Während das eine der beiden Nachwörter eher Wiederholungen technischer Vorgänge hinter den Kulissen behandelt, erklärt Rainer Nagel in dem anderen, warum bestimmte Drei- oder Vierteiler sich nicht für die Nachdrucke eigenen. Der Schwerpunkt der Zaubermondreihe liegt entweder auf inhaltlich abgeschlossenen Einzelabenteuern, dem Nachdruck von lose miteinanderverbunden Serien um einzelne Nebenfiguren oder schließlich wie im vorliegenden Fall mit „Das Erbe der Jahrtausende“ und „Die Pflanzen des Todes“ zwei Romanen, die im Grunde ein durchlaufendes Abenteuer sind. Die beiden PR Planetenromane erschienen als die Nummern 42 und 43 im Jahre 1967.
Das verbindende Element der im Jahre 2405, also dem Zeitalter der Expansion, spielenden Handlung ist die Figur des Sherpa Carmichael, der ohne Frage zu den am meisten charismatischen Schöpfungen Hans Kneifels gehört. Wie Rainer Nagel in seinem Nachwort deutlich herausarbeitet, bietet der erste Band - über weite Strecken ein Survivalabenteuer der Dramaturgie der Atlan Abenteuer folgend - keine Antworten auf die zahlreichen Fragen, die sich abseits der Mission ergeben. In der Fortsetzung „Die Pflanzen des Todes“ – der Titel ist unglücklich gewählt, da er einen wichtigen Teil der Pointe viel zu früh offenlegt – werden nicht nur die unmittelbaren handlungsspezifischen Punkte erläutert, Hans Kneifel blickt mit dem Leser in die nicht einfache unmittelbare Vergangenheit seines Protagonisten zurück.
Sherpa Carmichael ist im Grunde ein klassischer Held nicht nur Kneifel´scher Prägung, sondern entspricht allen Vorstellungen des Abenteuerkinos. Im Grunde eine überlebensgroße Figur ist er zu Beginn des Romans in einer schweren Krise. Er bekämpft diese mit Alkohol. Carmichael ist ein ehemaliger Schiffskommandant der Explorerflotte des Solarium Imperiums. Auf seiner letzten Mission hat er sieben Planeten untersucht. Sein erster Offizier Dashiel Falkayn hat aber die Daten gestohlen und ist mit einem Eingeborenenmädchen in die Wildnis geflohen. Auch Carmichael ist auf der Welt Eight Wombats zurück geblieben. Er lebt dort mit einer Eingeborenen zusammen. Falkayn dagegen versucht im Dschungel die legendäre MANETHO zu finden, ein Teil des Lemurererbes.
Gleich auf den ersten Seiten bevor die Mission losgeht, hat Hans Kneifel die wichtigsten Fakten zusammengefasst. Die „Fronten“ sind erklärt und der Bruch der Männerfreundschaft eindrucksvoll symbolisiert.
Da Hans Kneifel seine Figuren niemals lange im Tal der Tränen stehen lässt und sie sich meistens mit ein wenig anfänglicher Hilfe selbst aus dem Sumpf ziehen, wird Carmichael eine ungewöhnliche Mission geschenkt. Er soll 30 Testkolonisten ein Jahr lang schulen. Sie sollen später eine der von Carmichael entdeckten und untersuchten Welten- in diesem Fall Wollonggong - besiedeln. Zusätzlich als eine Art Bonbon soll Carmichael mit seiner Gruppe nach den im Dschungel verschwundenen Falkayn suchen.
