Durango 17 "Jessie"

Yves Swolfs

Mit dem siebzehnten Album “Jessie” wechselt “Durango” noch einmal in Deutschland den  Verlag.  Seit 1981 veröffentlichten „Edition des Archers“,  der Norbert Hethke Verlag sowie Reiner Feest die Geschichten. Der Splitter Verlag reihte sich mit dem dreizehnten Album ebenfalls in die Reihe der Verlage ein. 2008 startete Kult Editionen eine Neuausgabe. Splitter Verlag wird die bisher veröffentlichten Alben aber in einer Gesamtausgabe noch einmal zusammenstellen und somit die ganze Serie vorrätig halten.

Autor der Serie ist weiterhin Yves Swolfs. Anfänglich hat er die Bände geschrieben und gezeichnet. Erst später gab er den Stift an Thierry Giroud ab. Jetzt hat mit dem vorliegenden Album Iko die Zeichnungen übernommen. Von der ersten Geschichte an „Hunde heulen im Winter“ zieht sich ein sehr starker Einfluss des Italo Western durch die Serie, obwohl die Geschichte erst auch für den Italo Western im Jahre 1896 beginnt. Durango Long ist nur formal ein Antiheld. Ein Revolvermann, der trotzdem auf eine bizarre Art und Weise Recht und Ordnung respektiert.  Zeichnerisch versuchten sowohl Swolf als auch Giroud den „Leutnant Blueberry“ Wegen zu folgen, wobei inhaltlich einige Passagen insbesondere der ersten Alben auch Antonio Hernandez Palacios „Mac Coy“ als Vorbild genommen haben.

„Jessie“ ist das Italo Western Gerne betrachtend eine geradezu klassische, aber auch in einigen Abschnitten klischeehafte Geschichte. Durango erholt sich von seinen Wunden in einer kleinen Stadt bei seinem Freund, dem Sherrif Larry Haynes. Durango beobachtet, wie eine junge attraktive Frau namens Jessie vom Saloonbesitzer Elmers geschlagen und auf die Straße getrieben wird. Anscheinend hat sie seinen Schreibtisch durchsucht. Haynes nimmt sie in Schutzhaft. Er will sie in der nächsten Postkutsche zum Bahnhof begleiten und dort in den Zug setzen. Die Kutsche wird überfallen, die junge Frau entführt und Haynes schwer verletzt. Durango macht sich auf die Suche.

Im Gegensatz zu Durango weiß der Leser, dass die Hintergründe nicht ganz so einfach sind. Eine Gruppe von Banditen tötet eine Familie irischer Einwanderer – Swolf geht gegen das Klischees der hart arbeitenden Europäer an, in dem er die Iren als debil und brutal zeichnet -, weil sie an einer bestimmten Stelle nach einer bestimmten Kiste gegraben haben. Die Banditen wollen auch gerne mit dem Saloonbesitzer Elmers in Kontakt treten, der im Gegensatz zu seiner Frau/ Geliebten anscheinend mehr über den Hintergrund der Kiste weiß. Es kommt zu einer finalen Konfrontation auf den letzten Seiten der ausgesprochen geradlinigen Geschichte.    Wer genau die Bilder betrachtet, wird in mehrfacher Hinsicht ein wichtiges Vorbild erkennen. Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“. In einem Bild wird der Schurke genauso dargestellt wie Henry Fonda in diesem Meilenstein des Western. Die im Mittelpunkt stehende Frau Jessie ist eine sehr attraktive Opportunistin, die dem Pfad ihres nicht unbedingt ehrlich lebenden Vaters folgt und genau weiß, dass er in einen Überfall verwickelt worden ist. Ihr geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um die Chance, mit ein wenig Mühe schnell reich zu werden. Dabei geht sie nicht unbedingt über Leichen, biedert sich aber jedem zur Verfügung stehenden Mann mehr oder minder willig an. Selbst die erzwungene Liebesszene aus Leones Streifen findet sich in einer ein wenig anderen Konstellation im Comic wieder.

Das Finale muss natürlich auf einem Friedhof stattfinden, wobei Swolf auch einigen anderen Italo Western das paranoide Misstrauen innerhalb der Banditengruppen übernommen und blutig extrapoliert hat. Geschickt reduziert er zuerst die Gangster, wobei es hier sich um eine Wiederholung innerhalb der Handlung handelt.

Aus den eher amerikanischen Western stammt der ehrbare Sherriff, dem es in seiner kleinen Stadt um Recht und Ordnung geht. Auch Durango erscheint nach seinen ersten Auftritten in der Tradition Sergio Corbuccis "Silence" Charakter aus "Leichen pflastern seinen Weg" inzwischen  eher wie ein ambivalenter recht schaffender Revolvermann. Wenn er am Ende die Schurken und Jessie belehrt, dann erscheint diese Vorgehensweise konträr. Durango ist zu einem Mann geworden, der schnell mit der Waffe ist, aber niemals unnötig tötet. In dieser primitiven Gesellschaft wirkt er inzwischen wie ein bunter Hund. Aber Swolf bemüht sich, dem Antihelden trotzdem in erster Linie durch seinen Ruf ein wenig mehr Tiefe zu geben, ohne ihn zu seicht erscheinen zu lassen oder gar seine gegenüber Gangstern immer wieder durchscheinende Gefährlichkeit zu unterminieren. 

Die Nebenfiguren sind in erster Linie pragmatisch charakterisiert worden. Vor allem beschäftigt die Geschichte vor allem das Auge durch die für die Serie bekannten sehr guten Hintergrundzeichnungen, welche den alten vertrauten amerikanischen Frontier Western allerdings mit dem angesprochenen italienischen handlungstechnischen Einschlägen zum Leben erwecken.  „Durango“ orientiert sich inhaltlich auch noch inzwischen siebzehn Alben noch immer sehr stark, vielleicht in einigen Momenten sogar zu stark an den Vorbildern, aber die bald wieder komplett lieferbaren siebzehn Alben zusammen betrachtet sind trotzdem eine über fast dreißig Jahre entstandene interessante und vielschichtige Western Geschichte, die mit „Jessie“ zumindest optisch um eine interessante wie wandelbare Femme Fatale mit Engelsgesicht bereichert worden ist.   

Autor

Yves Swolfs
ZeichnerIko
EinbandHardcover Splitter Verlag
Seiten48
Band17 von X
Lieferzeit3-5 Werktage
ISBN978-3-95839-459-9
erschien am:01.11.2016
Kategorie: