James Bond 3: Hammerhead

Andy Diggle

“Hammerhead” ist der dritte James Bond Sechsteiler, den der Splitter Verlag zusammengefasst veröffentlicht.  Das Team hat gewechselt. Mit dem Briten Andy Diggle hat ein Autor der „2000 AD“ Schule das  Zepter übernommen.  In den USA hat er an Serien wie „Swamp Thing“, „Hellblazer“ und „Adam Strange“ geschrieben  sowie bei „Green Arrow“ das berühmte erste Jahr entwickelt.  2013 wechselte er zu „Dynamite Entertainment“ und verfasste unter anderem die Krimiserie „Uncanny“.

„Hammerhead“ – gezeichnet von dem noch ein wenig unerfahrenen Italiener Luca Casalanguida – ist ein sich an den James Bond Filmen der achtziger Jahre orientierender Plot, der allerdings den nicht mehr zeitgemäßen Roger Moore Humor durch die brutale wie dunkle Action Daniel Craigs ersetzt.

Der Antikapitalist Kraken möchte die britischen Trident Atomraketen unter seiner Kontrolle bringen. Der gigantische Konzern Hunt ist mit der Entsorgung der Waffen und ihrem Ersatz durch die eher ambivalenten „Hammerhead“ Rakten beauftragt.  Der erste Weg über einen Hacker absichtlich als cineastischer Prolog gestaltet scheitert und James Bond erhält nicht die notwendigen Informationen. Kraken dagegen scheint Einblick in die Abläufe des britischen Geheimdienstes zu haben.  Als „Strafe“ soll James Bond auf den Firmengründer Hunt und seine attraktive Tochter  Victoria aufpassen, die auf einer internationalen Waffenmesse ihre neusten Produkte präsentieren.

Bei einem Anschlag kommt Hunt ums Leben, mit Mühe kann er die Tochter retten. Aber es zeigt sich auch eine Spur, die über den Diebstahl einer Tridentrakete schließlich zu Kraken führen könnte.

Andy Diggle hat sich wie eingangs erwähnt Mühe gegeben, James Bond an die Gegenwart anzupassen. Zu den Stärken gehören einige interessante, aber auch sehr stark überdrehte Actionszenen beginnend mit dem Tod des Hackers über den Anschlag auf der Waffenmesse mit dem Hai als blutiger Abschluss bis zum finalen Showdown auf einer besonderen Plattform.  Die Szene mit Hunts Tod, dem Aufplatzen des gigantischen Aquariums und schließlich dem Tod der beiden Attentäter ist eindrucksvoll und packend.

Hinzu kommt, dass Diggle auch hintergrundtechnisch an den Stellschrauben des James Bond Universums dreht. Passend werden die geheimen Waffen der Doppel Null Abteilung nicht mehr in den eigenen Kellern gekauft, sondern von Großkonzernen produziert. Wenn sich der eigene Wagen gegen James Bond richtet, dann macht Diggle auf die neuen, aus der Computerwelt stammenden Gefahren aufmerksam, während er mit dem „007“ Kennzeichnen gleich wieder den Bogen überspannt. Hier liegt auch eine Schwäche der vorliegenden Geschichte begraben, denn im beschriebenen Ablauf wirkt die finale Auseinandersetzung zu sehr aus dem Nichts heraus produziert und sie greift auf eine latente Idee zurück, die in dieser Art und Weise nur im amerikanischen Actionkino funktionieren kann. Chip ist Chip.

Wie in „Vargr“ – der ersten neuen James Bond Geschichte -   muss James Bond im „allein gegen alle“ Szenario sich gegen eine Übermacht durchsetzen, welche selbst für die Abenteuer des britischen Agenten unwahrscheinlich erscheint. Die Daniel Craig James Bond haben diesen Hang zur Übertreibung ein wenig relativiert, während die Dynamite Comics in eine gänzlich andere Richtung gehen.

