Perry Rhodan 8: Falle für die Posmi

Lucy Guth

Lucy Guths Roman setzt am offenen Ende von „Der menschliche Faktor“ an. Am Ende des Romans erschien ein technisch noch überlegener Gegner – als wenn die Androiden Armee und ihre bisherige Vernichtungsorgie nicht ausgereicht hätten – im Illicasystem. Der brutal vorgehende Admiral Nagmum Kane wird mit seiner Flotte vernichtend geschlagen. Albus Foreman findet den Namen Molochiden für den bislang unbekannten Gegner passend. Der Angreifer mit seinem Durchmesser von 250 Kilometern ist auch nicht alleine, mehrere Objekte sind fast zeitgleich an unterschiedlichen Stellen erschienen.

 Lucy Guth kommt mit diesem Auftakt genauso wenig zurecht wie die beiden Autoren am Ende des Vorgänger Romans. Stellten die Androiden schon eine schwierige Konstante im ganzen Perry Rhodan Universum außerhalb dieser Miniserie dar, wird es jetzt noch bizarrer. Das Auftauchen von unbekannten, technisch wie militärisch überlegenen Feinden ist ein Aspekt der frühen Perry Rhodan Serie und ist vor allem in den letzten Jahrzehnten wiedergekehrt.

 Das Problem bei „Androiden“ liegt in der grundsätzlichen Struktur. Die Androiden stellten in den ersten Heften eine Bedrohung dar. Den Ausschalter hat Perry Rhodan mit einem waghalsigen Manöver, dessen Folgen noch nicht abschätzbar sind, gefunden. Wie Hommunk sagt, reicht das natürlich noch nicht und deswegen muss da noch mehr kommen. Und kaum hat ES ständiger Begleiter diese kryptische Bemerkung ausgesprochen, ist der nächste noch mächtigere und geheimnisvollere Feind da. Kane wird von Lucy Guth als klassischer Diktator beschrieben, der allerdings zu Beginn seiner „Karriere“ außerhalb der militärischen Kommandostrukturen einer der wenigen Raumflotteführer gewesen ist, dem zumindest Pyrrhussiege gegen die Feinde gelungen sind. Warum er daraus politische Ambitionen angesichts einer weiterhin militärisch fast aussichtslosen Lage abgeleitet wird, wird weder von der Exposeredaktion noch den drei Autoren – zwei in Androiden 7 und Lucy Guth im vorliegenden Roman – zufrieden stellend herausgearbeitet.

 Mit ihrer zweiten Handlungsebene kehrt Lucy Guth zum Beginn der Serie zurück und schließt einen der wenigen bisherigen Spannungsbögen sogar ab. Mit dieser Vorgehensweise kann die fahrig gestaltete Struktur der Miniserie mit verschiedenen Sprüngen, aber vor allem einer alternierend, nicht konguenten Charakterisierung der Nebenfiguren deutlich besser geordnet werden. 

 Die seltsame Verbindung zwischen den beiden Schwestern Junia und Lilja Ryksdottir stand im Mittelpunkt der ersten Hefte. Junia hat die Rolle ihrer im Koma liegenden Schwester übernommen und arbeitet als Wissenschaftlerin. Der Körper ihrer Schwester wird auf die Reisen mitgenommen. Das ist alleine schon eine logistische Herausforderung für die Explorer Flotte und nicht ohne Risiken. Für den Leser erschließt sich der Aufwand nicht wirklich. In der Erstauflage wurden immer wieder Charaktere aus mannigfaltigen Gründen von der Explorerflotte abgelehnt, die sich anschließend auf Solotouren bewährt haben. Insbesondere die Perry Rhodan Planetenromane stellten für diese Art der Geschichten einen reichhaltigen Fundus dar. An keiner Stelle der Miniserie wird herausgearbeitet, warum die Flotte diesen Aufwand für eine im Koma liegende Frau unternimmt. Junia wirkt eher wie eine begabte, aber auch „durchschnittliche“ Forscherin. Daher bedarf dieser Handlungsbogen schon mehr Überzeugungskraft. Gucky hat Junia ja in einer der vorangegangenen Geschichten klar gemacht, das sie sich für ihre Schwester auch geopfert hat. Im ersten Heft mit einer Schwester auf dem von Androiden angegriffenen Planeten und der anderen komatösen Schwester an Bord des sich versteckt haltenden Raumschiffs konnte diese These nicht unterschrieben werden. Androidenprothesen sollen an der Schwester ausprobiert werden. Und dann bricht der Plot komplett zusammen. Es ist schwer nachzuvollziehen, was Lucy Guth in dieser ganzen Sequenz geritten hat. Die Schwester hatte einen Unfall, durch den sie ins Koma gefallen ist. Ob es medizinische Heilversuche gegeben hat, steht nicht wirklich fest. Spielt auch keine Rolle mehr. Der Roboterkörper lässt sie nicht nur gesunden, die beiden Schwester stellen ihre bisherigen Leben auf den Kopf und aus den ambitionierten Forscherin des ersten Heftes wird eine Nachtclubsängerin, die zwar keinen Erfolg, aber sichtlich Spaß hat. Den hat der Leser nicht, denn Lucy Guth zeigt bei den beiden Frauencharakteren ihre größte Schwäche als Schriftstellerin. Ihre Charaktere sind meistens eher pragmatisch flach. Ihr fehlt das Gefühl, in die Tiefe zu gehen und entsprechende Motivationen für ihre Charaktere zu entwickeln. Diese Schwächen kumulieren in dieser ganzen zweiten Handlungsebene, die unnötig, langweilig, nicht einmal bizarr unterhaltsam ist. Lilja kehrt auf die MUNGO PARK zurück und nimmt ihr eigenes Leben wieder auf. Zwar haben die Autoren schon im ersten Heftroman angedeutet, dass sich Junia eher für ihre Schwestern aus nicht näher charakterisierten Gründen geopfert hat und als Wissenschaftlerin auf dem Explorer Schiff arbeitete, aber so etwas wie Dankbarkeit scheint Lilja auch nicht zu kennen.

