Perry Rhodan Neo 77 "Eine Falle für Rhodan"

Robert Corvus

Robert Corvus setzt mit seinem Roman „Eine Falle für Rhodan“ zwar unmittelbar an den Vorgänger und bietet mit der Handlungszeit November 2037 eine Zeitangabe an, das macht aber die Geschehnisse nicht realistischer. Weiterhin fehlt dem Universum eine innere Konsistenz, denn plötzlich gibt es auch Passagierraumer zu Mond, die zumindest in der Theorie mit einem arkonidischen Flottentender mithalten sollen. Unabhängig von dieser Nebenhandlung wirken manche, nicht einmal unterinteressante Handlungsbestandteile eher zugeschustert. So ist das plötzliche Auftauchen Thoras in Begleitung von Mildred Orson, Julian Tiffler, einigen Naats und Unithern aus dem Nichts heraus auf der einen Seite überraschend, aber auch auf der anderen Seite frustrierend. Sie sind der Manipulation der Puppen Derogwaniens entkommen und konnten nach verschiedenen Fehltransitionen das Sonnensystem erreichen. Das Raumschiff wurde versteckt. Am Ende des Romans nach einer Warnung gegenüber den Herrschern über die Erde schläft Perry Rhodan mit Thora. Während K.H. Scheer die Beziehung zu der Arkonidin zumindest nachvollziehbar dem Prinzip „was sich liebt, das neckt sich“ folgend vorbereitet ist, steht diese Szene wie einige andere nicht zum ersten Mal isoliert im freien Raum dar. Es ist das Ende eines relativ chaotischen Romans.

Ein weiterer Cliffhangar ist die „Selbstopferung“ Rhodanos gewesen. Dieser ist aber nicht tot, sondern wurde von den Arkoniden festgenommen und von den Aras untersucht. Ein Kloning kann ausgeschlossen werden, da Rhodanos nachweislich älter als Rhodan ist. Eine Videobotschaft eines zu vegetativen Lebens erweckten Rhodanos soll Perry Rhodan anlocken. Die Falle schnappt tatsächlich einen Augenblick zu. Rhodans Team dringt in das Queen Victoria Hospital ein und findet den Toten, nur noch an den Mediautomaten hängenden Rhodanos, der allerdings wieder kurzzeitig zum Leben erweckt, Rhodan vor Callibosos Puppen warnt, die sich schon unter den Menschen befinden sollen. Damit eröffnet Frank Borsch eine weitere, im Grunde unnötige Handlungsebene, da der „Kampf“ der Menschen gegen die Besatzer ausreichend für eine spannende Handlung gesorgt hätte. Auch die aus dem letzten Roman stammende Idee, dass alle Rhodanduplos getötet werden sollten, erinnert ein wenig an das Epetransarchiv mit seinen intelligenten Trägern, die Rhodan am besten auslöschen sollte. Diese Doppelung von Ideen dienen eher nicht der Spannungssteigerung, sondern zeigen, wie auf der einen Seite versucht wird, eine unmöglich zu lösende Situation zu etablieren, um diese später auf der anderen Seite zu relativieren. Das die Arkoniden aber anscheinend noch nichts von den Mutanten gehört haben – deren Wechselfähigkeiten opportun eingesetzt werden – erscheint genauso unwahrscheinlich wie das Auftreten des Fürsorgers mit 4 Terra Police Beamten. Früher wurden die Gebäude sofort unter undurchdringlichen Schutzschirmen isoliert. Vieles wirkt bei dieser Befreiungsaktion wie Stückwerk. Haben sich bislang die individuellen Gruppen um Perry Rhodan herum in dieser Serie eher nach dem Faktor Zufall verhalten, sind es dieses Mal die Arkoniden, die auf der ganzen Reihe versagen und nachweislich unterstreichen, wie naiv sie eigentlich sein müssen, damit Rhodan Erfolg haben kann. Interessante Figuren wie Andre Noir – dessen Wechselfähigkeit auf John Marshall übergangen sind – werden schwer vermisst. Natürlich handelt es sich bei der Befreiung Rhodanos nur um einen Pyrrhussieg. Er darf noch einige wichtige Informationen kryptisch von sich geben, bevor er „endgültig“ stirbt. Auch diese Idee des Wiedererweckens aus dem Cliffhangar des letzten „Neo“ Taschenheftes und das endgültige „Töten“ hat der Leser nun zur Genüge goutiert. Der letzte Charakter, der dieses unwürdige Schicksal erleiden musste, ist Iwan Goratschin gewesen.

Viel schlimmer ist der Doppelschlag, den jetzt unter der Führung von Reginald Bull „Free Terra“ versucht. Die Sabotage des irdischen Evernets inklusiv der Löschung aller relevanten Daten durch die Superwaffe des Leerraum- Rboters wäre noch nachvollziehbar, wenn auch schwer durchführbar. Aber die Kaperung eines arkonidischen Flottentenders, der bei einer englischen Flugshow an einem Wettflug terranischer Passgierraumschiffe zum Mond Begleitschutz bieten soll, erscheint absurde.  Vor dem Start wird eine Tenderbesichtigung durchgeführt.

