Sherlock Holmes und die Dolche der Kali

Marc Freund

Sherlock Holmes in Hörspielform begleitet den 1972 in Flensburg geborenen und an der Ostseeküste aufgewachsenen Marc Freund schon seit vielen Jahren.  So hat der Autor nicht nur „Jules Verne- die neuen Abenteuer des Phileas Fogg“ oder den neuen Fällen des Professor van Dusen als Sherlock Holmes Epigonen,  Pater Brown, Charlie Chan oder Edgar Wallace sondern auch für die Romantruhe Audio die neuen Fälle des Sherlock Holmes drehbuchtechnisch für Hörspiele umgesetzt.

Seit 2010 schreibt er zusätzlich Geschichten um den verschrobenen Gerichtspsychologen Dr. Cornelius Stahl.

Mit dem 29. Neuen Fall für Sherlock Holmes debütiert Marc Freund im Bltz- Verlag.  

Marc Freund präsentiert mit „Sherlock Holmes und die Dolche der Kali“ einen sehr stringenten Roman, der lange Zeit auch an eine Hommage von „Die Zeichen der Vier“ vor allem auch durch den Indienbezug wirkt. Aber auf den letzten Seiten dreht der Autor den Plot auf links, wobei der Auslöser eine fast zufällige Bemerkung und weniger die klassische Detektivarbeit Sherlock Holmes ist.

Viele Sherlock Holmes Romane konzentrieren sich erzähltechnisch ausschließlich auf die ermittelnde Ebene. Marc Freund geht da ein weniger opportunistischer vor, in dem er zweimal quasi Sherlock Holmes Ermittlungen auf einem zweiten Spannungsbogen folgt und dessen Theorien auf der zweiten Handlungsebene bestätigen lässt. Rückblickend bringt diese Vorgehensweise aber auch Gefahr, weil es unwahrscheinlich erscheint, dass man sich in einer kleinen Gemeinde so „frei“ bewegen kann, dass man bei den Einheimischen keine Wiedererkennungswerte hinterlässt.

Der Beginn ist ein perfektes Ausgangsszenario. Ein ehemaliger britischer Soldat, der in Indien gedient hat, wird durch nächtliche Geräusche aufgeschreckt. Am nächsten Tag findet man in seinem Haus seine Leiche.  Alle Spuren zum Haus stammen nicht vom Täter. Im Haus selbst finden sich Reste von Erde.  Anscheinend hat sich der Täter auf eine vorher minutiös geplante Art und Weise ins Haus bringen lassen, um den älteren Mann mit einem wertvollen Dolch zu töten.

Bei den Ermittlungen gibt es zwar die obligatorischen Verdächtigen wie den stetig klammen Sohn, aber es gibt anscheinend auch eine Verbindung in die gemeinsame Vergangenheit drei Männer in Indien.

Noch während der Ermittlungen passiert ein zweiter Mord während der Beerdigung des ersten Opfers. Sherlock Holmes ist über die effektive wie rücksichtslose Vorgehensweise schockiert.

In einem ansprechenden, aber nicht hektischen Tempo erzählt Marc Freund die Geschehnisse. Die Indienverbindung klappert Doktor Watson ab. Dabei muss er sich mit der älteren Gouvernante unterhalten und zumindest Sherlock Holmes folgend seine berüchtigte Wirkung auf ältere Damen ausspielen. Allerdings beendet Marc Freund die Szene mit einer eher nüchternen Note.

Rückblickend wirken die Hinweise auf Indien fast überfrachtet. Im Haus des ehemaligen Kommandanten der drei Soldaten findet sich eine gigantische Statue der Göttin Kali; die eine Tochter hat indische Wurzeln; es gibt insgesamt drei Dolche offiziell verziert mit wertvollen Juwelen und  wie in „Das Zeichen der Vier“ ist in Indien etwas passiert, über das man nicht sprechen möchte.

Grundsätzlich muss abschließend auch die Pointe betrachtet werden. Ohne zu viel zu verraten ist die Vorgehensweise des Mörders nicht nur gut durchdacht, sondern effektiv geplant. Das widerspricht aber ein wenig der Tatsache, dass zumindest der erste Mord eine sehr viel umfangreichere Vorbereitung benötigt als zwischen dem Katalysator der Mordserie und dem ersten Vollzug tatsächlich gewesen ist.  

Hinzu kommt, dass der Täter in der Vorbereitung angesichts seiner Identität zu viele Risiken eingeht und sich eine Flanke öffnet, die er zwar mit Geld schließen kann, das ihm aber nicht unendlich zur Verfügung steht und gleichzeitig vor allem angesichts der drohenden Strafe immer mit seiner Überführung rechnen muss.

Sherlock Holmes stellt abschließend fest, dass der erste Mord sich in einem Punkt von der zweiten Tat und den Drohungen hinsichtlich eines weiteren, dann aber vierten Mords unterscheidet. Diese Tatsache macht er aber erst öffentlich, nachdem er erstens einen angesprochenen vagen Hinweis erhalten hat, der aber nur eine bedingte Erklärung ausmacht und er zweitens eigene Recherche zusätzlich machen müsste, um die Verbindungen herzustellen.

Grundsätzlich positiv ist, dass Marc Freund die Erwartungshaltung der Leser lange Zeit in eine gänzlich andere Richtung lenkt, um den Fall dann auf den letzten Seiten gänzlich anders abzuschließen.

Seine Erfahrung als Hörbuchautor zeigt sich vor allem auch in den Dialogen.  Sherlock Holmes und Doktor Watson liefern sich zwar einige pointierte Wortgefechte, aber wer die Passagen laut liest, erkennt, dass der Autor sich auf den Gehalt konzentriert und möglichst viele Informationen in einer kompakten wie verständlichen Art darreicht und nicht den Fehler einiger anderer Sherlock Holmes Autoren der Gegenwart macht, auf umständliche oder belehrend klingende Dialoge zurückzugreifen.

Die Nebenfiguren sind solide bis gut gezeichnet worden. Der Autor bemüht sich, den einzelnen Protagonisten individuelle Züge zu geben. Hinzu kommen einige Ecken und Kanten.

Die Atmosphäre des ganzen Buches ist beginnend bei der ersten bedrohlichen Einspruchssequenz über die gigantische Kailistatue im Haus des Majors oder den Mord auf dem Friedhof sowie endend in einer finalen Versammlung aller Verdächtigen stimmig. Die winterliche Landschaft des ländlichen Großbritanniens fügt zu den düsteren Schatten der indischen Vergangenheit, die immer wieder zitiert werden, ihre Teil hinzu.

„Sherlock Holmes und die Dolche der Kali“ ist eine kurzweilige Unterhaltung, geprägt von einem hohen Tempo und einem zufriedenstellend abgeschlossenen Fall, dessen Motiv nachvollziehbar ist, auch wenn der Weg des Mörders rückblickend vor allem angesichts der Kürze der Zeit und der allgemeinen Vorgehensweise ein wenig konstruiert erscheint.    

Band: 29, Historischer Kriminalroman
Seiten: 184 Taschenbuch
ISBN: Exklusive Sammler-Ausgabe

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