Der vorletzte Band der "Epetrans" Zyklus zeigt dier großen Schwächen der Serie. Die Grundidee ist gewesen, die Position der Erde aus den Archiven Arkons zu löschen. Hinzu ist der Umsturzversuch Atlans gekommen. Der alternde Perry Rhodan, Crest im irgendwo und schließlich Thora/ Gucky sind weitere Brennpunkte, die fast in Vergessenheit geraten sind. Potential für ausreichend Stoff ist vorhanden, aber die Produktion der "Neo" Taschenhefte spricht dagegen. Natürlich ist es schwer, das bisherige „Ein Autoren – ein Taschenheft“ Konzept umzustoßen, aber zu viele der Taschenhefte haben sich umfangtechnisch als Langweiler entpuppt. Bestünde die Möglichkeit, von zwei Autoren jeweils eine Handlungsebene erarbeiten zu lassen und dann diese beiden Stränge miteinander zu kombinieren, könnte "Neo" tatsächlich wieder Tempo aufnehmen.
Das Epetrans Archiv hat sich als biologische Quelle erwiesen, dessen Konzeption insbesondere hinsichtlich der Wichtigkeit der Daten, einer Erreichbarkeit der Träger und der Idee, über Jahrtausende Wissen abseits der üblichen Wege zu speichern schon schwierig zu akzeptieren gewesen ist. Christian Montillon präsentiert zu Beginn von "Die Kriegswelt" eine verblüffende Lösung für das Problem, welche die Existenzberechtigung des Archivs ad absurdum führt. Die letzten drei Archivträger bis auf den aus Spannungsgründen flüchtigen Enban da Mortur werden mittels einer fingierten Vorladung zur Extrasinnaktivierung nach Iprasa eingeladen und folgen natürlich. Die Taa Königin zerkaut Haarbüschel der Arkoniden und dringt mittels dieser Fähigkeiten in deren Bewusstsein ein, um die Daten der Erde zu verfälschen. Frank Borsch hat die Idee des biologischen Archivs entworfen und mittels verschiedener Konstruktionen zusammen mit Christian Montillon eine "Deus Ex Machina" Lösung in Anspruch genommen. Leider zum ersten, aber nicht letzten Mal in diesem Roman. Wie in der Erstauflage begegnet Rhodan mit seinem Team Helfern, die zusammen mit ihm die unmögliche Aufgabe schultern. Der Leser versteht aber nicht, warum in einer so modernen Gesellschaft wichtige oder unwichtige Daten nur im Epetrans Archiv gelagert werden sollten. Durch das unbeholfene Auftreten von Atlan müsste da Treffon schon aufgrund verschiedener Überlegungen ahnen, dass es einen Zusammenhang zwischen den Terranern und Atlan geben könnte. Zumal insbesondere da da Treffon die Idee der Unsterblichkeit vertraut ist und er glauben mag, dass Atlan vielleicht auf der Erde gelebt hat. Selbst wenn er dieser Logik nicht folgen sollte, bräuchte er nur alle Stützpunkte - und auf der Erde gab es einen Stützpunkt der Arkoniden - während Atlans Missionen zu untersuchen, um mittels Ausschlussprinzip ebenfalls der Erde auf die Spür zu kommen. Der nächste Schritt wird ohne Frage noch sein, da Treffon - als Umstürzler ist er sowieso ein Opfer Nummer eins - natürlich zusammen mit da Mortur auszuschalten. Die Auflösung der anfänglich schwierigen Aufgabe - Backups werden vorsichtshalber ignoriert - ist Enttäuschung.
Noch schlimmer ist nur das Ende des Romans. Perry Rhodan packt einen Waffententakel eines Roboters (!!!) und schießt damit um sich. Das heißt der Roboter schießt und Rhodan lenkt den Schussarm. Das wirkt schon armselig, aber in dieser entscheidende, aussichtslosen Situation nähert sich vom vierten Arkonplaneten - der Elysischen Welt - ein Raumschiff mit wabernden Konturen und landet auf dem Innenhof des Kristallpalasts, in dem gerade gekämpft wird. Unter dem Verzerrungsfeld befindet sich eine 50 Meter lange kobaltblaue Walze. Der Regent marschiert in Tranche auf die Walze zu. Rhodan reagiert als erster und kommt einen Moment zu spät. Der Regent wird eingelassen. Natürlich öffnet sich für Rhodan ein anderes Schott, ein Mausbiber - nicht Gucky - holt Perry Rhodan an Bord und auf geht es zum Schlusskampf zum vierten Arkonplaneten, dessen Prüfungen beweisen sollen, ob der Regent Imperator werden kann oder ein Eindringling ist.
Die kobaltblauen Walzen haben mehrmals schon in die Handlung eingriffen. Vom aktiven Handeln kann weniger gesprochen werden. Natürlich ist Perry Rhodan weniger überrascht vom Auftauchen der Walze als die Arkoniden, weil er sie schon einmal gesehen hat und in ihr war. Die Tatsache, dass der Regent/ Imperator zur elysischen Welt mit einer Walze gebracht wird, zeigt den gigantischen Einfluss des Kosmokraten in einem Frühstadion der Serie. Was allerdings die Erstauflage erst drakonisch unter Scheer und dann philosophisch unter Voltz – es gibt einen kleinen Wink an einen arkonidischen Dichter mit Namensähnlichkeit – über Jahrzehnte aufgebaut hat, wirkt in „Neo“ wie der Stein, der eine zu vielschichtige und sich trotzdem her phlegmatisch entwickelnde Handlung zum Überlaufen bringt.