Carmichael ist weder von seinen Rekruten noch der Mission anfänglich begeistert. Hans Kneifel dagegen sehr. Eindrucksvoll beschreibt er einen harten, aber auch fairen Carmichael, der selbst sich züchtigt. Er verzichtet auf Alkohol. Er versucht weniger mit seinen Rekruten eine freundschaftliche Beziehung aufzunehmen, sondern ihnen wirklich den potentiellen Überlebenskampf auf einer fremden Welt nahezubringen. Dabei greift er nicht selten in die psychologische Trickkiste und entlarvt jede Nachlässigkeit. Die Passagen sind unglaublich intensiv beschrieben worden. Hans Kneifel ist sich nicht zu schade, seinen Protagonisten aber auch zweifeln zu lassen. Nicht selten droht Carmichael an seinen eigenen Erwartungen zu scheitern. Für einen Perry Rhodan Roman der sechziger Jahre ungewöhnlich hilft ihm kameradschaftlich eine junge wie attraktive Frau.
In der Mitte zerfällt der Roman aber in zwei sehr unterschiedliche Teile. Die Begegnung mit den Amazonen inklusiv ihrer Königin Dembele wirkt eher wie das Wunschdenken eines Machos. Wie in Joseph Conrads „Hearts of Darkness“ wird Carmichael immer wieder berichtet, dass Falkayn offensichtlich verrückt von verschiedenen Einheimischen gesehen worden ist. Teilweise hat er auch Hilfe erhalten, aber die Skizzierung der Amazonen und ihrer zu sehr den irdischen Sagen entsprechenden Kultur reißen den Leser auch wieder aus dieser fiktiven, auf einer fernen herausfordernden Welt spielenden Geschichte. Hinzu kommt, dass die Testkolonisten viel schneller und ohne ein abgeschlossenes Training verschifft werden sollen. Hans Kneifel versucht auf den folgenden Seiten zu viel. Carmichael verlässt die Gruppe, um mit einer Handvoll Getreuer Carmichael zu stellen. Gleichzeitig will er trotz aller tödlicher Gefahren MANETHO entdecken. Das dahinter stehende Geheimnis kann der Leser erahnen, auch wenn der Autor eine Art „Deus Ex Machina“ Lösung präsentiert, die Carmichael wieder mit seinen Testkolonisten und deren neuer Welt verbindet.
Im Perry Rhodan Universum sind immer wieder Wunder gefunden worden, die nur in einzelnen Romanen außerhalb der fortlaufenden Serie verwandt worden sind. MANETHO gehört ohne Frage dazu. Diese ohne zu viel zu verraten abschließende Entdeckung steht aber auch in einem sehr starken, wahrscheinlich zu starken Kontrast zu den über weite Strecken so bodenständigen, auf die Charaktere und das Teambuilding zugeschnittenen Handlung.
Wie eingangs erwähnt reißt der rasant geschriebene erste Teil des Doppelbandes vor allem die Fragen auf, während der auch aufgrund der am Ende rückblickend nicht unbedingt originellen Grundidee schwächere zweite Band diese zu beantworten sucht.
Zwischen den beiden Romanen liegt ein Jahr. Carmichael ist nach einer unfreiwilligen Pause wieder an Bord des Forschungsschiffes VASCO DA GAMA unterwegs. Auf dem von ihm gefundenen und analysierten Planeten Wollonggog ist inzwischen die Kolonie entstanden. Die von ihm trainierten Männer und Frauen sind die Köpfe der neuen Siedlungen. Carmichael hat aber eine Sorge. Der längere Aufenthalt auf dem Planeten löste sowohl bei seinem ersten Offizier als auch ihm Wahnvorstellungen aus. Inzwischen erreicht die Aufenthaltszeit der Kolonisten die kritische Stelle.
Hans Kneifels Roman ist ja in der expansiven Sturm und Drangphase des Solaren Imperiums angesiedelt. Das Auffinden, Annektieren und schnelle Besiedeln von bewohnbaren Welten hat die Vorsicht in den Hintergrund treten lassen. Die Rücksichtslosigkeit seiner Vorgesetzten hat Carmichael schon in „Das Erbe der Jahrtausende“ aufgeregt. Jetzt kommen in dieser Fortsetzung zwei Punkte aus dem ersten Roman wieder zum Tragen.
