Attack of the Monster Movie Makers

Tom Weaver

Gleich die ersten drei Interviews dieser Sammlung zeigen nicht nur die Schwerpunkte, sondern auch die unterschiedlichen Temperamente, mit denen Tom Weaver umgehen muss. Merry Anders mit zwanzig Jahren Berufserfahrung ist immer noch bescheiden und zurückhaltend, der in den neunziger Jahren dienstälteste Drehbuchautor Charles Bennett rückt seine eigene Leistung ein wenig zu sehr in den Vordergrund und der Stuntmen Ben Chapmann als der auf dem Land spielende Part der „Creature from the Black Lagoon“ zeichnet sich durch detaillierte Beobachtungen aus, die Tom Weaver in seiner inzwischen erschienenen Chronik über die Entstehung der „Creature“ Trilogie sehr gut verwerten konnte. Dabei relativiert Ben Chapmann immer wieder die eigene Leistung und weist auf das Team mit einem dominanten und dominierenden Jack Arnold mehrfach hin. Merry Anders berichtet von den Dreharbeiten an einer Reihe von Horror- und Science Fiction Filmen, wobei sie insbesondere auf „The Time Travellers“ eingeht und diesen heute vergessenen Streifen aus der Versenkung hervorzaubert. Obwohl sie zwanzig Jahre fürs Kino und Fernsehen gearbeitet hat, denkt der Leser des Interviews immer noch, eine junge staunende Frau vor sich zu haben, die Angst hat, aus dem Traum Hollywoods zu erwachen. Charles Bennett hat nicht nur für Alfred Hitchcock – sieben Mal – Drehbücher verfasst, sondern lange Jahre auch mit Irwin Allen zusammengearbeitet. Auf der einen Seite kann er viele Aspekte der verschiedenen, durchaus heute noch bekannten Produktionen aus der Perspektive des Drehbuchautoren und damit während der Dreharbeiten auch hilflosen Zuarbeiters kommentieren, auf der anderen Seite rückt er vielleicht sein eigenes Werk und seine eigene Persönlichkeit sehr stark in den Mittelpunkt. Ohne Frage ist sein Können und seine Karriere überragend, aber insbesondere in diesem Gespräch vermisst der Leser weniger die ordnende Hand Tom Weavers, sondern vielleicht auch kritische Begleitkommentare. Immerhin stehen einige Aussagen Bennetts im Widerspruch zu anderen Interviews, die Weaver mit Stammpersonal Irwin Allens geführt hat. Auffällig ist das vor allem, wenn auf Peter Lorre eingegangen wird. Tom Weaver konfrontiert Bennett mit einigen markanten Kommentaren über Peter Lorre, die dieser eher abschmettert und sein persönliches, ohne Frage differenziertes Bild des Ungarns zeichnet. Faszinierend ist allerdings die lange Zeit – mehr als siebzig Jahre -, die Bennett für die Filmstudios geschrieben und wie viele Themen er aufgegriffen hat. Obwohl sein Name ohne Frage auf den ersten Blick nur intimen Kennern Hitchocks und Hollywoods etwas sagt, fallen einem bei der Nennung der auf seinen Drehbüchern basierenden Filme unzählige brillante Szenen ein, für die der Amerikaner verantwortlich zeichnet.   

Aber weitere Themen wie „American International Pictures“ oder das britische Horrorkino der sechziger Jahre ohne Hammer sowie der Vor- oder Nachteil der eigenen Produktionen bilden interessante, sich nicht nur überschneidende, sondern durch die unterschiedlichen Perspektiven und Ansichten auch miteinander in Konkurrenz stehende Themen dieser Sammlung. Angefangen mit einem sehr langen Interview mit dem Filmproduzenten Hermann Cohen, der neben „I was a Teenage Werewolf“ in Großbritannien eben auch „Horrors of the Black Museum“ oder „Konga“ produziert hat. In einem mit über vierzig Seiten längsten Interview dieser Sammlung werden fast alle Aspekte seiner langen Karriere und seiner Zusammenarbeit als unabhängiger Produzent mit „American International Pictures“ beleuchtet. Ergänzend findet sich ein Gespräch mit  Susan „The Slime People“ Hart, die als langjährige Ehefrau eines der beiden Chefs von AIP Jim Nicholson über die Arbeit vor der Kamera, aber auch die immer geschäftsmäßiger werdenden Abläufe bei einem der größten unabhängigen Produzenten und Verleiher der sechziger Jahre spricht. Der Regisseur Val Guest mit einer Handvoll herausragender britischer Science Fiction Filme ergänzt das Thema Unabhängigkeit durch seine Erfahrungen mit Produktionen wie „Der Tag, an dem die Erde Feuer fing“. Obwohl alle drei eigene langjährige sehr verschiedene Karrieren hinter sich haben, ist es faszinierend zu lesen, wie sich ihre Erfahrungen schließlich zu einem perfekten Sturm für eine unabhängige die damalige Jugend ansprechende Filmproduktion ergänzen und das mit dem Erfolg immer die Tränen in Form von fehlender Kreativität und Buchhaltern hinter den Kulissen kamen. Da Tom Weaver nicht nur ein erfahrener Interviewer ist, sondern vor allem ein Fan dieser Filme, wirken die Gespräche nicht nur locker, sondern er versucht seine jeweiligen Gesprächspartner vorsichtig zu führen. Er kritisiert nicht deren teilweise billige oder kaum zu ertragende Produktionen, sondern versucht über die ohne Frage vorhandenen, inzwischen als Klassiker gefeierten Perlen hinter die nicht immer auf den ersten Blick erkennbaren Fehlschläge zu kommen.

