Dan Shocker´s Macabros 12- Kaphoons blutige Tränen

Christian Montillon

Mit „Kaphoons blutige Tränen“ endet auf der einen Seite der Zyklus um die „Hierarchie des Grauens“ und wird auf der anderen Seite ein weiter Bogen zum Anfang der Serie „Der Monstermacher“ geschlagen. Wenn sich dieser Kreis schließt, dann kommt weniger Wehmut auf, als das Interesse im Leser, in welche Richtung sich die Serie hoffentlich nicht in Form eines „Neo“ Klons wie bei „Perry Rhodan“ weiter entwickeln kann. Es ist allerdings bezeichnend, dass das Rennen – im ersten Heftroman ist Björn Hellmark bei einem Autorennen nach einem Unfall ums Leben gekommen, um mit seinem Alter Ego Macabros wieder zu erwachen und auf Dämonenjagd zu gehen – nicht der emotionale Höhepunkt des Romans ist, sondern wenig spektakulär und emotional eher unterentwickelt erscheint. Björn Hellmark wirkt angesichts der teuflischen Prämissen zu wenig schockiert und geht auch zu wenig gegen die perfide Falle an, die ihm Rani auf seinem Weg zum sechsten Hauptdämon und der vagen Hoffnung, dass Mascada ihr Versprechen, Danielle wieder zum Leben zu erwecken, gestellt hat. Ebenfalls ist erstaunlich, dass Björn Hellmark im Gegensatz zu den zu sehr involvierten Lesern nicht zumindest die Idee hat, dass sein Rennwagen manipuliert worden ist, um das Schicksal ein zweites Mal in seinen Bann zu schlagen. Angesichts des jeweiligen Heftromanumfänge nimmt das Rennen auch im Vergleich zur Vorbereitung einen zu schmalen Raum ein. Natürlich ist es schwierig, insbesondere in einem Buch oder Heftroman ein visuelles Ereignis wie ein Autorennen oder jede Art von Sportereignis eindrucksvoll und packend zu beschreiben, aber im vorliegenden Fall hätte man sich ein wenig mehr Dynamik gewünscht. Ob Hellmarks überraschend vorsichtig passive Vorgehensweise inklusiv eines spürbaren Phlegmas Teil eines Plans ist, aus klassischer Reaktion im nächsten Roman auf Aktion umzuschalten, muss offen gelassen werden. In der vorliegenden Form wundert es den Leser doch, wie sehr Björn Hellmark das Wohl und Wehe seines langjährigen Freundes fast über das Schicksal der Menschenwelt stellt, die seit vielen Jahren beschützt.

Die Rennszene bildet inklusiv des etwas offenen, auf den nächsten mit „Die fliegenden Särge von Rha´loshem“ hinweisenden Zyklus einen zumindest interessanten, Björn Hellmark endgültig isolierenden Abschluss einer vielschichtigen Minichronik, in der vordergründig weiterhin an der Zerstörung des Status Quo gearbeitet wird. Nach „Kaphoons blutige Tränen“ ist im Grunde von Dan Shockers positivem Universum auch durch den Tod des weißen Priesters Al Nafuur nicht mehr viel übrig geblieben. Wahrscheinlich ist es leichter, ein bestehendes Universum in der ersten Phase der Neuinterpretation zu zerstören als wieder aufzubauen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die nächsten Romane nach einer entsprechenden Katharsis des „neu erschaffenen“ Protagonisten dieser Aufgabe widmen.

Handlungstechnisch präsentiert „Kaphoons blutige Tränen“ auf der einen Seite hinsichtlich des laufenden Zyklus relativ wenig und baut trotzdem den Mythos weiter aus. Rani ist blind vor Liebe zu Danielle und hofft naiver weise, dass er mit dem offensichtlichen Verrat am besten Freund Mascada zur Wiederbelebung seiner während der Hochzeitszeremonie verstorbenen Frau überreden kann. Angesichts der zahllosen Verrate dämonischer Antagonisten wirkt die Vorgehensweise ein wenig zu schematisch und zu stark konstruiert. Die Spannung auf dieser Handlungsebene wird in erster Linie durch die Möglichkeit erzeugt, das Rani doch ein As im Ärmel hat, welches ihm ermöglicht, zwei Fliegen förmlich mit einer Klappe zu schlagen. Die Hoffnungen sind allerdings nach Abschluss der Lektüre gering. Mascada überlässt ihm in erster Linie die Planung und mit der Arenawelt Llyrengora und der pulsierenden Stadt wird ein interessanter, ohne Frage auch ausbaufähiger Hintergrund erschaffen. Aber trotz dieser Aspekte ist die eigentliche Handlung des hier vorliegenden zweiten Teilromans „Llyrengora- in die Dunkelheit“ zu dünn, um allein stehend überzeugen zu können.

