Heliosphere 2265- Band 24 "Endspiel- der letzte Schlüssel"

Andreas Suchanek

Am Ende des ersten Zyklus hat Andreas Suchanek sein bestehendes Universum mit dem Entstehen einer neuen Zeitlinie buchstäblich auf den Kopf gestellt. Den vorliegenden Schlussband des zweiten Zyklus sollte der Leser weniger als Höhepunkt – das ist er nicht nur aufgrund seiner doppelten Länge – eines zwölfbändigen Abenteuers verstehen, sondern als Sprungbrett einer dunklen Entwicklung, die untypisch für eine Science Fiction Serie auch ein wenig an H.P. Lovecraft und seine namenlosen von Jenseits der bekannten Dimension erinnert. Dabei bewegt sich der Autor immer auf einem sehr schmalen Grad, denn neben den überzeugenden menschlichen Schurken, von denen in einer finalen Auseinandersetzung zumindest einer erkennt, wie sehr er immer wieder manipuliert worden ist, ist es schwer, einen überzeugenden außerirdischen Antagonisten zu etablieren, der auch noch fremdartig erscheint. Es ist zumindest in der vorliegenden Konstruktion dieses Übergangs zwischen dem zweiten und dritten Zyklus das einzige Element, das ein wenig stereotyp und zu überzogen erscheint. Es ist ohne Frage eine Herausforderung der dritten Staffel, Schurken und Planer wie Richard Meridian gleichwertig oder sogar noch nachhaltiger zu ersetzen.

 Positiv gesprochen zerfällt dieser Doppelband in zwei gleichwertige und doch sehr unterschiedliche Hälften. Nachdem die Identität des großen Manipulators am Ende des letzten Romans aufgedeckt worden ist und er durch einen Fehler Sjöbergs die Identität des letzten der fünf Schlüsselträger zum Öffnen eines besonderen „Gefängnisses“ erfahren hat, werden diese wichtigen Personen im Auftakt des Buches förmlich eingesammelt. Dabei geht Andreas Suchanek in mehrfacher Hinsicht sehr einfallsreich vor. Unterschiedliche Schauplätze erscheinen wie eine  Revue durch das bisher schon umfangreich entwickelte Universum. Der Leser begegnet noch einmal sehr vielen, gut gezeichneten Nebenfiguren der Serie. Die Szenen sind dynamisch und vor allem abwechselungsreich geschrieben. Nicht ganz klar ist, ob eine Selbstopferung den vorläufigen totalen Triumph verhindern kann. Am Ende des ersten Teils sind  im Grunde die Bausteine gesetzt. Es ist die zweite Hälfte, welche – sollte dieses Universum weiterhin Bestand haben und nicht wieder überschrieben werden – überrascht. Andreas Suchanek macht seine Ankündigung wahr, verschiedene Nebenfiguren zu töten. Hinzu kommt, dass er zumindest eines der bekannten Raumschiffe in eine neue Dimension versetzt. Hier lässt sich der Autor ein Hintertürchen offen. Faszinierend zu lesen ist, dass alle Kommandounternehmen im Grunde schief gehen und zumindest der Handlanger bis auf den obligatorischen, eine wenig zu cineastisch effektiv inszenierten finalen Zweikampf sich durchsetzen kann. Es scheint lange Zeit so, als sei er wirklich den in diesem Roman tragischen Helden mindestens einen Schritt voraus. Auf jeden Zug kontert er mit einem Gegenzug. Andreas Suchanek baut so kontinuierlich die Spannung weiter auf, die er aber vielleicht als Frustration des Lesers gegen Ende des vorliegenden Doppelromans nicht abbaut, sondern unterschiedliche Szenarien hinterlässt. Die dritte Staffel wird mit mindestens drei Handlungsebenen – eine Galaxis, die sich gegen eine in der Theorie übermächtigen fremden Feind und das große schwarze Nichts zur Wehr setzen muss; eine Figur in einem intergalaktischen Schlund, was angesichts des Schicksals ihrer vier Leidensgenossen zumindest noch ein wenig Hoffnung beinhaltet und schließlich ein Raumschiff im Nichts -  starten.