Natürlich sind James Bond Szenarios bis zu einem bestimmten Grad inzwischen auch inzwischen schematisch geworden, Der Oberschurke; die schöne Geliebte und eine globale Bedrohung.  Es gibt zwar unzählige Variationen, in denen diese Art der Geschichte erzählt werden kann, aber in erster Linie sind es nur vergleichbare Grundmuster.

In dieser Hinsicht ragt „Hammerhead“ nicht unbedingt positiv heraus. Zu viele Versatzstücke sind zu erkennen.  Eine Grundidee stammt mit dem Diebstahl des Atomsprengkopfs sowohl aus „Thunderball“ als auch „Never say never again“. Die Provokation eines internationalen Vorfalls ist in zu vielen James Bond Filmen benutzt worden, als das man sie noch erwähnen kann. Das der Verursacher und der Profiteur der Folgen die gleiche Person ist, erinnert an Christopher Walken in „A View to a Kill“.  Auch der sich bekehrende Schmuggler stammt aus „For your Eyes only“.   

Dieser kleinen Ähnlichkeiten ist sich Diggle anscheinend bewusst. Einige Figuren aus den alten Filmen baut er in wichtigen Nebenszenen ein. Natürlich ist die Art des Antagonisten für die Serie innovativ, wenn auch nicht unbedingt neuartig. Interessant ist, dass der Autor im letzten Heft nichts mehr mit seiner Figur anfangen und sie auf ein klischeehaftes Niveau der schwächsten James Bond Schurken reduziert.  In einem derartig  perfektionierten Plan wirken diese Fehler nicht fahrlässig, sondern absichtlich konstruiert, damit James Bond die Welt noch retten kann. 

Diggle setzt aber auch einige Ideen seiner Vorgänger weiter fort. So erhält Moneypenny nicht nur ihre dann wieder relativierten fünf Sekunden des Ruhm – begleitet von einem der besten Dialoge des ganzen Albums - , Diggle entwickelt die Figur konsequent weiter und zeigt die Paranoia hinter den Kulissen  der Geheimdienste.  Hinzu kommt seine Kritik am modernen politischen Kapitalismus. Politiker sind von Beginn an in Ian Flemings Universum in erster Linie feige Vertreter der Öffentlichkeit gewesen, die sich hinter den Männern an der Front und ihren Heldentaten versteckt haben.  Diese Position baut Diggle nicht nur mit dem unfähigen Verteidigungsminister, sondern auch der absurden und verrückten Idee hinter dem MacGuffin Kraken aus.

Es ist bezeichnend, dass in der modernen High Tech Welt mit dem lautlosen Tod aus der Ferne ein Mann aus dem Kalten Krieg wieder für Ordnung sorgen muss.

Zusammengefasst präsentiert Diggle vielleicht nicht den originellsten Plot und die James Bond Schuhe scheinen noch ein oder zwei Nummern zu groß, aber der Spannungsbogen verläuft wie es sich für die Serie gehört vor exotischen, mondänen Kulissen sehr rasant wie stringent. Die  teilweise originellen Actionszenen inklusiv ein/ zwei Doppelungen sind gut platziert. 

Luca Casalanguida folgt seinen Vorgängern mit einer in erster Linie dunklen Farbgebung und Variationen in der Bildgröße. Dadurch simuliert er Tempo und Dynamik, wobei auf der anderen Seite die Gesichter und die Wiedererkennung teilweise stark darunter leiden.  Es sind die Hintergründe, mit denen der Italiener die einzelnen Schauplätze einleitet, welche länger im Gedächtnis bleiben.  Leider passt er sich im letzten Heft Diggles Hektik zu sehr an, so dass „Hammerhead“ zusammen mit „Vargr“ ein durchschnittliches James Bond Abenteuer mit nur wenigen Höhepunkten ist, während “Eidolon“   aus der Feder Warren Ellis das bislang beste, modernste und effektivste neue James Bond Abenteuer aus dem Hause „Dynamite“ ist.   

 

ISBN:
978-3-95839-506-0
Erschienen am:
19.05.2017
Autor
Andy Diggle
Zeichner
Luca Casalanguida
Einband
Hardcover, Bookformat
Seitenzahl
144
Band
3 von X
Kategorie: