Die Tiefseetaucher

Originaltitel: 
The Life Aquatic with Steve Zissou
Land: 
USA
Laufzeit: 
119 min
Regie: 
Wes Anderson
Drehbuch: 
Wes Anderson, Noah Baumbach
Darsteller: 
Bill Murray, Owen Wilson, Cate Blanchett, Anjelica Huston, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Seu Jorge
Kinostart: 
17.03.05

Der abgehalfterte Meeresforscher Steve Zissou hat eben seinen besten Freund durch einen noch nicht klassifizierten Hai verloren. Dennoch fehlen ihm die Beweise für seine Existenz, also macht er sich mit seinem Team Zissou und seinem Schiff, der Belafonte, auf Haijagd, die er dokumentarisch auch begleitet. Zu allem Überfluss taucht kurz vor Missionsstart sein unehelicher Sohn Ned Plimpton auf und die schwangere Reporterin Jane Winslett-Richardson stellt alles auf dem Kopf. Und als wäre das noch nicht genug, versucht Zissous Nemesis Alistair Hennessey ihn bei jeder Möglichkeit in die Pfanne zu Hauen. Eine halsbrecherische Odyssee nach Rache, der Finanzierung, Piraten, Liebe, Vater-Sohn-Beziehungen und Anarchie hat begonnen!


Filmkritik:
von Falk T. Puschmann (für SF-Radio.net)

Was ist „die Tiefseetaucher“? Eine Komödie? Eigentlich passiert nichts wirklich witziges, dennoch lacht das Publikum! Ein Drama? Auch nicht so ganz. Zwar stehen hier die Beziehungen der Charaktere im Vordergrund, doch wird alles so überzeichnet, dass es schwer ist, das Ganze ernst zu nehmen. Phantastisch Kino? Ja und Nein, den zwar sehen wir vieles, dass eher ins Reich der Phantasie, als in die Wirklichkeit gehört, doch wandert der Film eher auf dem Spuren des Kultforschers Jacques Cousteau, denen eines Fantasiefilms.

Kurz um, der Film ist ein echter Wes Anderson, denn er hat von allem irgendwie etwas, aber auf der anderen Seite auch nicht. Gut, analysieren wir das Mal:

Die Regie:
Das 36-jährige Regiewunderkind Wes Anderson ist seit jeher für seine skurrilen Kinoabenteuer, die er auch selbst schreibt, bekannt. So führte uns Beispielsweise „Rushmore“ von 1998 in den Ort gleichen Namens und erzählte die Dreicks-Liebesgeschichte zwischen einem Schüler, seiner Lehrerin und einem hiesigen Großindustriellen. Der ebenfalls von skurrilem Humor gezeichnete Film, stellte auch die erste Zusammenarbeit Andersons mit dem Komiker Bill Murray dar, der seither aus keinem Anderson-Film mehr wegzudenken ist. Der Nachfolgerfilm „the Royal Tennenbaums“ erzählte die Geschichte eines dem tot geweihten Familienpatriarchen, der noch ein letztes Mal seine kauzige Familie, um sich versammelt. Der genial von Gene Hackman verkörperte Royal Tennenbaum weist auch einige marginale Ähnlichkeiten zu Murrays Zissou auf. Beides Väter, die um ihre Familie kämpfen müssen. Dabei setzt Murray aber noch einen drauf, den Anderson schrieb ihm die Rolle quasi auf den Leib. Was uns gleich zum nächsten Punkt führt, dem Schauspielerenseble.

Der Cast:
Allen voran steht diesmal der Oscar nominierte Golden Globe Gewinner Bill Murray. Der 1950 geborene Murray begann Mitte der 70iger seine Karriere, wie viele andere US-Comediens auch, bei „Saturday Night Life“. Es folgten einige Kalauerkomödien, wie „Babyspeck und Fleischklößchen“ („Meatballs“) und die Golferklamotte „Cadyshack“. Spätestens aber mit seiner Rolle des Paranomal-Wissenschaftlers Dr. Peter Venkman in den „Ghostbusters“-Filmen Ende der 80iger, Anfang der 90iger, erreichte er endgültig Kultstatus. Die 90iger markierten für Bill Murray einen großen Umbruch, so wurde er vermehrt in ernsthaften Produktionen, wie „Sein Name ist Mad Dog“ („Mad Dog and Glory“,1993) als finsterer Pate - an der Seite von Robert de Niro und Uma Thurman - oder in Burtons „Ed Wood“ (1994) als Bunny Breckinridge. Dabei wandelte er sich Zug um Zug vom Hauptakteur in Komödien zum Nebenheldenstar in Independent Produktionen. 2003 wurde dann das Jahr des Bill Murray. Neben einer Oscarnominierung für das Drama „Lost in Translation“, den er zwar leider nicht bekam, erhielt er für die gleiche Rolle den „Golden Globe“ der Hollywood Foreign Press Association. „Die Tiefseetaucher“ ist sein 42. Film und stellt seine dritte Zusammenarbeit mit Wes Anderson dar.

Ein weiterer Anderson-Liebling ist der Mime Owen Wilson, der diesmal den anfänglich Stocksteifen außerehelichen Sohn von Meeresforscher Zissou gibt. Dabei erweist sich seine Besetzung als wahrer Glücksgriff, den die Chemie zu Murray stimmt. So gelingt es beiden beeindruckend den Vater-Sohn-Konflikt mit Leben zu erfüllen.

Die Australierin Cate Blanchet spielt die nach außen unterkühlte, nach innen zerrüttete, schwangere Reporterin Jane, die aus Verehrung Ihres Jugendhelden Steve Zissou eine Titelstory schreiben will, um ihm aus dem Karriereloch zu helfen. Dabei sorgt sie für reichlich Zündstoff zwischen Ned und Steve, die beide ein Auge auf sie geworfen haben. Und was ist mit dem Vater des noch ungeborenen Kindes? Von Scorseses „the Aviator“, bis zum „Herrn der Ringe“ beweist Blanchet, dass sie einfach alles spielen kann. Eine klasse Aktrice, die von ihrem Zenit noch weit entfernt ist.

Oscargewinnerin Angelica Huston ist schon ein alter Haase im Showgeschäft und hat auch schon mit Anderson gearbeitet. Hier spielt sie Eleanor Zissou, Frau von Steve und Kopf der Crew. Auch wenn die Ehe langsam in die Brüche geht, steht sie loyal an Steves Seite. Ohne sie wäre die Belafonte hoffnungslos verloren, auch wenn Steve das nie offen zugeben würde. Pikantes Detail. Eleanor ist die Exfrau von Alistair Hennesey, Steves Erzfeind und ebenfalls Meeresforscher. Das führt an vielen Ecken und Enden zu Reibereien, die im Laufe des Film zu bereinigen sind.

Der schmierge High Society Forscher Alistair Hennesey wird von Jeff Goldblum verkörpert. Dabei fügt sich Goldblum wesentlich besser in diese Rolle, als seine Helden in Blockbustern wie dem Dinoepos„Jurrasic Park“ oder der Krieg-der-Welten-Mär „Independence Day“. Auch wenn Alistair irgendwie eher ein Nebendarsein als Charakter fristet, hat er doch so seine Momente. Am Ende zeigt sich aber, dass er wesentlich mehr Probleme als Steve hat und vom schönen Schein nicht viel bleibt.

Willem Dafoe kennen wir vor allem aus ernsten Rollen wie „Der Englische Patient“ und oft muss er als Bösewicht in Filmen wie „Spiderman“ herhalten. Hier darf er einmal sein komödiantisches Talent beweisen. Der gebührte Schwabe Klaus Daimler ist Steves treu ergebener Maschinist, der sich als eigentlicher Sohn von Steve fühlt. Dabei gerät er regelmäßig mit Ned aneinander, der oftmals gar nicht weiß was ihm passiert. Dennoch wäre ohne Klaus die Belafonte, nicht die Belafonte! Brilliert Daffoe im Orginal mit einem herrlichen deutschen Akzent, ist er in der Deutschen Synchro wirklich Schwäbisch zu hören, was ein weiteres skurriles Element des Films entstehen lässt.

Die Story:
„Die Tiefseetaucher“ ist ein bunter Bilderbogen an unterschiedlichen und mal mehr, mal weniger skurrilen Momenten. Wir haben Steve Zissou als abgehalfterten Jacques Cousteau-Verschnitt, der seit Jahren kein Fuß mehr auf den Dokumentarfilmer Boden bekommt. Seine letzten Werke sahen eher wie Slapstickklamoten als ernsthafte, wissenschaftliche Abhandlungen aus. Dazu treffen ihn der Tod seines Langjährigen Freundes und Mentors Renzo Pietro und das die Leute Steve unterstellen, seinen Tod als Marketinggag für seinen neuen Film inszeniert zu haben. Dazu taucht auf einmal sein nie gewollter Sohn Ned auf und Steve muss sich widerwillig in einer neuen Rolle versuchen, als Vater. Auch macht im seine Frau Eleanor Schwierigkeiten und die an Bord geholte schwangere Reporterin Jane Winslett-Richardson lässt ihn abblitzen.

Um das Blatt zu wenden begibt er sich auf die Suche nach dem Hai, der seinen Freund gefressen hat, aber sowohl sein Nemesis, als auch der Hai und eine Horde Hochseepiraten versuchen ihm die Tour zu vermasseln. Am Ende muss er zum Held werden, seinen Buchhalter befreien und einen Film drehen. Klingt verwirrend, ist es auch, aber dabei herrlich unterhaltsam. Anders als die Tragikkomödie „About Schmidt“ die Jack Nickolson auf eine Midlifecrissestour führt und dabei eher tief deprimierend, als unterhaltend ist, geht man mit einem guten Gefühl aus „Die Tiefseetaucher“. Auch wenn die Story und deren Umsetzung alles andere als Mainstream ist und wirklich nicht jedermanns Geschmack, hat er Stoff aus dem die Träume sind das Potential zum Kultfilm.

Die Musik:
Zum Kultpotential trägt auch die Score des Films bei, die aus einer Mischung aus Pop und Elektromusik zusammensetzt ist und sogar einige symphonische Passagen hat. Ein kluger Schachzug war dabei, den Musiker Seu Jorges als Crewmitglied Pele an Bord zu holen, der in regelmäßigen Abständen mit seiner Gitarre auf dem Oberdeck sitzt und alte David Bowie-Songs zum besten gibt.

Fazit:
Ein Film den man schwer in eine Schublade stecken kann. Die tolle Cast, die kultige Musik und die anarchische Story tragen ihren Teil bei. Eine Mischung, die man mag oder nicht. Für Freunde des „etwas anderen Film“ ein Muss, für Independence Fans ein Kultstreifen, und für mich persönlich ist 118 Minuten lange Cousteau- Hommage beste Unterhaltung! Wir tauchen uns im Kino!

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