Aus sehr langen Rückblenden besteht der erste Teilroman „Kaphoons blutige Tränen“. Dieser Artefakt soll während des Rennens bei der Vernichtung Björn Hellmarks eine wichtige Rolle spielen. Dem faszinierten Rani wird von seiner neuen Dämonenherring vor Augen geführt, unter welchen Opfern die weißen Priester diese geheimnisvolle Waffe insbesondere während einer Überfahrt durch ein Meer voller Gefahren verteidigt haben. Auch wenn die Rückblenden auf den ersten Blick zu lang erscheinen, sind sie stimmungsvoll und interessant beschrieben worden. Nicht umsonst erinnert die Struktur an ein wenig an Ray Harrihausens „Sinbad“ Filme, in denen die überforderten Seeleute bzw. in diesem Fall Priester mit einer tödlichen Herausforderung nach der nächsten konfrontiert worden sind. Dabei stören fast die Zwischenschnitte auf den erstaunlich passiven Rani. Es wird mit wenigen Pinselstrichen eine kontinuierlich dunkler werdende Atmosphäre aufbaut. Die Bedrohungen sind unterschiedlicher Natur und nicht so fort klar erkennbar. Wenn der Kompass durch an Bord befindliche Dämonen gestört wird, dann sind die Folgen genauso unabsehbar wie die gigantischen Tiere im Laderaum, die in ihrer Verzweifelung nicht den Menschen, sondern ihren Instinkten folgen. Im Gegensatz zur Haupthandlung des zweiten Bandes stört die Rückblendenstruktur erst einmal den Spannungsaufbau, da der Leser das Ergebnis, wenn auch nicht die Details der Suche nach Kaphoons blutigen Tränen kennt. Auf der anderen Seite ist diese Handlungsebene so interessant, vielschichtig und stellenweise brutal geschrieben worden, das diese Schwäche solide ausgeglichen wird.

Zusammengefasst hat der Minizyklus um die „Hierarchie des Grauens“ ohne Frage sehr gut angefangen und findet einen vorläufigen Höhepunkt im dunklen, den Kreis zumindest in der Theorie schließenden Cliffhangar des vorliegenden Romans. Auf der anderen Seite bleiben allerdings auch sehr viele Fragen – hält Mascada ihr Versprechen ? – frustrierend offen, die zumindest vorläufig in diesem inhaltlich insbesondere im Vergleich zu den extrem kompakt komponierten ersten Bänden der „Zauberkreis“ Fortführung ein wenig zu gedehnten Doppelroman ohne Problem hätten beantwortet werden können. Nicht selten retten sich der/ die Autoren – Christian Montillon ist weiterhin als Lektor aufgeführt – mit einigen Dialog lastigen Floskeln über die Seiten, anstatt den Plot intensiver und temporeicher auf das Finale zuzusteuern. Es kommen einige lieb gewordene Nebenfiguren noch einmal zu Wort, ohne das sie insbesondere im zweiten Teilroman Björn Hellmark positiv begleiten können. Auf der anderen Seite wünscht man sich eine intensivere Zeichnung der Dämonen, die jetzt gegen den eigenen „Willen“ mit Rani zusammenarbeiten müssen. Auch der schon angesprochene Monstermacher aus dem ersten Band tritt nur als Cameo auf. Es wäre interessant, seine Reaktion auf die ihm zu bekannten Ereignisse abzulesen. Diese Nebenfigurenmechanik enttäuscht ein wenig, zumal ausreichend Raum für kleinere Brandherde gewesen wäre. Auf der anderen Seite zeichnet sich der vorliegende Macabros Roman durch die dämonische Exzentrik aus. Spielwelten gibt es in der Science Fiction ausreichend, aber die Mischung aus dämonischen „Mad Max“ und „Speedracer“ inklusiv mancher Parodie auf die vorherrschenden Klischees belebt das Ende des Buches, auch wenn insbesondere Björn Hellmark blass erscheint und strukturell der Doppelband unglücklich mit einem zu langen Auftakt und einem zu abrupten Ende konzipiert worden ist.  

 

 Trotz der vorhandenen unnötigen Längen ist „Kaphoons blutige Tränen“ aber ein interessanter Zwischenschritt in der neuen „Macabros“ Serie, der auf einem stilistisch ansprechenden, aber nicht mehr so stark an Dan Shockers einzigartigem Stil angelehnten Niveau solide unterhält und einige offene Flanken für eine hoffentlich nicht mehr so einseitig destruktive Fortsetzung der Serie offen lässt. Insbesondere aber im Vergleich zu einigen deutlich schwächeren Bänden der „Hierarchie des Grauens“ überzeugt „Kaphoons blutige Tränen“ durch eine gute Mischung aus neuen Ideen und alten „Bekannten“ sowie den Verzicht auf die teilweise ein wenig stereotyp wirkenden Duelle zwischen „Menschen“ und Dämonen zu Gunsten eines ganz großen Plans.      

Paperback, 207 Seiten

Erschienen im September 2013

www.zaubermond.de

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