Olaf Brill hat mit seinem Roman „Adams Ruf“ eine undankbare Aufgabe. Viele der Miniserien versuchen die kosmopolitischen Geschehen der Erstauflage eher hintergründig abzuhandeln und suchen sich vor allem Nebenkriegsschauplätze, die angesichts der Komplexität des Perry Rhodan Kosmos in der Hauptserie vernachlässigt worden sind. Damit stehen die Miniserien grundsätzlich nicht nur in der Tradition der Perry Rhodan Planetenromane – meistens wurden die Geschichten als Taschenbuch in ungefähr doppelter Heftromanlänge erzählt, es gab aber unter den mehr als vierhundert Taschenbüchern auch Trilogie und ganze Serien mit Ernst Vlcecks „Klackton“ Romanen als markantes Beispiel -, sondern auch der im Heyne Verlag veröffentlichten, drei oder sechs umfangreiche Taschenbücher umfassenden Zyklen sowie den schon angesprochenen Miniserien. Olaf Brills Roman führt die Haupthandlung dieser Miniserie zurück zu Wanderer und Homunk.
In den ersten fünf Heftromanen entwickelte sich die Handlung in erster Linie stringent und die wenigen, aber nicht immer in sich schlüssigen Hintergrundinformationen sind eher beiläufig eingeflochten worden. Olaf Brill hat deutlich mehr zu erklären und nicht nur aufgrund dieser Tatsache kommt der Heftroman sehr schwer in Gang.
Perry Rhodan ist mit der gestohlenen/ geliehenen Silberarche nicht mit ganz leeren Händen inzwischen wieder in der Milchstraße angekommen. Ein Jahr ist vergangen und die Androiden haben zahlreiche Welten – egal ob für Menschen grundsätzlich geeignet oder nicht – angegriffen, erobert und Milliarden von Menschen vertrieben. Die Zahl der Toten dürfte auch Millionen umfassen. An einer Stelle erwähnt Olaf Brill, dass Ertrus, Epsal , Olymp oder Plophos gefallen sind. Damit wird auf den ersten Blick die Serienkontinuität unterminiert und vieles könnte auf eine Parallelweltgeschichte hindeuten. Aber interessanter ist, dass die Androiden zu Beginn der Welten überfallen und die Bevölkerung ermordet haben, um Städte für Menschen zu errichten. Eine solche Menschenstadt haben die Leser in einem der vorangegangenen Hefte kennen gelernt. Zumindest der ehemalige Freifahrerplanet Olymp ist von Menschen bewohnt. Auch bei Ertrus und Epsal handelt es sich um Welten, die von Menschen ursprünglich nicht freiwillig besiedelt worden ist und von denen die Umweltangepassten stammen. Aber in der Theorie wären sie zumindest als menschlich anzuerkennen. Anscheinend geht es den Androiden auch nicht mehr um die ursprüngliche Mission, sondern die Eroberung der Galaxis ist Ziel der Angriffe. Die Resourcen scheinen genau wie die Technik unendlich zu sein.
Die Miniserien spielen zwar abseits der Hauptlinie, sollen aber etwas mit der Serienkontinuität zu tun haben und krasse Widersprüche müssen vermieden werden. Das Interessante an „Adams Ruf“ ist also ab diesem Moment die Tatsache, wie Kai Hirdt diesen brutalen Exkurs wieder ohne „Deus Ex Machina“ Lösung oder entsprechende Klischees hinbiegen kann. Ein abschließendes Urteil muss auf die Publikation des elften oder zwölften Heftes verschoben werden.
Der von Adam von Aures initiierte Ruf kann anscheinend nur mit Hilfe von ES oder Homunk auf Wanderer ausgeschaltet werden. Wanderer befindet sich immer noch im Chaotemporalen Gezeitenfeld. Damit ist die Welt unzugänglich, aber natürlich gibt es eine Hintertür in Form einer Botschaft, extra für Perry Rhodan vor der imaginären Haustür positioniert. Es ist der Schlüssel zu Wanderer und auf dem Planeten könnte die Rettung für die bewohnte Galaxis stecken.
Homunk handelt zweimal schizophren. Er bietet an, den Ruf abzuschalten. Angeblich befindet sie sich in einem gläsernen Gebäudekomplex. In diesem Augenblick wäre die Miniserie zu Ende und könnte sich mit dem Wiederaufbau der zerstörten Welten beschäftigen. Allerdings ahnt Perry Rhodan als Sofortumschalter, dass das eigentlich zu einfach ist und will den Ruf selbst abschalten.
