Perry Rhodan Neo 99 "Showdown für Terra"

Oliver Plaschka, Perry Rhodan Neo 99, Showdown für Terra, Rezension
Oliver Plaschka

Wie schon im letzten „Neo“ Roman muss sich Oliver Plaschka mit den verschiedenen losen Fäden abmühen und diese möglichst kompakt abschließen. Dabei greifen Frank Borsch und Oliver Plaschka leider auf eine Reihe von unglaubwürdigen Situationen zurück. Interessant ist auch, wie schnell vor allem der bisher passive Perry Rhodan seine Position verändert und plötzlich aktiv gegen die Besatzer im Allgemeinen und Chetzkel im Besonderen vorgehen will. Ohne dem Ende des Romans vorweg zu greifen muss negativ erwähnt werden, dass die „Neo“ Redaktion weiterhin Situationen nicht selten in zwei aufeinander folgenden Romanen verwendet.  Statt eines Raumschiffs ist es eine ganze Flotte unbekannter Bauart, die Reginald Bull nicht nur befiehlt, die auch in letzter Sekunde den Einsatz einer Arkonbombe verhindern können. Das Ende dieses Romans wirkt cineastisch melodramatisch effektiv, aber statt wie in der Erstauflage die Herausforderungen und Probleme aus sich selbst heraus lösen zu können, wirken diese „Deus Ex Machina“ Lösungen nicht nur unglaubwürdig, sondern unterstreichen den ein wenig chaotischen Aufbau dieses Zyklus. Wer sich mit Frank Borsch Werk auskennt, weiß, dass er auch bei seiner „Alien Earth“ Serie nach einem guten Auftakt auf diese inhaltlichen Kniffe zurückgegriffen hat. 

Um auf Perry Rhodan zurück zu kommen. Nachdem Chetzkel ja schon in der Arena überrascht worden ist, will Perry Rhodan ihn mit den Resten der terranischen Flotte in eine Falle locken. Chetzkel soll nur mit seinem Schlachtschiff kommen, damit die überlegene VEAST´ARK sein Schiff angreifen und vernichten kann. Schon bei der Planung setzt Perry Rhodan auf die Dummheit seines Gegners. Bedenkt man, dass Chetzkel ja in einer erfahrenen Flotte Karriere gemacht und taktisch nicht dumm ist, erscheint dieser Plan nicht verwegen, sondern grundsätzlich dumm. Alleine das Auftreten einer kleineren arkonidischen Flotte hätte der Erde das letzte kampffähige Schiff genommen. Natürlich wittert Chetzkel relativ schnell eine Falle. Das er dann einen Kreuzer mittels Traktorstrahl in Richtung VEAST´ARK schleudern möchte, ist eine ungewöhnliche, aber nicht unbedingt überzeugende Taktik. Immerhin muss der gegnerische Kreuzer „stillstehen“. Die Naats vereiteln den Plan und Chetzkel zieht den Schwanz ein, weil er zum wiederholten Male zu einem im Grunde „dummen“ Gegner reduziert worden ist. Aber die Unlogik dieser Handlung geht weiter. Bedenkt man, dass alleine die bekannten Resourcen der Arkoniden ausreichen müssten, um diese kleine Flotte zur Strecke zu bringen, wirkt das Angebot einer persönlichen Aussprache von Perry Rhodans Seite eher wie das Pfeifen im Wald. Warum Chetzkel es annimmt, entschließt sich nicht unbedingt dem Leser. Beide Seiten haben im Grunde kein echtes Interesse, sich an irgendwelche Aussprachen zu halten und die Idee, das Chetzkel nur eine begrenzte Handvoll von Begleitern mitnehmen kann, ist eher Seitenschinderei. Bei dieser Begegnung kommt es  zu einer weiteren Konfrontation. Perry Rhodan wird von einem Energiestrahl getroffen und schwer verletzt. Später kann ihn die Mutantin Sue stabilisieren. Das Enteron macht sich auf, Chetzkel zu töten, in dem es ihn würgt. Das Enteron durchdringt das Schirmfeld und lässt Chetzkel anscheinend tot zurück. Wie Perry Rhodan von den Schwerverletzten auferstehen und sogar in den Kontrollraum inklusiv Geheimwaffe eindringen kann, ist fast als Parodie zu verstehen, da auch Chetzkel natürlich nicht tot ist, sondern mit einem arkonidischen Raumsoldaten als Schutzschild – wie dumm müssen eigentlich die Arkoniden sein, denn bislang haben sie auf derartige feige Handlungen eher pragmatisch ultimativ reagiert – kann er an Bord einer Rettungskapsel fliehen. Viel Lärm um nichts. Alleine die Vorbereitung und der Abschluss dieser Sequenz ist unabhängig von der mühsam aufgebauten Spannung eine Kette von Unglaubwürdigkeiten.  Es ist schade, dass insbesondere Perry Rhodan zu Beginn der „Neo“ Serie vielleicht berechtigt als zögerlich, als zu wenig charismatisch und vor allem zu wenig als potentieller Anführer dargestellt worden ist. Diese Charakterisierung ist in den letzten Bänden einem taktisch hoffnungslosen Optimisten gewichen, der allerdings zum Leidwesen der ganzen Serie wenig entschlossen auf das Glück der Expokraten vertrauen muss. Insbesondere direkte Konfrontationen wie zum Beispiel die auf keinem neutralen Platz, sondern quasi mit einer Geheimwaffe in der Nähe stattfindende Begegnung zwischen Chetzkel und Perry Rhodan wirken nicht überzeugend. Taktisch kann Rhodan auf die Allmächtigkeit des Enteron vertrauen. Mit diesem leider auch inzwischen abgenutzten Begleiter werden einige Szenen viel zu einfach dargestellt, so dass nicht zuletzt aufgrund der Wiederholung dieser Wunderrettungen keine echte Glaubwürdigkeit mehr erzeugt werden kann.

