Michelle Stern ist als Autorin des nur vordergründigen Abschlussbandes nicht zu beneiden. Im Grunde zeigt sich mit der Vorschau, das die Unterteilung von "Perry Rhodan Neo" eine Farce ist. Zu viele Fragen bleiben offen und die Handlung des nächsten Romans setzt unmittelbar an das höflich gesprochen frustrierende Ende dieses absolut enttäuschenden Bandes an. Frank Borsch zeigt seine Unfähigkeit als Exposeautor, auch nur den Hauch der ursprünglichen Serie in ein modernes Ambiente zu übertragen. Der Band strotzt vor Ambivalenz und Verzweifelung, die Handlung irgendwie abzuschließen.
Zum einen wäre da Crest Hinweis, dass er nur die Daten des Epetran Archivs hat. Gesetzt den Fall, das das kleine Kommandounternehmen getrennt worden wäre, bedeutete das das Ende der Expedition, der Erde und dem bekannten "Neo" Teil. Das sich Crest auch noch ambivalent verabschiedet und Rhodan zusichert, das nichts weiter passieren wird, frustriert die Leser. Erst wird Spannung aufgebaut, die dann verpufft.
Viel schlimmer ist der Plan, den sich Rhodan und Co. ausdenken. Da der Regent mit 178 Raumschiffen passend direkt vor der Nase materialisiert ist, möchte man ihn entweder entführen - Perry Rhodan - und zur Erde bringen (!!!), während Atlan, Matsu und Belinkhar eher für ein Attentat sind. Dieser Plan ist schon hirnrissig, da die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, das eine kleine Handvoll von Männern und Frauen unter der Ausnutzung von Goratschins Gaben den mächstigsten Mann des bekannten Universums ermorden könnten. Diese Vorgehensweise ist schon moralisch zweifelhaft, aber Rhodans Entführungsplan setzt dem Ganzen wirklich die Krone auf. Mit einem geliehenen Schiff zu fliehen und damit die ganze Erde in Gefahr bringen. Die Wahrscheinlichkeit ist zu groß, dass Arkon nicht im Bürgerkrieg untergeht - Atlan hat inzwischen eine sehr negative Meinung von seinen Mitarkoniden -, sondern sich an den Verbrechern erst einmal rächt. Ein gemeinsamer Feind kann sehr gut zusammenschmieden.
Unabhängig von dieser schwachen Prämisse wird ausgesprochen lange diskutiert, während sie verzweifelt versuchen, einen Plan herauszuarbeiten. Der Regent verkündigt auf dem schönen, ehemaligen Rüstungsplaneten Arthek 17, dass die Gefahr durch die Methanatmer wieder aufgeflammt ist und er das Kriegsrecht verhängen muss. Die Angst vor den ehemaligen Erzfeinden scheint aber den Handelsinteressen zumindest der Aras im Wege zu stehen, denn sie regen sich künstlich auf. Jahrzehntelange gut als Mediziner verdient wären sie jetzt quasi zwangsverpflichtet. Erstaunlicherweise rücken die menschlichen Verschwörer nach Bekanntwerden dieser Gefahr, die Atlan immer noch hautnah wohl bewusst sein muss, nicht von ihrem Plan ab. Ein destabilisiertes Imperium hätte den Angreifern gar nichts mehr entgegenzusetzen. Unabhängig von der Tatsache, das niemand wirklich weiß, ob die Methans zurück sind oder der Diktator ein Ablenkungsmanöver startet, was die Suche nach dem Gral dann allerdings überflüssig gemacht hätte. Für die Topsider wird diese vergessene Wunderwaffe nicht benötigt. Ohne Berücksichtigung der Frage, ob die Methans nach mehr als zehntausend Jahren nicht entsprechende Abwehrmechanismen entworfen haben. Aber diese Feinheiten zu diskutieren, macht leider bei „Neo“ wirklich keinen Sinn mehr.