Erst einmal stellt sich die Frage, woher die Menschen plötzlich eigene Raumschiffe haben, die zum Mond fliegen. Bislang lief die Umsetzung der außerirdischen Technik eher spärlich und so viel Zeit scheint angesichts der Bedrohungen nicht vergangen zu sein, dass die in ihrer Grundexistenz bedrohte Menschheit – daher der Flug nach Arkon – Raumschiffe zum Vergnügen und nicht zur Verteidigung des eigenen Planeten baut. Selbst wenn der Leser diese aus dem Nichts kommende Prämisse akzeptiert, erscheint die Umsetzung fragwürdig. Es gibt offensichtlich Widerstand auf der Erde, der erfolgreich ist. Das eine Widerstandsgruppe – natürlich Excalibur genannt – sogar nicht nur gegen die Fremden kämpft, sondern die Wiedereinführung des britischen Empires beabsichtigt, setzt dieser Handlungsebene im negativen Sinne die Krone auf. Natürlich müssen Bulls Leute mit dieser exzentrischen, kleinen Gruppen kooperieren. Warum aber so weit in die Ferne greifen. Alleine eine zweite Widerstandsgruppen mit den gleichen Zielen, aber unterschiedlichen, vielleicht brutaleren oder effektiveren Wegen hätte ausgereicht, um das Szenario zu etablieren. Robert Corvus und Frank Borsch schießen mit Kanonen auf Spatzen und reduzieren ihre nicht einmal uninteressanten Nebenfiguren wie die hitzköpfige Anführerin Robyn Thursey aufgrund ihrer Motive zu einer Farce. Rhodan findet auch gleich einen Jugendfreund – Jim Everson ist passend Ex- Söldner – mit dem er sich unter die Gruppe der Besucher mischt. Diese Handvoll Individuen sollen sich am Besichtigungsende in dem Flottentender verstecken und dann im Weltraum befinden die Zentrale stürmen.  An Bord der JOYFUL, einem der terranischen Mondraumer mit Ferronentechnik, sollen weitere dreihundert Kämpfer an Bord kommen. Der Tender soll sich dann mit der verschwundenen Deringhouse Flotte treffen, die man anscheinend aus dem Nichts heraus kommend wieder gefunden hat. Oder soll der Tender mit seiner Besatzung auf die Suche gehen? Der Plan ist so absurd – wer glaubt nicht, dass die Arkoniden den Tender sorgfältig zumindest nach potentiellen Bomben durchsuchen und vorher alle möglichen, für Menschen in Frage kommenden Verstecke abgedichtet haben – dass Rhodan ihn sofort über Bord schmeißt, als er von Rhodanos Lebenszeichen erfährt. Ganz der Anführer übergibt er diese sinnfreie Aufgabe an General Bai- Jun und macht sich mit einer nochsinnfreieren Aktion daran, Rhodanos zu befreien. Über weite Strecken gelingt sogar dieser Plan, wobei natürlich die Gruppe um Thursey sehr brutal vorgeht und es Spannungen zwischen den einzelnen Parteien gibt. Selbst das Material des Tenders kann in der Umlaufbahn bei blockierten Notsystem umgeladen werden, bevor ein Absturz über dem Mond manipuliert und die eigentliche Besatzung zum Aussteigen genötigt wird. Bedenkt man, dass die Arkoniden zumindest eine kleine Flotte, eine ganz kleine Flotte im Orbit haben, erscheint das Unterbrechen eines Funkkontaktes während eines aus Propagandazwecken durchgeführten und auf der ganzen Erde ausgestrahlten Wettrennens – da muss es ausreichend Kameras geben, sonst macht die ganze Aktion ja keinen Sinn -   wie ein Alarmsignal. Die Zentrale scheint wieder nur notdürftig geschützt zu sein und die Wachroboter werden wieder ohne Probleme ausgeschaltet. Anscheinend hat wirklich niemand im „Neo“ Team ein Gefühl dafür, wie komplex und stark diese Wachroboter wirklich sind. Stärker als die Menschen, reaktionsschneller und vor allem ohne Emotionen sollten sie einen derartigen Angriff auf das Herz des Raumschiffs abblocken können.  Wenn dann auch noch die Schiffsysteme manipuliert werden, um wie schon angesprochen einen Absturz zu manipulieren, ist die Grenze der Glaubwürdigkeit überschritten.

Zusammengefasst ist „Eine Falle für Rhodan“ einer der schwächsten Roman Robert Corvus. Stilistisch annehmbar sind es die vielen kleinen Ungereimtheiten, welche dem Leser die Lektüre ungenießbar machen. Hinzu kommt der weiterhin unnötig komplizierte Aufbau der Miniserie und vor allem die inkonsequente Entwicklung des „Neo“ Universums angesichts der bislang vergangenen Zeit. Immer wieder wird der Eindruck erweckt, als werden einfach nur Ideen zusammengeworfen, umgerührt und dann als Taschenheft präsentiert, ohne das sich wirklich einer der Autoren oder gar Frank Borsch Gedanken macht, ob das Geschehene in der Zeit überhaupt abgelaufen sein kann.   

 

Taschenheft, Pabel Verlag,

Erschienen August 2014, 160 Seiten

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