„Interspace One“ ist der erste im Grunde serien unabhängige Roman des 1982 in Landau geborenen Science Fiction, Fantasy und Krimiautors Andreas Suchanek. Während des Studiums der Informatik begann Andreas Suchanek quasi nebenberuflich Kurzgeschichten und Romane zu veröffentlichen. Er war Co- Autor bei der „Sternenfaust“ Serie. Diese Erfahrungen sind in seinen im eigenen Verlag veröffentlichten „Heliosphere 2265“ Zyklus eingeflossen, seine mit mehr als fünfzig einzelnen Veröffentlichungen bislang umfangreichste Schöpfung. Neben Heftromanen in der Serien „Maddrax“ und „Professor Zamorra“ sowie einem Heft für die Perry Rhodan Miniserie „Stardust“ startete er mit der Greenlight Press 2012 seinen eigenen Verlag. Standbeine sind die schon angesprochene und inzwischen in Form von Miniserien fortgesetzte „Heliosphere 2265“ Serie, dazu kommt mit „Das Erbe der Macht“ ein Fantasyepos und mit „Ein MORDS-Team“ eine Krimiserie für ein eher jugendliches Publikum.
Neben einem sehr geradlinigen Erzählstil zeichnen Andreas Suchaneks Science Fiction vor allem zwei Dinge aus, die sich auch in „Interspace One“ wiederfinden: ein hohes Tempo und der Hang, wie bei einer russischen Puppe, die Handlung zu verschachtelten. Hinter jeder metaphorischen Ecke versteckt sich ein weiteres Geheimnis, das die meistens überschaubare Anzahl von Protagonisten immer auf Augenhöhe der Leser lösen muss. Dabei greift Andreas Suchanek nicht unbedingt auf neue Ideen oder exotische Techniken zurück. Nicht selten sind es bekannte Handlungselemente oder Techniken aus anderen Science Fiction Romanen, welche der Autor modernisiert und mit einem hohen wie schon angesprochenen Tempo weiterentwickelt. Aus seinen Serien nutzt er das Element des Cliffhangers, um einzelne der zahlreichen Kapitel mit einem kleinen Paukenschlag enden zu lassen. Der Vorteil bei einem Einzelroman liegt in der Tatsache, dass der Leser die Seite nur umdrehen muss, um die Auflösung der Szene verfolgen zu können.
Die Handlung setzt im Jahre 3486 ein, der Plot umfasst allerdings rückblickend mehr als einhundertvierzig Jahre. Auf der Erde befindet sich die Menschheit immer noch in einem sich selbst verzehrenden Konflikt. Andreas Suchanek geht zwar auf die verschiedenen Machtblöcke und deren ins All getragene Konflikte ein, die politischen Machtverhältnisse bleiben allerdings eher vage und spielen rückblickend auch nur eine untergeordnete Rolle.
Im All wurden Planeten gefunden und teilweise kolonisiert. Dabei setzt die Menschheit auf eine Mischmethode. Die Explorationsraumschiffe werden auf ihre langen Reisen geschickt befinden sich alle Möglichkeiten, um Klonkörper zu züchten. Erst bei der Ankunft wird auf der Erde oder einer der Stationen der Geist, Intellekt der Forscher von ihrem dort in der Stasis befindlichen Körper getrennt, dieser wird mittels eines Transportersystems zum Explorer Raumschiff geschickt. Der Klon wird beim Erreichen des Ankunftsplaneten mit dem Bewusstsein des Forschers oder Crewmitglieds geweckt. Damit erspart man den Menschen die teilweise jahrzehntelange Reise und spart Zeit.
Andreas Suchanek macht deutlich, dass die Forscher durchaus andere Klonkörper wählen können. Sowohl hinsichtlich des Geschlechts als auch der Ausbildung der Klonkörper haben sie in engen Grenzen ein Mitspracherecht, so dass sich auch zwischen den inzwischen beseelten Klonen neue Beziehungen für die Dauer der Missionen entwickeln können. Allerdings ist es immer grundlegend notwendig, eine Empfangsstation an Bord des Raumschiffs zu haben, damit auch ein zeitloser Rücktransport des Bewusstseins gesichert ist.
Zu Beginn des Romans erwacht Kommandeur Liam aus der Stasis in seinem neuen Klonkörper. Ihm wird schnell bewusst, dass etwas schief gegangen ist. Weniger als zwanzig Prozent der Besatzungsmitglieder scheinen ebenfalls zu erwachen, zu wenige, um die Mission erfolgreich abzuschließen. Weiterhin ist das Raumschiff auf einem unbekannten, aber nicht dem Ziel Planeten havariert. Schon mit dieser Tatsache und einem Teil der verlorenen Ausrüstung ist die Mission gescheitert.
Aber die Havarie auf dem Planeten ist nicht die einzige Herausforderung für die fünf Überlebenden. Alleine in der ersten Hälfte des Buches – bevor er mit einer Art Zwischenschritt viele Geheimnisse vor den Lesern, aber auch den Protagonisten offenlegt – konfrontiert Andreas Suchanek Liam und seine verbliebenen Mannschaftsmitglieder – unter anderem mit dem Schiffsarzt in einem jugendlichen Körper, da sein Klonprozess nicht abgeschlossen werden konnte – mit einem Toten im Schiffsinneren; einer mittels Zeitzünder aktivierten Bombe und schließlich der Tatsache, dass sie nicht die ersten Menschen auf dieser abgeschiedenen Welt sind.