Auch in dieser komplizierten und auf einer Reihe von Zufälligkeiten Konstellation wäre die Miniserie nach Abschluss von Olaf Brills Geschichte zu Ende.
Der Konjunktiv bezieht sich auf die finalen Informationen, die Homunk liefert und welche aufzeigen, dass egal, welchen Weg Perry Rhodan ins „Adams Ruf“ gegangen wäre, es hätte buchstäblich (wieder mal) nicht gereicht.
Perry Rhodan geht eine Reihe von Risiken ein, in dem er das Physiotron nutzt. Vitalenergie zur Lebensverlängerung gibt es allerdings in dieser Variation nur noch, wenn anderen Lebewesen auf Wanderer Energie entzogen wird. Entweder war dieser Tausch von Karl Herbert Scheer und Walter Ernsting zu Beginn der Heftromanserie nicht so klar formuliert worden oder ES kann diesen Austausch mit eigener Energie ausgleichen oder es wurde Perry Rhodan nicht so deutlich gesagt. Welchen Verlauf hätte der Serie genommen, wenn seine Lebensverlängerung anderen Wesen das Leben gekostet und er diesen Tausch billigend in Tausch genommen hätte? Egal, durch den Abzug von guter Lebensenergie – einer der Protagonisten opfert seine Energie – wird Adam von Aures zumindest teilweise in das Leben und damit auch die Heftromanhandlung einbezogen. Dabei stünde ja mit dem Zellaktivatorträger ein perfekter Probant zur Verfügung, dessen Energie innerhalb weniger Stunden wieder aufgeladen wird. Warum Perry Rhodan sich nicht freiwillig melden kann, wird nicht unbedingt erläutert. Aber generell ist der Perry Rhodan der Anfangszeit in vielen kleinen Szenen nicht mehr mit dem eher pragmatischen Perry Rhodan der Gegenwart zu vergleichen. Helden werden eben auch immer menschlicher. Aber nicht nur in dieser Sequenz bleiben eine Reihe von Fragen offen.
Um die Galaxis nicht wieder in Gefahr zu bringen, hat Perry Rhodan auch hinsichtlich Adam von Aures zukünftigem Schicksal eine Idee. Die Nebenhandlungen mit vermeintlichen Zeitreisen haben schon das Tor geöffnet, so dass seine pragmatische, aber auch sehr gefährliche Lösung offensichtlich ist.
Am Ende der Geschichte offenbart sich die ganze Wahrheit. „Adams Ruf“ ist im Grunde nur ein Drittel der Lösung. Das zweite Drittel hat Perry Rhodan von der Welt der Androgynen mitgenommen, aber diese beiden Komponenten reichen nicht.
Olaf Brill packt sehr viele alte und neue Informationen in seinen kompakten Heftroman. Neben der Haupthandlungsebene beschreibt er das vermeintliche Schicksal von Kor Chappal in einem Gefangenenlagern auf „Lepso“ genauso wie die erneute Begegnung mit Lilja Ryksdottir und Marlynn Kane, die angeblich versucht hat, mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit zu reisen, um Chappals Leben zu retten. Aber bevor sich Olaf Brill intensiver mit Zeitparadoxa auseinandersetzt, wendet sich das Blatt erneut und der Autor kehrt zu den Besonderheiten Wanderers zurück.
Das große Problem des Romans ist die inhaltliche Struktur. Hommunk gibt von Beginn an zu wenige Informationen und seine Vorschläge sind vor der Umsetzung schon bedingt erfolgreich. Perry Rhodan ist gezwungen, statt Hommunks partieller Hilft einen deutlich gefährlicheren und wahrscheinlich für den Verlauf der Serie nicht wichtigen Weg zu gehen, ohne das er wirklich einen Erfolg hat. Natürlich könnte Perry Rhodan ab jetzt aktiv gegen die allgegenwärtigen und überlegenen Androiden vorgehen, aber die dunkle Prophezeiung am Ende des Romans weist darauf hin, dass die Schwierigkeiten eher beginnen als zu Ende gehen. Dadurch wird der Leser ein wenig am Nasenring durch die intergalaktische Arena gezogen und hinterfragt die Vorgehensweise aller Protagonisten im vorliegenden Roman. Unabhängig von den kosmischen Ideen und der wenig überraschenden Wiederbelebung Adam von Aures, der sich langsam als eine Art Meister der Insel der gegenwärtigen Handlung erweist, dessen Erbe weitaus vielschichtiger ist, als es die Erstauflage mit dem harten Sieg gegen ihn impliziert hat.
Pabel Verlag
Heftroman 64 Seiten