Aber es gibt damit der Plot nicht gleich zusammenbricht noch das eben angesprochene Problem, das gelöst werden muss. Frank Borsch macht den Lesern wirklich weiß, dass das Imperium von zehntausend Jahren nur mittels einer Wunderwaffe - der Konverterkanone - den Sieg gegen die Methanatmer errungen hat. Diese Pläne sind verschwunden und der Regent erhofft, sie in der Unterwelt von Arthek 17 zu finden. Alleine die Idee, dass plötzlich nicht nur allen Pläne verschwunden sind, sondern das das Imperium eine derartig mächtige Waffe "verlieren" könnte, spotten jeglicher Beschreibung. Alleine könnte der Leser akzeptieren, das sich märchenhaft diese Waffe nach ihrer Nutzung aufgelöst haben. Auf allen Schiffen und das gleichzeitig. Und das in allen Computern die Pläne gelöscht worden sind. Diese Tatsache ist eher unwahrscheinlich.
Wie aber der Regent mit Atlan und Co. im Gepäck die Pläne sucht, erinnert an eine Geschichte der Gebrüder Grimm. Er verfügt über einen Schal der Prinzessin Crysalgira, Atlans ehemaliger Geliebten. Ihr Leichnam liegt "einbalsamiert" in einem Glassarg, bewacht von einem von Atlans ehemaligen Rivalen um ihre Gunst. Der ist nicht unsterblich, sondern verfügt über einen Cyborgkörper. Bei der Bergung der Daten geht natürlich einiges schief und während des Showdowns erscheint Ernst Ellert, um die inzwischen sanft entschlafenen Leser und damit die Protagonisten mit einer weiteren frustrierend umfassenden Botschaft zu warnen. Wieder wird eine Figur im kosmischen Schachspiel noch benötigt. Dieses Mal ist es schockierend zu spät, wobei der Leser mit der Frage zurückbleibt, ob noch DER Regent benötigt wird oder ob EIN Regent reicht. Spielt im Grunde auch keine Rolle mehr.
Es ist unglaublich, was Michelle Stern nach einem der schlechtesten Exposes der "Neo" Serie wirklich hier abliefern muss. Stilistisch zumindest noch ansprechend geschrieben findet sie wenig Bezug zu den Charakteren. Atlan befindet sich auf einer Art Egotrip, wobei zwischen den Zeilen zugegeben wird, dass er zehntausend Jahre auf der Erde mit kurzen Unterbrechungen geschlafen hat. Der Rivale ist wenig hilfreich, steht in entscheidenden Moment mit einem schockierten Gesicht herum und wird ebenso eliminiert wie sich Sergh und Stiqs in letzter Sekunde retten können. Zu den Tiefpunkten des Romans gehört zum Beispiel die Überquerung eines kleinen unterirdischen Sees. Die Arkoniden nehmen zwei der drei Boote, wobei jeder einzeln eines steuern könnte. Zuerst sollen die Helfer nur eine mögliche Falle - für eine zweite Falle reichen die Boote nicht mehr - auskundschaften, während den Menschen wie durch Zufall das dritte, natürlich zurückgelassene Boot zur Verfügung steht. Atlan entreißt dem im Grunde funktionsunfähigen Chergost Roboter quasi den Strahlenkarabiner - wo ist seine eigene Waffe geblieben -, wobei der Roboter ja kurze Zeit vorher desintegriert worden ist. Wie gut, dass dabei die Waffe nicht beschädigt worden ist. Atlan rangelt mit Ernst Ellert, der zum ersten Mal seit ewigen Zeiten aus dem Nichts kommend und wahrscheinlich im Nichts wieder verschwindend gänzlich materialisiert -ohne weitere Erklärungen - und kann schließlich den überforderten Regenten töten.
Ach ja, die aus dem Hut gezauberte perfekte Kopie des Regenten konnten Rhodan und Co sofort erkennen, da das Original einen Schal getragen hat. Zu viel zum Thema Tarnung. Im Gegensatz aber zu anderen Autoren versucht Michelle Stern seine niemals vorhandene Führungsstärke zurückzugeben. Entschlossenheit sieht anders aus, aber zumindest folgt man dem Trend, die eigentliche Titelfigur aus dem Abseits zu holen und ins inhaltliche Chaos zu stürzen. Königssturz und Märchenaspekte sollten als Charakterisierung dieses wirklich ärgerlichen Romans ausreichen.
Pabel Verlag
Taschenheft, 160 Seiten
Juli 2013