Die zweite Handlungsebene ist die Eroberung der Kriegswelt Arkon III. Auch hier muss bedacht werden, dass Atlan fast zehntausend Jahre auf der Erde förmlich geschlafen hat und die letzten Entwicklungen im arkonidischen Reich im Schnelldurchlauf zu erlernen sucht. Dabei sind seine Fortschritte unglaublich. Neben dem erfolgreichen Aufstand der Naats geht es jetzt darum, die konfigurierten Transitionsdämpfer auszuschalten, mit denen die Arkon Planeten geschützt sind. Der Code wird vom Stützpunkt Ker´Mekal bezogen. So kann Atlan ohne Probleme Atlans Rebellenflotte Arkon III erreichen und die Boden- sowie Orbitalforts zu vernichten, während Pertia ter Galen den Naat Aufstand niederschlagen soll. Pertia hält ihre Flotte allerdings zurück, um nicht unnötig Blut zu vergiessen. Das impliziert, dass sie ebenfalls nicht mit der Politik des Regenten einverstanden ist. Diese Motivation arbeitet Christian Montillon aber zu wenig heraus. Bedenkt der Leser, dass ein Ring um einen der Arkonplaneten abgestürzt und anscheinend die Oberfläche einer ganzen Welt vernichtet hat; die Naats wieder auf einen Aufstand anführen und eine Rebellenflotte die Kriegswelt beschießt, ist die Reaktion des Regenten genau wie der Militärs verhalten. Irgendwie hat der Leser das unbestimmte Gefühl, als haben die Autoren die Relation zwischen der vielleicht töneren Mächtigkeit Arkons und den irdischen Kräften verloren. Es ist erstaunlich einfach, wie Atlans Konverterkanone den Schutzschirm knackt, aber plötzlich die Basis nicht zerstört wird.
Stattdessen bietet Atlan ein Dagor Duell an. Der Unterlegene soll kapitulieren. Nur leider fordert Atlan den Falschen heraus. Das Duell macht Sinn, wenn er sich an den Regenten direkt gewandt hätte. Pertia wäre bei einer Niederlage sofort als Verräterin gebrandmarkt und ihrer Ämter enthoben worden. Natürlich siegt Atlan und kann Pertia überzeugen, sich auf ihre Seite und damit der Menschen zu schlagen. Ihm kommt zu Gute, dass er als Dagor Meister auch die terranischen Kampftechniken beherrscht. Das Duell beschreibt Christian Montillon intensiv und spannend. Es gehört ohne Frage zu den besseren Abschnitten dieser "Neo" Romans. Kaum verbündet wird da Treffon eine Falle gestellt. Interessant ist, dass dieser zwar offiziell seine Umsturzpläne noch nicht bekannt gegeben hat, aber von allen Bewegungen im Arkonsystem abgeschnitten zu sein scheint. Das gilt auch für den Regenten, der zumindest auf Perias Triumph warten müsste. Angeblich will Perry Rhodan weitere Zellaktivatoren von Wanderer holen und sich deswegen von Atlan distanzieren, ohne dass dieses Bündnis offiziell geworden ist. Spätestens ab dieser Sekunde muss da Treffon wissen, dass er im Grunde die Position der Erde ableiten kann. Weiterhin kann er nicht so dumm sein, einem Menschen zu trauen, der ihm mit den Naats sein Flagschiff gestohlen hat. Warum da Treffon Rhodan in seinen Schattenpalast bestellt, bleibt unbeantwortet. Im Grunde hat ihm Rhodan nicht viel zu bieten und weitere Zellaktivatoren könnten eher gegen da Treffons Pläne sprechen. Immerhin will er keine Flut von relativ Unsterblichen in seiner Umgebung haben. Das beim Einschleusen die Rudergängerin auch noch mittels eines Vikrus die Palastsystems außer Gefecht setzen kann, ist vielleicht der Höhepunkt einer einfallslosen und stark konstruierten Handlungsebene.
Damit könnte die Handlungsebene enden, denn da Treffon wäre am Ziel seiner Wünsche und könnte endlich den Menschen loswerden. Wenn sich nicht das offene, als Cliffhanger konzipierte Ende anschließen würde, auf das schon eingegangen worden ist. Immerhin marschiert auch der wie hypnotisiert erscheinende Regent durch ein Kaufgebiet ohne besondere Bewachung.
Zusammengefasst ein weiterer "Neo" Roman, der auf dem Popcorn Kinoniveau Hollywoods ohne Frage funktionieren kann, dessen Inhalt aber stark konstruiert und zu wenig ambivalent, sondern eher verzweifelt bemüht, wenigstens eine Handlungsebene abzuschließen, erscheint.
Taschenheft, 161 Seiten
Pabel- Verlag, Erschienen Juni 2014