Die bunte Welt der Groschenhefte: Piraten, Schätze, Abenteuer

Die bunte Welt der Groschenhefte, Piraten
Hartmut Muche und Heinz J. Galle

Die Herausgeber Hartmut Muche und Heinz J. Galle beginnen in ihrer in sehr schönen Hardcovern gedruckten Reihe über die verschiedenen, in erster Linie vor dem Ersten Weltkrieg veröffentlichten Groschenhefte, bzw. Kolportageromane mit dem Thema Piraten. Auf dem Backcover schreibt Hartmut Muche kurz über den Markt im Allgemeinen. Die Blütezeit der Heftromane ist zwischen 1905 und 1914 gewesen. Es erschienen fast einhundert Serien mit einem geschätzten Jahresumsatz von 50 Millionen Reichsmarkt. Wer jetzt die verschiedenen Epochen des Heftromans nach dem Zweiten Weltkrieg umsatztechnisch dagegenstellt, wird ohne Frage auf ähnliche Summen oder mehr kommen. Die beiden Epochen sind aber nicht gänzlich vergleichbar, denn nach dem Zweiten Weltkrieg müssen dann neben den Heftromanen auch die Leihbüchern und bedingt auch die Taschenbücher mit einbezogen werden, die thematisch sich nicht unbedingt von den Fortsetzungsgeschichten unterschieden.

Im ersten Hardcoverband hat Hartmut Muche insgesamt 360 Titelbilder und Innenillustrationen digitalisiert und vor allem auch im Rahmen dieses Prozesses restauriert. Verschiedene Sammler haben ihre Exemplare für diesen Prozess zur Verfügung gestellt, da es anscheinend keine Komplettsammlungen in einer Hand gibt. Das Lesevergnügen wird dem Betrachter der vielen sehr sorgfältig zusammengestellten und abgedruckten Titelbilder vor enthalten, aber die einzelnen Romantitel und ihre „bewegenden“ Bilder geben zumindest einen soliden Eindruck der Geschichten.

Der Sammler Heinz J. Galle führt den Leser in mehreren kurzweilig zu lesenden Kapiteln in dieses besondere Themengebiet ein, das immer ein Schattendasein im direkten Vergleich zu den publikationstechnisch erdrückend überlegenen Indianerstorys führte.

 Im Vorwort führt Heinz J. Galle Hartmut Muches Gedanken vom Backcover fort und erläutert noch ein wenig den Markt, bevor er auf einen der drei Themenschwerpunkte im nächsten Kapitel überleitet. Später geht er wieder zurück zu den Volks- und Jugendbüchereien. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, die einzelnen Subkapitel als Text nicht zu Beginn zu sammeln, sondern den jeweiligen Titelbildgalerien voranzustellen. Klaus Störtebecker – mehrfach als einziger deutscher Pirat bezeichnet – nimmt einen breiten Raum ein. Heinz J. Galle stellt die eher allgemeingültigen Fakten zusammen, wobei er einzelne Widersprüche nicht auflösen kann. In England erschienen im Jahre 1404 Gerichtsakten, drei Jahre nach Störtebeckers Hinrichtung. Es bleibt unbenannt, aus welchem Jahr diese Akten stammen. Historisch macht es sich Heinz J. Galle bei Kapitän Francis Drake leichter. Störtebecker ist ohne Frage ein Pirat gewesen, aber auch er hat in den verschiedenen Konflikten vor allem zwischen der Hanse und den Schweden immer wieder auch auf Kaperbriefe zurückgegriffen und damit einen Teil seines ungesetzlichen Handels legitimieren können. Insgesamt wirkt der Text zu kurz und zu oberflächlich. Einen gelungenen Abschluss hätte es nicht nur in diesem Kapitel gegeben, wenn Heinz J. Galle vielleicht zumindest einige wenige Hefte gelesen und deren Übertreibungen der spärlich vorhandenen Realität gegenüber gestellt hätte.

Es folgen noch zwei Kapitel wie „Franz Drake“, dem Erzpiraten und zu Kapitän Morgan „Unter schwarzer Flagge“. In beiden Kapiteln führt Heinz. J. Galle soweit vorhanden Realität und Fiktion aufeinander zu, wobei er zumindest andeutet, das diese auch bei Störtebecker erfolgte Heroisierung der Freibeuter in keinem Punkt ihrer durchaus auch vorhandenen Grausamkeit entspricht und viele „Fakten“ einfach ignoriert werden. Beide Kapitel geben einen deutlich bessere Überblick über das Leben der Vorbilder. Es gibt mehr Informationen, da fast vierhundert Jahre nach Störtebecker einfach besser dokumentiert worden ist und zumindest Kapitän Morgan auch Wert darauf legte, in der Öffentlichkeit durch gezielte Informationen als Ehrenmann angesehen zu werden. Auf der anderen Seite ist im Gegensatz zu Drake oder Morgan, die in ihren Heimatländern literarisch fast vergessen sind, Störtebecker ein Thema, das immer wieder unter anderem auch von H.G. Francis in einem Roman oder durch eine weitere Fernsehfilmadaption immer wieder aufgegriffen wird.

 Der Schwerpunkt sind aber die Titelbilder. Diese sind eine Augenweide. Im Kapitel Störtebecker haben die Herausgeber nicht nur die Titelbilder der deutschen Ausgabe in numerischer Reihenfolge exzellent abgedruckt, in einem weiteren Kapitel folgen die Innenillustrationen der spanischen Ausgabe. Sie geben einen vertieften Einblick in den Handlungsverlauf der einzelnen Bände. Abgeschlossen wird das Kapitel des deutschen Piraten mit einem Blick auf die internationalen Ausgaben.

Während der Abschnitt über Sir Francis Drake mit nur wenigen vorhandenen Titelbildern der „Blutfahrt der Flibustier“ eindrucksvoll, aber unvollständig ist, lebt der Band im letzten Kapitel förmlich auf.

Neben den einleitenden Seiten, in denen die Verlage ihre jeweiligen Serien und Helden förmlich anpriesen, finden sich bei den Abenteuer Kapitän Morgans in einem direkten Vergleich die deutschen Titelbilder und die Cover der französischen Ausgabe. Der Leser kann sehen, welchen Schwerpunkt die jeweiligen Herausgeber legten. Hinzu kommen die utopisch scheinenden U- Boot Abenteuer, weitere Titelbilder der deutschen Ausgaben und schließlich die internationalen Ausgaben. Diese Aneinanderreihung in verschiedenen Kapiteln ermöglicht es dem Sammler und Anhänger dieser populären Literatur, einzelne Ausgaben im Grunde aus drei titelbildtechnisch Blickwinkeln zu sehen.   Im Bonusmaterial verstecken sich nicht negativ gemeint Titelbilder einer spanischen Piratenserien.   

 Im textlichen Piraten Postskriptum wird der aufmerksame Leser einen erfolgreichen Zwitter aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg vermissen. Wer auf die „Piraten der Karibik“ eingeht, hätte zumindest die langjährige Pabel Reihe „Die Seewölfe“ erwähnen können, die zwar keinen klassischen Piraten als Helden hatte, deren Inhalt aber immer wieder sich dieser Stoffe bediente. Aber Piraten sind nicht immer populär gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte ja Hollywood eine Reihe von billigeren Piratenfilmen, während Roman Polanski und Co in den neunziger Jahren buchstäblich cineastisch Schiffbruch erlitten.

 Hinzu kommt im Anhang eine Veröffentlichungsübersicht der einzelnen Serien nach Ländern geordnet. So kann der Interessierte die zeitlichen Abfolgen erkennen und weitere Informationen den Titelbildern zu ordnen.

 Auch wenn der Einführungstext vor allem als allgemeine Einführung angesehen werden sollte und in einigen Punkten angesichts der Fülle von Titelbildern und offenen Fragen nicht zu sehr in die Tiefe geht, sind es die wunderbaren Titelbilder in drucktechnisch hervorragender Qualität, die eine genauere Betrachtung vom Leser gerade zu fordern. Immer wieder wird er auf einzelne Details stoßen und kann zumindest die Faszination spüren, welche diese Groschenhefte in den dunklen harten Alltag der einfache Menschen brachten und warum sie nicht nur vor dem Ersten Weltkrieg, sondern im Grunde auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine willkommene Ablenkung vom grauen Alltag darstellten. In einem Punkt wird diese außergewöhnliche Titelbildsammlung ihrem Serienbegriff auf jeden Fall gerecht. Es ist eine bunte Welt der Groschenhefte, die dem Leser mit einem speziellen Thema präsentiert wird.       

- Die bunte Welt der Groschenhefte -

Piraten - Schätze - Abenteuer

 

Bildband

mit über 360 farbigen Titelbildern.

 

Klaus Störtebecker - der gefürchtete Herrscher der Meere
Die Blutfahne der Flibustier - Kapitän Franz Drake der Erzpirat 
Unter schwarzer Flagge - Abenteuer des berühmten Piraten-Kapitäns Morgan
Internationale Ausgaben

 

Einführendes Vorwort vom bekannten Autor und Verleger Heinz J. Galle.

Softcover, 30 x 22 cm, 150 Seiten, komplett farbig.

Bestellung bitte an:

Hartmut Muche, Branntweingäßchen 1, 02625 Bautzen, Deutschland

h.muche@t-online.de

Tel.: 03591 / 30 69 61

 

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