Stammleser der “Heliosphere 2265” werden viele Elemente mit natürlich anderen Pro- und Antagonisten wiedererkennen. Wer sich bislang nicht mit dieser empfehlenswerten Solo Serie mit über sechzig Romanen beschäftigt hat, sollte nach der Lektüre von “interspace One” durchaus zu den Sammelbänden und E Books greifen. Während in “Heliosphäre 2265” es im Kern um das Prinzip Allein-gegen-Alle mit einer intakten Raumschiffcrew geht, kämpft hier eine stark reduzierte und zusammengewürfelte Gruppe um das reine Überleben. Klassische Momente sind der Verräter in den eigenen Reihen, wobei dessen Motive erst im Laufe des Romans aufgedeckt und dann teilweise auch wieder verworfen werden. Geradlinige Paranoia Science Fiction kann jeder, bei Andreas Suchanek müssen es mindestens drei oder vier Aspekte sein, die sich hintereinander vor den Augen der Leser, aber auch den Protagonisten verstecken.
Sowohl in “Heliosphere 2265” als auch “Interspace One” droht der Menschheit Gefahr von außen, durch Außerirdische. In den einzelnen Minizyklen der “Heliosphere 2265” Serie wechseln sich die Feinde ab, teilweise kommen sie auch durch die Zeit. In “Interspace One” hat Andreas Suchanek einen interessanten Plan für seine Außerirdischen entwickelt, die erst beim Erreichen bestimmter “Prämissen” aktiv werden. Ansonsten lohnt sich der Aufwand des langen Flugs anscheinend nicht.
Dem Militär steht Andreas Suchanek - höflich gesprochen - ambivalent gegenüber. Auch wenn seine Protagonisten eine militärische Ausbildung - Ausnahmen bilden in erster Linie Ärzte - durchlaufen haben, handelt es sich um Rahmen der Befehlsketten um Freidenker. Dieser Einstellung gegenüber steht immer wieder ein ranghoher Offizier mit einer eigenen Agenda, der sich nicht selten auch aus Machthunger gegen die eigene Rasse stellt. Dabei handelt es sich um Einzelgänger, die aber innerhalb der Streitkräfte gut vernetzt sind und eine eigene kleine Armee aufgebaut haben. Beide Elemente finden sich in “Innerspace One” wie auch “Heliosphere 2265”.
Eine Idee erinnert ein wenig an Algis Budrys “Projekt Luna”. Ohne zu viel vorwegzunehmen, ist es ein interessanter Aspekt, eine schockierende Aufdeckung ungefähr in der Mitte des Romans, aus welcher der Autor allerdings nur bedingt etwas macht. Kaum ist die Büchse der Pandora geöffnet, können die Antagonisten sehr viel besser mit diesen Fakten umgehen und nutzen sie teilweise zur Umsetzung eines allerdings auch auf einigen Zufälligkeiten basierenden Plans gegen Endes des Romans, während ihr Antagonist sich mit einer an die Geschwätzigkeit von James Bond Bösewichten erinnernden Offenbarung einen wichtigen Vorteil genommen hat. Weniger Reden und mehr Handeln hätten dem Plan den psychopathischen Erzschurken mit einem Gottbewusstsein nicht nur in diesem Roman besser getan.
Die erste Hälfte des Buches ist deutlich stärker als der finale, hektisch erscheinende Abschluss. Schon in den einzelnen “Heliosphere 2265” Subzyklen hatte Andreas Suchanek Probleme, die verschiedenen Handlungsbögen mit dem gleichen Tempo und der gleichen Liebe zum Detail zu beenden. Wahrscheinlich hätten dem Roman fünfzig oder hundert Seiten inklusive einer Auffächerung der Handlung und schwerer zu überwindenden Hindernissen gut getan. Auf der anderen Seite gibt es einen erstaunlich langen Epilog.
Mit dieser Kritik soll nicht ausgedrückt werden, dass der Roman nicht spannend ist. Das Gegenteil ist der Fall. Andreas Suchanek weiß, wie man eine Geschichte mit Tempo, überraschenden Wendungen möglichst am Ende der zahlreichen kurzen Kapitel und immer wieder dem Hinterfragen der bisherigen Situation erzählen kann. Dazu kommt eine solide, teilweise bizarre Charaktere; pointierte Dialoge und gute Beschreibungen der angewandten Technik, aber auch des Planeten, auf welchem das Team gestrandet scheint.
Aber manchmal versucht Andreas Suchanek im Laufe der verschiedenen Konflikte zu clever zu sein und muss sich dann auf eine zu simple Auflösung zurückziehen. Manche Situationen kommen den “Heliosphere 2265” Stammlesern nicht direkt, aber zumindest angedeutet auch vertraut vor. Wer die Serie nicht kennt, wird wie schon erwähnt an “Innerspace One” noch mehr Vergnügen haben. Aber egal, aus welchem Lager ein Leser kommt, der Roman bietet kurzweilige Unterhaltung auf einem sehr zufriedenstellenden Niveau.
- Herausgeber : Piper; 2. Edition (1. September 2022)
- Sprache : Deutsch
- Broschiert : 384 Seiten
- ISBN-10 : 3492706347
- ISBN-13 : 978-3492706346