Auch die Intrigen innerhalb der Arkoniden erscheinen eher konstruiert. So soll Chetzkel Feind der Imperatrice sein. Bedenkt man, dass seine Handlungen gegenüber den Menschen effektiv, ohne Frage auch rücksichtslos, aber niemals die Position des Imperiums schwächend gewesen ist und Chetzkel keine Ambitionen hinsichtlich einer Machtübername auf Arkon gezeigt hat, wirkt diese Argumentationskette nicht überzeugend. Da hat der Epetrans Zyklus ganz andere Königmörder präsentiert. Vielleicht böte die Idee einer Zerstörung der Erde durch eine im Orbit stationierte Arkonbombe den einzigen Anhaltspunkt, aber konstruiert erscheint diese Variation angesichts seines bisherigen Verhaltens. So hätte Chetzkel mit der Zerstörung der Erde durch diese Bombe vorher schon drohen können, um möglicherweise an die Rebellen heranzukommen. Warum Mia jetzt plötzlich schockiert ist, obwohl sie seine Falle für die Rebellen während des Prozesses kannte, wird von Oliver Plaschka genauso wenig überzeugend heraus gearbeitet wie die Persönlichkeit Jemmicos, der relativ schnell einen Anschlag auf Chetzkel vorbereiten kann. In James Bond Manier soll mittels irdischer Kosmetika und einer Verzögerung von 30 Minuten Chetzkel umgebracht werden. Auch hier zeigt sich abschließend, dass Chetzkel anscheinend im Gegensatz zu den Aktionen von Perry Rhodan sehr gut reagieren bzw. proaktiv sich schützen kann. Er beseitigt rücksichtslos eine Schwachstelle in seinem eher unfreiwilligen Gefolge. Auf der anderen Seite wird die Motivation des aus dem Nichts quasi kommenden Jemmicos zu Terra treu dargestellt. Natürlich kann er auch Hintergedanken haben und hofft, quasi die Erde als aus zu beutendes Protektorat zu erben, dann sollte aber dieser Antrieb auch entsprechend beschrieben werden.

Auffallend sind aber auch inhaltliche Schwächen. So argumentiert eine Reihe von Nebenfiguren und etabliert ihre jeweilige Position, um in der nächsten Szene bei ganz konträren Voraussetzungen nicht konsequent zu handeln. Das beginnt beim Seitenwechsel der Stationskommandantin und endet bei ihrer fehlenden Reaktionen auf einen direkten Angriff. Anscheinend vergessen viele wichtige Kommandanten/ Offiziere in der arkonidischen Armee ihre eigentliche Aufgabe, ohne dass sie wirklich überzeugende Gegenargumente erhalten. Diese Ambivalenz wird durch die zugrundeliegende Hetze des ganzen Buches verstärkt. Plaschka hat nicht nur zu viele Baustellen abzuarbeiten, einige der Abzweigungen wären bei einer konsequenten Überarbeitung des zugrundeliegenden Exposes sogar unnötig gewesen. Zweimal Chetzkel Fallen stellen – einmal im All, dann beim persönlichen Treffen – in so kurzer Zeit erscheint unnötig, zumal die Autoren vergessen haben, das Chetzkel aus seiner wirklich guten Position heraus keinen zeitlichen Druck hat. Statt Rasanz präsentiert Oliver Plaschka als eher Hektik.  Vor allem, weil einige Faktoren vergessen werden. Ignoriert man das unwahrscheinliche Auftauchen der immer noch sehr kleinen Flotte, dann geht es um eine unbedeutende Welt natürlich mit Vergangenheit am Rande des gigantischen Imperiums, die sich nicht wie die Gallier gegen die Römer mittels eines Zaubertranks wehren, sondern eine Handvoll Schiffe gestohlen, einige Außerirdische wie Naats angeheuert haben.  Keine Gefahr für ein immer noch expandierendes Reich. Während Perry Rhodan in der Erstauflage nicht nur das Robotergehirn verwirren, sondern die Position der Erde verschleiern konnte, sind diese interessanten und von Scheer gut herausgearbeiteten Optionen nicht mehr möglich. Selbst wenn die Imperatrice weiß, dass Chetzkel ein paranoider brutaler und gewaltbereiter Herrscher ist, gibt es kein Gegenargument, dass diese Gefolgsleute nicht ihre Ziele erreichen und besetzte Planeten unterdrücken können. Beispiele genug hat der Leser während der hilflosen Suche nach dem Epetrans Archiv live miterleben können. Chetzkel ist in dieser Hinsicht kein negatives oder erfolgloses oder vorsichtig zu behandelndes Beispiel. 

Oliver Plaschka müht sich redlich,  wie auch Rüdiger Schäfer in seinem Vorgängerroman weiterhin zusammenfassend tätig zu sein. Wie angesprochen zu viel, zu hektisch, zu unlogisch, zu konstruiert und hinsichtlich der Charaktere zu eindimensional sollte „Showdown für Terra“ eher als einer von zwei Abschlussromanen einer insbesondere Altfans nicht unbedingt zufriedenstellenden, von zahlreichen Schwächen und Exkursen geprägten qualitativ zwiespältigen Ära Frank „Neo“  Borsch angesehen werden.

 

 

Pabel Verlag, Taschenbuch, 160 Seiten

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