Zum einen wird die Lemurerstadt MANETHO inklusiv des Kugelzugangs zu 299 neuen Welten – die 300. Welt ist die Erde – weiter untersucht. Zum anderen muss Carmichael die Kolonisten auf Wollonggog retten.
Da die Reise durch die Kugel nicht nur schnell den Raum überbrückt, sondern eine unbestimmbare Zeit kostet, erreicht Carmichael die Welt erst vor dem Ablauf der kritischen zweihundert Tage. Relativ schnell und zügig muss er mit der Evakuierung der Siedler beginnen, wobei er anfänglich die Siedler durch die Kugel zurückführen möchte. Abschließend kommt es in mehrfacher Hinsicht anders. Zum einen findet man durch einen Zufall die Ursache für das Wahnsinnigwerden nicht nur der Menschen, sondern auch der gesamten Tierwelt, zum anderen präsentiert sich relativ schnell eine abschließende Lösung.
In einem direkten Vergleich ist „Die Pflanzen des Todes“ deutlich schwächer. Während Kneifel neben der asketischen Ausbildung der neuen Kolonisten den Leser stellvertretend an Carmichaels Seite auf die Geheimnisse zugeführt hat und die Lemurer in der ganzen Serie ein mystisches Volk mit einer fast legendären Technik gewesen sind, muss der Autor in diesem Buch Antworten liefern. Und die fallen ihm deutlich schwerer. Die Kugel mit dem Zugang zu immerhin 300 Welten inklusiv der Erde ist ein Segen und eine Gefährdung der terranischen Sicherheit zugleich. Niemand weiß, ob nicht von der „anderen Seite“ eine Invasion der Erde durchgeführt werden kann. Technologisch erscheint sie auch zu fortgeschritten und wirkt eher wie eine mysteriöse Idee als eine Extrapolation der Lemurertechnik.
Auf Wollonggong überschlagen sich zu hektisch die Ereignisse. Der Leser wird überhaupt nicht in das „Leben“ der Kolonisten eingeführt. Carmichael handelt zu zielstrebig und seine Ideen werden mit Schwierigkeiten, aber effektiv relativ zügig als einzige Maßnahme umgesetzt.
Als charismatischer Charakter, ein handelnder Einzelgänger mit seiner Erfahrung kommt die Figur in dem Abschlussband deutlich zu kurz. Auch wenn er weiterhin im Mittelpunkt des Geschehens steht, fehlt ihm die verletzliche, die empfindliche und damit auch die so verführerische Seite des ersten Buches. Von einer Mission besessen, seinen großen Fehler auszumerzen, muss er in der Fortsetzung erkennen, dass sie vielleicht zu oberflächlich diesen Planeten untersucht und damit viele Menschen gefährden haben. Carmichael hat aber keine echte Zeit, über ihre Handlungen während der Erforschung des Planeten nachzudenken. Im ersten Buch hat er ausreichend gegen seinen Willen Zeit, weil er die Kolonisten ja ausbilden und mit ihnen durch die herausfordernde Natur reiten muss.
Auch wenn sich Hans Kneifel redlich bemüht, das Tempo hochzuhalten und vor allem einen zufriedenstellenden Abschluss zu erreichen, ist „Die Pflanzen des Todes“ eine nur noch solide Fortsetzung des allerdings in mehrfacher Hinsicht herausragenden und durch die zwischenmenschlichen Komponenten zeitlosen ersten Bandes „Das Erbe der Jahrtausende“.
Unabhängig von dieser inhaltlichen Schwäche ist aber die Wiederentdeckung alleine des kneifelschen Protagonisten Carmichael im Rahmen der Zaubermond Nachdrucke eine literarische Reise wert. Wie Rainer Nagel immer wieder erwähnt, machen diese abseits der Haupthandlung durchgeführten Exkursionen innerhalb der Planetenromane den Perry Rhodan Kosmos erst so rund, so vielfältig und so spannend.