Perry Rhodan Androiden 4: Willkommen in der Menschenstadt

Jacqueline Mayerhofer

Nach der Perry Rhodan Fan Edition sind die Stellaris Geschichten in der Erstauflage sowie die Miniserie die beste Plattform, um den Nachwuchs zu rekrutieren. Vor allem die Miniserien mit der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Autoren nach einem Exposekorsett hilft ungemein, sich im Perry Rhodan Kosmos auf der einen Seite literarisch zu orientieren, auf der anderen Seite auch mit dem Termindruck fertig zu werden. Aus Österreich – eine von der Anzahl der Köpfe her starke Fraktion – stößt Jacqueline Mayerhofer zum Team. Bislang hat sie eine Stellaris Geschichte veröffentlicht, arbeitet hauptsächlich in den Bereichen Fantasy, Horror und Science Fiction sowohl in Kurz- wie auch Langform. Das Titelbild zeigt die Protagonistin Anbel Philips in ihrem Lieblingstrenchcoat.

 Wie alle anderen Heftromane diese Miniserie entwickelt die Autorin die Handlung in zwei parallel laufenden Strängen weiter. Ihr vierter Band ist auch die erste Geschichte, in welcher der Schritt vom Androgynen zum Androiden allerdings in überraschender Form nachvollziehbar ist und den Titel der Miniserie rechtfertigt.

 Handlungstechnisch spielen beide Ebenen – Anbel Phillips und Perry Rhodan mit seinem Teilteam – in der Menschenstadt. Anbel Philips ist Polizistin in der Menschenstadt und wird an ihrem freien Tag zu einem Leichenfund gerufen. Die Leiche hat einen verbrannten Kopf und Oberkörper. Allerdings ist sie der Ansicht, dass es sich um einen bizarren Arbeitsunfall handeln könnte. Der pensionierte Polizist und inzwischen Privatdetektiv Jerome Tipton weißt sie auf mehrere anderen, gleichartige Fälle hin und entwickelt umgehend eine seiner Verschwörungstheorien. Kurze Zeit später ist Tipton tot, ebenfalls auf eine vergleichbare Art und Weise getötet worden. Inzwischen geht die Polizistin davon aus, dass es sich um eine Mordserie handelt. Aber sie kann nicht hinter die Kulissen schauen. Als sie die Nachricht von der Landung eines angeblich unsichtbaren Raumschiffes mitten auf dem Raumflughafen von Menschenstadt in Tiptons Unterlagen findet, ist sie davon überzeugt, dass diese verrückt geworden ist.

 Auf der zweiten Handlungsebene verfolgen die Leser den Flug ins Blinde. Perry Rhodan hat sich mit seinen Leuten die Langdistanz- Arche geschnappt und fliegt seiner Meinung nach zum nächstgelegenen Stützpunkt der Angreifer, der ungefähr 20 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Allerdings können sie an Bord des Raumschiffes nichts bewirken. Nur die beiden auf den ersten Blick unwahrscheinlichsten „Menschen“ Kane und Auqunn werden akzeptiert.

 Irgendwann landet das Raumschiff – der Leser weiß, in der Menschenstadt – und Perry Rhodan kann sich von Bord schleichen, während Androgyne sich dem Raumschiff nähern.

 Ein großes Problem dieser Geschichte liegt in ihrem Kern. Er ist nicht sonderlich originell. Innerhalb der literarischen wie cineastischen Science Fiction ist diese Idee seit den fünfziger Jahren insbesondere von Philip K. Dick bekannt gemacht worden. Dick war aber nicht der einzige Autor, der sich mit der „Realität“ auseinandersetzt. Natürlich fallen den Kinofans spontan Filme wie „Matrix“ oder „The Dark City“ ein, in denen die nichts ahnenden Protagonisten nach und nach zum Geheimnis und damit der Dekonstruktion einer Welt geführt werden. Mit dieser Ausgangsprämisse kommt der Text auch Jacqueline Mayerhofer sehr entgegen, denn sie agiert in einem für die Serie neu geschaffenen „Kosmos“ und kann auf die manchmal überbordende Perry Rhodan Nomenklatur verzichten. Sie erschafft zwar keine eigenen Begriffe, Anbel Phillips geht in Menschenstadt erstaunlich bodenständig vor, aber mit dem Verzicht auf weit schweifende Erläuterungen und eine komplette Konzentration auf die zwischenmenschlichen Beziehungen in einer sich auflösenden und verfremdenden Welt hat die Autorin einen sehr starken roten Faden, an den sie sich auch in einigen Szenen klammern kann, in denen die Stammleser von Perry Rhodan bestimmte Verhaltensmuster erwarten. Nicht immer werden diese Stereotype bedient, was den Roman frischer und origineller als einige andere bisher veröffentlichte Hefte der Miniserie erscheinen lässt.   

