Mit „Totentanz“ legt die Bastei Gespenster Krimi Reihe einen serienunabhängigen Einzelroman neu geschrieben von Logan Dee alias Uwe Voehl vor. Die einzigen bislang neu veröffentlichen Bände gehörten zur „Schattenchronik“.
Wie die klassischen Horrorromane erzählt Uwe Voehl diese Geschichte aus der Ich- Erzählerperspektive des Arztes Jean- Claude, der aus Liebe zu seiner Frau vor einem Jahr wieder in deren Heimat in den Bergen gezogen ist, um eine Praxis zu eröffnen. Der ganze Roman wird bis zum fatalistisch bitteren Ende aus seiner subjektiven Sichtweise erzählt. Jean- Claude ist kein unzuverlässiger Erzähler. Alle übernatürlichen Phänomene zu Beginn der Handlung sieht er nicht alleine, eine Freundin seiner früh verstorbenen Frau ist dabei. Diese Vorgehensweise ist interessant, weil in der zweiten Hälfte des Romans der Leser endgültig an diese dunklen Geheimnisse herangeführt wird.
Jean Claudes Frau stirbt an Leukämie. Selbst nach dem Tod hört er weiterhin ihre Stimme. Keine Seltenheit bei Jean Claude, denn schon seit dem frühen Tod seiner Schwester hatte er eine besondere Verbindung zu den Toten und hat sich mit ihnen unterhalten. Nähere Erläuterungen zu diesem Phänomen gibt es nicht.
Beginnend mit diesem Phänomen und anfänglich sich an den bekannten Gerüststangen des Genres entlang hangelnd entwickelt Logan Dee seinen Plot geradlinig, von einem hohen Tempo geprägt. Das isolierte Dorf, in dem ausschließlich die Jünger Baphomets ihrem Kult huldigen mit dem freundlichen, maskenartigen Verhalten im Winter durchreisenden Gästen gegenüber wird perfekt inszeniert. Der abgeschieden gelegene Friedhof; die vordergründige Idylle; die Ablehnung der Dörfler inklusiv des Schwiegervaters dem Neuen gegenüber. Logan Dee bedient hier absichtlich jedes Klischees der Bergwelt, abseits der Heidi Idylle, bevor er am Ende in einer Hommage an „The Wicker Man“ auf den Kopf gestellt den Vorhang zurückzieht und das Ausmaß der Bedrohung durch die Wiedererweckung Baphomets drastisch blutig in einer von nur zwei brutaleren Sequenzen des ganzen Romans darstellt.
Der Klappentext ist nicht ganz richtig. Denn Jean Claude möchte dem Grauen im Dorf anfänglich entkommen, wobei die immer schwieriger werdenden Zwiegespräche mit seiner verstorbenen Frau bis zu einer bizarren Nacht eine Art roten Faden bilden, der ihn noch leicht, später sogar wieder stärker an das Dorf kettet.
Logan Dee weicht spätestens im letzten Drittel des Romans von den Erwartungen ab, eine Art „Pet Sematary“ der Alpenwelt vorzulegen. Das Erwecken der Toten ist wie bei Stephen King mit Risiken verbunden, aber die Auswirkungen erinnern eher an die Romero Streifen als die emotional intimen Geschichten, welche der Amerikaner so gerne in seinen Büchern erzählt. Jean Claude ist dabei verführtes Opfer und Täter zu gleich. Eine interessante Wendung, welche im offenen Ende leider eher impliziert als zufriedenstellend extrapoliert wird.
Die Charaktere sind solide gezeichnet, wobei Logan Dee bei der Dorfgemeinschaft mit der attraktiven Bürgermeisterfrau oder dem knurrigen Alm Öhi allerdings mit einem gewissen Hintergrundwissen eher pragmatisch agiert als sie wirklich nachhaltig genug zu skizzieren. Selbst Jean Claudes verstorbene Frau entpuppt sich mehr und mehr als egoistische Kultanhängerin und verliert spätestens mit der Entdeckung ihres Tagebuches an Reiz. An Jean Claudes platonischer Seite agiert die ehemals beste Freundin seiner Frau, wobei diese selbst mit ein wenig Hintergrundwissen ausgestattet nicht wirklich überzeugend argumentieren kann, warum sie in dieser isolierten Gemeinschaft jahrelang geblieben ist. Anscheinend hatten die Dorfbewohner sie auch als störendes Subjekt gebrandmarkt. Da wäre ein Unfall irgendwo abseits der steilen Bergwege leicht zu inszenieren gewesen.
„Totentanz“ – der Titel bezieht sich wie das Titelbild auf die Schlussszene – ist ein solide geschriebener, atmosphärisch überzeugender Horrorroman aus der stilistisch ansprechenden Feder Uwe Voehls, der ein wenig Zeit braucht, um Tempo aufzunehmen. Dann gelingen dem Autoren allerdings eine Reihe von bedrohlichen wie unheimlichen Szenen bis zum angesprochenen dunklen Ende.
Bastei Heftroman
64 Seiten