Collector: Die Sage in einem Band

Markus Heitz

„Collector“ umfasst die beiden im „Justifiers“ Universum spielenden Romane aus der Feder Markus Heitz. Wie bei seinen Mysteryarbeiten im Knaur Verlag handelt es sich aber im Grunde um einen fortlaufenden Roman, der aus Veröffentlichungsgründen in zwei Teilen erschienen ist. „Collector. Operation Vade Retro“ setzt mit seiner Handlung zwar nicht direkt an „Collector“ an und der Autor bemüht sich, einzelne wichtige Aspekte aus dem ersten Band der Serie, aber vor allem auch dem umfangreicheren kurz und kompakt während der laufenden Handlung zusammenzufassen und neuen Lesern zu erläutern. Er bleibt allerdings an der Oberfläche und vor allem geschieht das während der Plot an Tempo zulegt. Daher war es ursprünglich fast unabwendbar, erst „Collector“ gelesen zu haben, bevor man den im Grunde nächsten großen Spannungsbogen in „Operation Vade Retro“ beginnt. Jetzt liegen die beiden Bände wie eingangs erwähnt als eine eher fortlaufende Geschichte aus allerdings auch unterschiedlichen Perspektiven vor.

Das Ausgangsszenario ist interessant, aber auch nicht unbedingt originell. Die Rasse der Collectoren zieht durchs All und will immer wieder von Menschen besiedelte Kolonien „schützen“.  Ob dieser Schutz wirklich nötig ist, bleibt lange Zeit offen. Auch die Art des Schutzes ist eine offene Flanke des Buches. Die Collectoren isolieren die Planeten vom Rest des bekannten Universum und beginnen dank ihrer überlegenen Technik ihre eigene Diktatur. Im Gegensatz zu Sozialsatiren wie zum Beispiel Jack Williamsons „Wing 4“, in dem friedliche und freundliche Außerirdische die Menschen mit ihrer Zuneigung und ihrem Kontrollwahn zu erdrücken suchen, bleiben einige Fragen offen.

Neben dieser Auftaktszene wird dem Leser noch ein kurzer Blick in das futuristische Universum gewährt. Da gibt es die Großkonzerne, welche die Expansion der Menschen quasi mit ihrer eigenen Bilanz bezahlt haben. Kein Wunder, dass sie großes Interessen an den Planeten haben und das Treiben der Collectoren sehr skeptisch sehen. Nur fehlen ihnen die Mittel, um aktiv gegen die natürlich grenzenlos überlegenen Außerirdischen vorzugehen.

Markus Heitz konzentriert sich im ersten Teil des Doppelbandes trotz eines vielschichtigen Hintergrundes auf einige wenige Figuren. Kris Schmidt- Keen ist Raumfrachterpilot. Ein typischer Arbeiter der Zukunft. Er wird mit einem normalen Auftrag zu bestimmten Koordinaten gelockt. Er soll einen offenbar gestohlenen außerirdischen Antrieb mit einem Antigrav- Truck zu einem ihm bis dato unbekannten Ort schaffen. Auf dem Flug wird er natürlich angegriffen und mit dem Antrieb entführt.  Dahinter steckt ein anderer Konzern, der sich das wertvolle Artefakt sichern möchte.

Schmidt- Keen begegnet im Laufe seines erzwungenen Abenteuers der Lara Croft Imitation Faye. Sie fühlt sich dem aus ihrer Sicht zu weichen Trucker überlegen und reagiert allerdings auf dessen Machogehabe.

Ergänzt wird der Personenkreis noch um Fayes Schwester Nuria, die nicht nur als brillante Wissenschaftlerin am ehesten etwas von dem Antrieb verstehen könnte, sondern auch im Gegensatz zur nicht auf den Mund gefallenen Faye keinen Mann stehen lassen kann. Im wahrsten Sinne des Wortes. Aber Nuria ist nicht alleine. In ihrem Kopf befindet sich ein fremdes Wesen, das sie anscheinend steuert.

Der abschließend vierte Charakter im Bunde ist Anatol Lyssander. Ein mental begabter Übersetzer und im Grunde der männliche Gegenentwurf zu Lara Croft bzw. Faye. Er spielt eine Art Han Solo inklusiv entsprechender Sprüche des 21. Jahrhunderts.  

Im zweiten Roman erweitert Markus Heitz sein Szenario noch um einige Charaktere. Fredinald Zumi ist eine Art Sammlerstück eines Collectors. Er versucht seinem tristen Dasein zu entfliehen und entsinnt eine Reihe von allerdings fruchtlosen Plänen.  Die Eigeninitiative imponiert den Collectoren so sehr, dass sie ihn zu einer Art Kontaktmann machen. Das liegt daran, weil sich zumindest am Ende des ersten Buches das Schicksal ein wenig aus dem Nichts heraus gedreht hat. Clarissa Fairtbanks könnte aus einem der Mysterythriller Markus Heitz entstiegen sein. Ein altes Adelsgeschlecht, eine selbst ernannte Piratin und eine Crew, bei welcher sie aus Geldmangel anheuern muss.  Nuntius Civer Black löst die Konflikte im Namen der Church of Stars auf eine höflich gesprochen unorthodoxe Art und Weise. Nun muss ihn ein unerfahrener Preacher auf seiner nächsten Mission begleiten.

Positiv ist, dass Markus Heitz trotz einer Reihe sprachlicher Mängel gut und packend unterhalten kann. Der Autor setzt auf Tempo, auf eine Reihe von Actionszenen unterschiedlicher Art und Weise beginnend quasi mit Duellen und endend in Raumschlachten. In dieser Hinsicht orientiert sich Markus Heitz weniger an den Pulpgeschichten des Golden Age, sondern ganz bewusst schon an den ersten „Star Wars“ Filmen, in denen es immer und überall um alles geht.  Lange Zeit können seine Protagonisten nur reagieren und nicht agieren. Erst gegen Ende der beiden jeweiligen Bücher dreht sich bis allerdings zum obligatorischen, sogar ärgerlichen Cliffhanger das Blatt und Pyrrhussiege sind möglich. Betrachtet der Leser die einzelnen kriegerischen Auseinandersetzungen, dann wird er sogar oberflächlich solide unterhalten.

Allerdings muss dieses Lob mit Einschränkungen betrachtet werden. Die beiden Bücher sind schnell und lieblos heruntergeschrieben. Markus Heitz ist inzwischen ein Autor, der anscheinend nebenbei einen umfangreichen Schmöker abliefern kann. Viele Begriffe sind nicht übersetzt worden. Das ist bei Eigennamen auch nicht nötig, aber in vielen Fällen wirken die zahlreichen Anglizismen einfach störend und werden nicht effektiv genug eingesetzt. Hinzu kommen sprachliche Stolpersteine. Markus Heitz Figuren machen immer einen guten Job oder gehen gerne Duschen. Das freut den Leser eher weniger, wenn sich eine derartige Situation wiederholt. Vor allem wirkt der Stil nicht wirklich fließend, sondern sprunghaft. Mit diesem Mittel versucht Markus Heitz Dynamik zu simulieren, die nicht zu den Szenen passt. Auch die Dialoge erscheinen künstlich. An einigen Stellen hat der Leser den unbestimmten Eindruck, als wenn Markus Heitz einfach nur Seiten frisst und mit oberflächlichen wie nerv tötenden Gequatsche die Seiten füllen sucht.

Charakterisierungen gehören nicht zu seinen Stärken. Emotionale Szenen auch nicht. Daher erscheinen Teile dieser beiden Bücher fast bizarr. Auf der einen Seite wird ein ausführlicher Hintergrund entwickelt, vor dem sich dann eindimensionale und aus verschiedenen Genreversatzstücken zusammengesetzte Protagonisten nach vorgegebenen, aber niemals erklärten Schemata bewegen. Nicht einmal die wenigen erotischen Szenen wirken anregend.  

Ein weiteres Manko ist, dass Markus Heitz sich anscheinend vom Kino hat inspirieren lassen. In seinen Mysteryserien kann der Autor ein übernatürliches As aus dem Ärmel ziehen und seine Figuren so in höchster Not entweder als Retter agieren oder sie einfach aus der Gefahrenzone katapultieren. Das funktioniert in einer Science Fiction Serie weniger gut, wenn der Autor keine Ahnung von den Naturwissenschaften oder einfacher Psysik hat.  Damit macht sich der Autor eine Reihe von dramaturgisch interessanten, aber nicht originell aufgebauten Szenen einfach kaputt.

Viele Entwicklungen kommen dem Leser aus anderen Science Fiction Büchern und Serien bekannt vor. Bei anderen Entwicklungen wie vor allem den quasi innerbetrieblichen Konflikten in der Kirchenorganisation scheut sich Markus Heitz, die Wege zu gehen, welche er zum Beispiel in seinen Mysteryserien gerne gegangen ist. Alles ein wenig dunkler machen, durchaus auch brutaler und quasi mit der dogmatischen Kirche ein klassisches Gegengewicht zu den Konglomeraten, die sich aber durchweg in ihren kapitalistischen Bahnen bewegen und deswegen nach einem interessanten Beginn ihr Potential verlieren.

Im Gegensatz zu seinen klassischen Doppelbänden, in denen Markus Heitz im ersten Teil das Szenario manchmal ein wenig zu weit öffnet, um es im zweiten Teil abrupt, hektisch und leider teilweise auch rote Fäden unterwegs verlierend zu beenden, sieht Markus Heitz die beiden umfangreichen Bücher als Auftakt einer ganzen Serie in diesem Universum spielender Bücher unterschiedlicher Autoren, das Markus Heitz basierend auf einem alten Rollenspiel ja komplett erworben hat.

Ob die beiden jetzt zusammen vorliegenden Romane vor allem die alten Rollenspieler ansprechen, muss bezweifelt werden. An ein reines Science Fiction Publikum kann sich Markus Heitz auch nicht wenden. Dazu sind die beiden Bücher in vielen wichtigen Punkten zu schlampig geschrieben worden. Ein Lektor ist leider nicht in Sicht. Bleibt nur ein Mainstreampublikum, das Bestsellerautoren wie Markus Heitz oder auch Wolfgang Hohlbein wegen der gängigen Lesbarkeit ihrer Texte unabhängig von logischen Brüchen oder Fehlern schätzt. Als reine Abenteuer Science Fiction gehört „Collectors“ eher zu den ambitionierten Fehlversuchen und da hilft auch nicht unbearbeitete Neuauflage herzlich wenig.  

Collector: Die Saga in einem Band

  • Herausgeber : Heyne Verlag (14. Juni 2021)
  • Sprache : Deutsch
  • Broschiert : 1136 Seiten
  • ISBN-10 : 3453321529
  • ISBN-13 : 978-3453321526