 Kai Hirdt und Jacqueline Mayerhofer haben für dieses Ausgangsszenario einen Kriminalfall gewählt. Auch keine wirklich neue Idee, aber vielleicht die beste Basis für einen fortlaufenden roten Faden. Auf der einen Seite verfolgt der Leser die Ermittlungen der attraktiven, sympathischen und entschlossen beschriebenen Polizistin Anbel Phillips, die nicht nur ihren Mann steht, sondern sich zu ihrem Frausein bekennt. Ihr Lieblings- Trenchcoat ist blutrot, das sie einen Trenchcoat in der fernen Zukunft trägt, ist eine wunderbare, anfänglich nicht einmal falsche Hommage an den Film Noir und die zahlreichen Hardboiled Filme.

 Beginnend mit der ersten Leiche wird Anbel Phillips Welt allerdings durch den vordergründig paranoiden Verschwörungsfanatiker Jerome Tipton demontiert. Tipton galt lange Zeit als ein herausragender Polizist, der sich schließlich zur Unruhe gesetzt hat. Inzwischen mischt er sich in alle möglichen Ermittlungen der Polizei mit oder ohne Klientenauftrag ein. Phillips hört ihm zwar zu, aber ab einem bestimmten Punkt ist sie der Überzeugung, keine nützlichen Informationen, sondern nur noch wirres Zeug zu erfahren. Allerdings finden sich in Tiptons Andeutungen eine Vielzahl von Hinweisen und Fakten, die sich nicht so leicht wegerklären lassen können.   

 Perry Rhodan agiert weiterhin ein wenig unglücklich. Improvisation ist das vorherrschende Mittel. Sich an Bord eines Schiffes zu schleichen, das man kaum kontrollieren kann, das aber einen an den richtigen Ort zur richtigen Zeit bringt, ist sicherlich keine geordnete Vorgehensweise. Aber diese Art ist aus der laufenden Erstauflage zur Genüge bekannt. Da Kai Hirdt auch noch einen Handlungsort als nächstes Ziel angepeilt hat, der mir den normalen, terranischen Raumschiffen nicht gleich zu erreichen ist, gibt es nur diese „Ich-hoffe-irgendwo-liegt-ein-Rückflugticket-herum“ Vorgehensweise. Perry Rhodan bewegt sich in der Menschenstadt wie ein Fremdkörper, welcher er auch ist. Ein Ziel hat er nur bedingt und die Art, sich mit einer fingierten Verletzung auf die nächste Ebene zu bewegen, ist nicht nur genauso improvisiert, sondern schon höflich gesprochen frech. Bei Menschen hätte es nicht funktioniert, was relativ früh einen Arm des Plots offenbart. Auch Anbel Phillips verschafft sich auf eine noch frechere Art und Weise Zugang zu den Robotern in der Klinik. Beide Protagonisten fallen mit der Art ihrer Verletzungen ist die Kategorie „selbst schuld und selbst beigebracht“.

 In der Klinik bricht die geordnete Welt vollkommen auseinander. Perry Rhodan und Anbel Phillips sehen das Gleiche, was allerdings nicht das Gleiche ist. Aus Zweckmäßigkeit verbünden sie sich und beginnen zum ersten Mal in diesem Roman zu agieren und nicht mehr ausschließlich zu reagieren. Sie verbindet die Tatsache, dass einer von ihnen von Beginn an ein Fremdkörper ist, der Andere mehr und mehr zu einem Fremdkörper wird.

 „Willkommen in Menschenstadt“ – der Titel ist blanke Ironie – ist ein solider geschriebener Roman, der – wie schon angedeutet – zum ersten Mal auch indirekt Bezug auf den Titel der Miniserie nimmt. Die Protagonisten sind gut  charakterisiert, auch mit Perry Rhodan hat die Neueinsteigerin in den Serienkosmos nicht sonderlich große Probleme. Mit Anbel Phillips verfügt sie über einen Protagonisten, für den jeder Autor dankbar sein kann. Einen interessanten markanten Charakter, dessen Welt sich vor ihren Augen in Lüft auflöst. Ihre Instinkte und vor allem auch ihre Erfahrungen als Polizistin funktionieren nicht mehr und aus Freunden werden Feinde, während die chaotischen Aufzeichnungen Tiptons der einzige Wegweiser wohin auch immer sind oder vielleicht auch nur sein könnten. 

Perry Rhodan Androiden 4 - Willkommen In Menschenstadt - Jaqueline

Heftroman 64 Seiten

Pabel Verlag

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