Vielleicht wurde bei der Konzeption der Handlung auch ein wichtiger Aspekt vergessen? Die Handlungen beider Frauen wären in der hier beschriebenen Art und Weise nur unter einer Prämisse akzeptabel: Junia ist für den Unfall ihrer Schwester verantwortlich und hat ihr durch Leichtsinn, Alkohol oder der Trällern ihrer Lieder wichtige Lebensjahre gestohlen. Im Roboterkörper bekommt sie diese wieder, aber die beiden Frauen haben sich aufgrund des Unfalls entfremdet. So oder so ähnlich wäre ein Handlungsverlauf akzeptabel, aber in der von Lucy Guth beschriebenen Art und Weise schafft die Autorin es locker, den schwachen Vorgängerroman „Der menschliche Faktor“ locker zu unterbieten. Schade um zwei weitere Frauenfiguren, die in dieser Miniserie nach stärkeren Auftakten buchstäblich verheizt werden.     

 Aus der Heldin Aurelia Bina wird auf der dritten Handlungsebene eine Gejagte. Dan Takashahi als Leiter des örtlichen TLD hat sie im Visier. Sie hat Befehle missachtet und zusammenfassend erfolgreiche Alleingänge gestartet. Laut den ersten heften war es der Situation geschuldet und sie sollte angesichts der schwierigen politischen Verhältnisse auch autark operieren. Daher wundert das Verhalten des Vorgesetzen ein wenig, ist aber dem schematischen Handlungsverlauf geschuldet. Schwierig wird es, dass die Akte von Nagmum Kane von einer Kollegen wegen dessen politischen Ambitionen übernommen wird. Der Fall Kane sollte angesichts der drängenden Verdächtigungen während eines noch laufenden Konfliktes gegen die Androiden eher höher angesiedelt sein. Interessant ist, dass niemand den normalen Weg geht und Kane erst einmal von seiner Position abberuft. Auch die militärischen Hierarchien sehen einzelne Aspekte anscheinend ganz anders.

 Viel schlimmer ist, dass die Autoren jetzt noch eine weitere Gefahr einfügen. Anscheinend gibt es ein Virus, eine Art Pflanzenseuche, das die Menschen sowieso innerhalb der nächsten Jahre ausgelöscht hätte. 267 Planeten wären auf diese Art und Weise gereinigt worden. Kanes angebliche Siege basieren auf falschen Fakten und anscheinend hat er angeblich nur Androiden angegriffen, die sich auf dem Rückzug befunden haben.

 Eine Reihe von etablierten „Fakten“ werden von Lucy Guth auf den Kopf gestellt. Vor allem dreht die Autorin indirekt die Figur Kane auf den Kopf und macht aus dem bisherigen militärischen Hardliner einen Opportunisten, der nach der Macht greifen will. Das wäre vielleicht noch akzeptabel, aber die Autoren bauen in dieser Miniserie ein Szenario nach dem Nächsten auf, die in dieser Form nur bedingt Sinn machen. Vor allem implizieren die von Bina gefundenen Fakten die These, dass es gegen die Seuche kein Gegenmittel gibt und die Menschen auf jeden Fall sterben müssen. Ansonsten hätten die Androiden ihre Mission zu früh abgebrochen und der Angriff wäre ein Fehlschlag. Ein wenig zu viel hätte, wenn und aber in dem hier präsentierten Szenario. Auch von dieser angeblichen Seuche weiß Hommunk nichts, denn bislang hatte er Perry Rhodan drauf hingewiesen, dass das Abstellen des Rufs nicht ausreicht. Verfolgt der Leser diesen Handlungsstrang weiter, dann wäre das Abstellen des Rufs nicht einmal nötig, sondern die andere Gefahr deutlich mächtiger. Und warum sollen die Androiden die Welten nicht von Menschen säubern, wenn sie doch angeblich auf den Planeten Städte für wahre Menschen errichten wollen? Das würde implizieren, dass die Menschenstädte für eine andere Form von Mensch gedacht sind und den Erkenntnissen der ersten Romane widersprechen.

 „Falle für die Posmi“ hinterlässt neben einer komplett misslungenen Handlungsebene zu viele Fragen. Die Charakterisierung der fortlaufend auftretenden Protagonisten wirkt weiterhin sehr ambivalent und unkoordiniert, so dass neben viel Langeweile auch eine Identifikation mit den Figuren von Heftroman zu Heftroman deutlich schwieriger wird. „Falle für die Posmi“ ist nicht so schwach wie „Der menschliche Faktor“, aber generell eine weitere Enttäuschung dieser immer langweiliger und leider unnötig komplizierter, aber nicht komplexer werdenden Miniserie. 

            

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Heftroman  64 Seiten

Pabel Verlag

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