buches mischt sich allerdings auch eine melancholische Note gut gesetzt in das Geschehen.  Während der Doctor in seiner typischen Exzentrik solide gezeichnet worden ist, sind es die zahlreichen Szenen Marthas, die dem Roman eine inhaltliche Tiefe geben. Der Autor trifft nicht nur die Stimme der Fernsehfolgen, in den Gesprächen mit der Lehrerin und dem plötzlich verwaisten Jungen gibt Swallow der Begleiterin eine eigene Persönlichkeit und vor allem eine eigene Stimme inklusiv der Andeutungen von mehr als Respekt dem Zeitlord gegenüber.  

Um die beiden Zeitreisenden herum entwickelt James Swallow eine Westernhandlung, die außerhalb der Science Fiction Elemente eher den amerikanischen Fernsehserien der fünfziger und sechziger Jahre entspricht.   Auch wenn das Leben für die Siedler nicht einfach gewesen ist, wirken die Gefahren fiktiv und der Doctor sowie Martha leben sich unabhängig von ihren Erfahrungen zu schnell in dieser Zeit ein. Alleine der Hinweise auf die verschiedenen gebrannten Getränke oder das Pokerspiel, das der Doctor natürlich zum Unglauben aller schnell gewinnt. Das sind Klischees, die den Leser amüsieren, aber auch aus einer fiktiven Science Fiction Serie in eine noch fiktivere Westernvergangenheit reißen, von der Martha schwärmt, dass sie besser als die Hollywood Western ist. Damit könnte Swallow angedeutet haben, dass der Doctor vom Filmplaneten eben nicht in die authentische Vergangenheit aufgebrochen zu sein, sondern eine Art fünfte Dimension in die Literatur durchbrochen zu haben. Leider wird diese Idee wie manch andere Szene nicht weiter extrapoliert.

 Um Martha und den Doctor herum finden sich einige eindimensionale, aber effektive Charaktere. Da wäre mit Nathan, dem Sohn des örtlichen Sheriffs, der Sidekick den Helden neben ihren Gefährten brauchen. Angesichts des traumatischen Erlebnisses versäumt Swallow, diese Figur wirklich emotional auszubauen. Der heldenhafte Indianer, der sich im finalen Kampf ebenfalls opfert, entspricht fast Lone Rangers Tonto und redet fast auch noch so. Keine kulturelle Identifikation und vor allem keine echte Abgrenzung gegenüber den Weißen. Ihre Beschreibungen sind oberflächlich, aber zumindest so umfassend, dass sie stellvertretend aus der kleinen Frontiersiedlung herausragen.

Bei Doctor Whos Gegnern ist das nicht unbedingt der Fall. Die grundlegende Idee einer Fundsache wird relativ schnell und der Tradition von „Cowboys & Aliens“ folgend sogar kurz und bündig abgehandelt.   Danach zerfällt die Bedrohung im Grunde in zwei Teile, zwischen denen der Doctor förmlich steht. Die Idee einer sich selbstständig machenden Waffe auf der Suche nach Kriegen, deren Parteien sie gegen deren Willen befrieden können – in dieser Hinsicht ist der Originaltitel „Peacemaker“ des Romans doppeldeutig und bezieht sich sowohl auf den Revolver wie auch die Herkunft der Außerirdischen -   ist vielleicht nicht originell, hätte aber besonders in einem leichten Westernunterhaltungsroman wie dem vorliegenden sehr viel besser und nachhaltiger eingesetzt werden können. Viele Flanken für subversiven Humor inklusiv entsprechender Anspielungen lässt der Autor offen, so dass am Ende trotz seines Umfangs der inhaltliche Gehalt des Bandes leider zu leicht ist.

Auch wenn die Autoren der eigenständigen „Doctor Who“ Romanen den gesetzten Prämissen der Serie folgen, vergessen sie nicht selten, dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte und der visuelle Humor der Fernsehfolgen allerhöchstens über die allerdings sehr gut geschriebenen Dialoge eins zu eins in die Buchform übertragen werden kann. Stattdessen sollten die Autoren – siehe Alastair Reynolds, Michael Moorock und mit Einschränkungen Justin Richards – die Hintergründe ihrer Geschichten besser beleuchten und den Raum, den ihnen der Roman schenkt, hinsichtlich der Entwicklung der einzelnen Charaktere und vor allem leicht zu beschreibender Querverbindungen besser nützen.  Über die gute Beschreibung Marthas hinaus wird sehr viel Potential verschenkt, so dass die interessante Idee – der Doctor im Wilden Westen – bis auf den packend geschriebenen Showdown zu oberflächlich und zu wenig das Genre respektierend und die Geschichte intrigierend  abgehandelt wird.

 

 

Release date:26 December 2007
Format:Hardcover and paperback, 239 pages
ISBN 978-1-84607-349-6