Das dunkle, ohne Frage nihilistische Ende ist eine konsequente Weiterentwicklung dieses zweiten, rückblickend kompakter und vor allem auch vielschichtiger erscheinenden Zyklus. In den ersten zwölf Ausgaben hat Andreas Suchanek mehr als einen Status Quo etabliert. Man kann nicht davon sprechen, dass die Besatzung der „HYPERION“ in den zweiten zwölf Romanen irgendwann und irgendwo wirklich agieren konnte. Selbst in der Zukunftswelt hatte der Leser eher das Gefühl, als gehöre das Schiff zu den Gejagten. Mit dem Putsch in den ersten zwölf Romanen und der Etablierung von verschiedenen Nebenszenarien, die alle in der zweiten Staffel wieder aufgegriffen, verfeinert und überzeugend eingebaut worden sind zog sich ein vielleicht deutlicherer roter Faden durch die Serie. Dafür verschiebt der Autor geschickt den Fokus in den zweiten zwölf Bänden. Die Suche nach den Schlüsselträgern, die vom dreizehnten Abenteuer an mit deutlich Hinweisen und doch einige Überraschungen hinsichtlich der Identitäten das Gerüst dieses zweiten Teils bot. Da das Universum inzwischen etabliert worden ist, kann Andreas Suchanek vielleicht teilweise mit sadistischem Vergnügen diese Zukunft auch wieder destabilisieren. Im Gegensatz zur finalen Action des zwölften Bandes fokussiert Andreas Suchanek das Geschehen mehr. Laut seinem Nachwort wird die Zeit der Kämpfe wieder mit einer Art dunklem Zeitalter kommen. In der vorliegenden Form reicht aber die angebotene Action, da es auf die Zwischentöne ankommt. Wer mit dem Überschreiben der Gegenwart im Jahrtausendplan unzufrieden gewesen ist, wird mit diesem zugänglicheren, aber in sich noch nicht ausreichend originellen Ende – eine fremde Macht wird aus einer im Grunde ausbruchssicheren Gefängnis befreit, was wie schon angesprochen von Lovecraft über „Howard, the Duck“ oder „Superman“ eher eine Art Comicidee als reine Science Fiction Variante gewesen ist – eher Zufrieden gestellt.

Nach gut zwei Jahren „Heliosphere 2265“ und zwei so unterschiedlich explosiven Finalen lässt sich aber ein sehr gutes Zwischenfazit ziehen. Andreas Suchanek hat sein Universum nicht nur vielschichtig und vor allem differenziert mit dem Mut, an einigen Stellen destruktiv tätig zu sein, etabliert. Er hat überzeugend insbesondere im Vergleich zu seinen einzelnen Arbeiten bei „Maddrax“ und der am ehesten mit „Heliosphere 2265“ zu vergleichenden „Sternenfaust“ Abenteuern gezeigt, das er eine fortlaufende nicht nur überzeugend schreiben, sondern vielschichtig mit einem Auge sowohl für das Große als auch die vielen notwendigen Details konzipieren und aus sich heraus entwickeln kann. Es wird immer schwieriger, mit der zweiten oder gar dritten Staffel einzusteigen. Es findet sich zu Beginn eines jeden Buches eine  Zusammenfassung der meisten wichtigsten Ereignisse und immer wieder versucht der Autor vielleicht für Stammleser manchmal ein wenig zu sehr zu Lasten des Handlungstempos wichtige Informationen einfließen zu lassen , aber das Vorgehen ist angesichts der verschiedenen, sich auch schnell positiv ineinander ändernden Handlungsbögen auch notwendig.

Bei den Charakteren zeigt sich die wahre Stärke dieser Serie. Selbst Nebenfiguren, die kurze Zeit später sterben, werden immer wieder im Detail beschrieben und definieren sich aus ihren Handlungen heraus. Dabei reicht das Spektrum von den klassischen Helden bis zu den Schurken, die vielleicht manchmal ein wenig zu ambivalent beschrieben worden sind. Nicht jedes Motiv ist wirklich überzeugend – eine Reise an den Beginn der Schöpfung inklusiv der entsprechenden Unsterblichkeit wirkt zu ambitioniert für einen Machtmenschen, der ja dadurch seine bisherige Stellung als Herrscher/ Diktator aufgeben müsste -, aber die Handlungen der Figuren sind konsequent. Vielleicht hat Andreas Suchanek bei einigen unersetzlichen Protagonisten ein oder zweimal zu sehr mit der Erwartungshaltung der Leser gespielt und wie „Neo“ potentielle Tode vorgegaukelt, mit dem anhaltenden Sterben in diesem vierundzwanzigsten einer Reihe von schon im ersten Zyklus etablierten Figuren gleicht er dieses Manko aus.

„Endspiel- der letzte Schlüssel“ ist wie schon angedeutet ein im Vergleich zum zwölften Abenteuer deutlich befriedigender Abschluss, weil Andreas Suchanek nicht auf das nicht immer griffige Überschreiben eines in die Ecke geschriebenen Szenarios zurückgreift, sondern die Fäden nicht auflöst, sondern zusammenführt und eine dunkle Zukunft etabliert, in der aus den klassischen Helden Freiheitskämpfer werden müssen. Dynamisch strukturiert mit vielen einzelnen, mit einander verknüpften Szenarien zu Beginn konzentriert sich die Handlung auf einen Schlüsselpunkt und wird spannend, vielleicht aber auch an einigen Stellen ein wenig klischeehaft – siehe die finale Konfrontation Sjöbergs mit seinem Manipulator – beschrieben. Ein interessanter Abschlussband eines grundsätzlich sehr gut und packend zu lesenden Zwölfteilers, der insbesondere im Vergleich zu anderen Science Fiction Serien wie „Perry Rhodan Neo“ oder da auch zwölf Teile der „Stardust“ Miniserie nachhaltig unterstreicht, wie eine Science Fiction Space Opera zu funktionieren hat. 

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 4024 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 192 Seiten
  • Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (28. November 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00QFFAWZC