In Bezug auf den britischen Science Fiction und Horror Markt der sechziger Jahre kann Val Guest zum einen wie auch der ausgesprochen selbstkritische Robert Day berichten. Obwohl beide betonen, das Hammer Studios immer eine Familie gewesen ist, erscheint es erstaunlich, wie viel mit wie wenig Geld in Zeiten erreicht worden ist, in denen es dem Studio nicht zuletzt dank Frankenstein und Dracula gut gegangen ist. Val Guest und Robert Day geben einen sehr guten Einblick in die umfassende Arbeit des Regisseurs, der im Grunde mehr und mehr zu einem Mädchen für alles geworden ist. Während der Abstecher als Assistent von Hitchcocks frühen britischen Produktionen wie „A Lady vanishes“ bei Val Guest ein wenig zu gehässig erscheint, ist Robert Day ein informativer und ohne Eitelkeit sprechender Zeitzeuge, der über einige „The Haunted Strangler“ mit Boris Karloff genauso sprechen kann wie über seine Handvoll Tarzan Streifen, die er in den sechziger Jahren drehte. Auch die beiden Regisseur könnten von Hermann Cohen wieder umschlossen werden, der teilweise von Produktionen berichtet, in denen Regisseur für Stunden oder Tage ins Nichts verschwanden oder wie wichtig es ist, den richtigen Mann hinter der Kamera zu haben.

 Weitere Prominente sind nicht zugegen, sondern Gegenstand oder Mittelpunkt von Interviews. In diesem Fall Roger Corman, der von Betsy Jones- Moreland als streng, aber charmant charakterisiert worden ist, während der Produzent, Kameramann und einmalige Regisseur Jacques Marquees in ihm einen opportunistischen Geschäftsmann gesehen hat, der mit seinem deutlich strengeren Bruder die Schauspieler und vor allem das Team hinter der Kamera teilweise rücksichtslos ausnutze. Der Dritte im Bunde ist Ed Nelson, der Roger Corman immer für die Chancen bewundert hat, die er allen ohne Frage auch opportunistisch improvisierend gegeben hat. Da Jones- Moreland und Marquees an den auf Purto Rico entstandenen drei statt der geplanten zwei Filme direkt oder indirekt mitgewirkt haben, ergeben ihre Interviews ein interessantes, sich gegenseitig vervollständigendes Bild der damaligen Arbeitsbedingungen. Es ist aber schade, dass Tom Weaver bei Betsy Jones- Moreland nicht noch ein wenig über den Horizont geschaut und vor allem auf die wenigen Produktionen der siebziger Jahre wie „The Hindenburg“ oder  „Network“ mit ihr eingegangen ist.

Der Tausendsassa Hary Spalding berichtet über seine Zusammenarbeit mit dem Produzenten Lippert, die unter dem Banner von Fox möglichst billige Filme – Dialog ist effektiver als Action – mit teilweise phantastischen Inhalten entwickelten und erfolgreich vermarkteten. Spalding präsentiert sich als bescheidener, aber fachkundiger Mann, der einen Eindruck von den teilweise auf Improvisation basierenden Arbeitsbedingungen gibt und viele kleine Details offenherzig zugibt und dabei sein künstlerisches Werk unter den Scheffel des Geldes stellt.   

 Mit „War of the Worlds“ findet sich auch Science Fiction Klassiker der fünfziger Jahre mehrfach in dieser Sammlung erwähnt. Ann Robinson und William Phipps sprechen  ausführlich über ihre Erfahrungen während der Dreharbeiten an diesem George Pal Meisterwerk. Während Phipps noch auf einige andere seiner bizarren Science Fiction Werke eingeht, zeichnet Ann Robinson ein interessantes Bild ihrer Karriere, die sie mit ihrer Liebesflucht nach Mexiko selbst für Hollywood beendete. Kenneth Tobey spricht über die Dreharbeiten zu „The Thing“, wobei er mehrfach darauf hinweist, dass in erster Linie Howard Hawks und nicht Christian Nyby die Dreharbeiten verantwortet haben. Es gibt auch Widersprüche zu anderen Aussagen, die leider von Tom Weaver nicht hinterfragt werden. In vielen Interviews geht es ihm um das Aufzeichnen von persönlichen Eindrücken und nicht das Überarbeiten/ Hinterfragen von cineastischer Geschichte.    

Wie wichtig Tom Weavers Interviews sind, zeigt das Gespräch mit Rose Hobart, die nicht nur über ihre Arbeit mit Frederic March an „Jekyll& Hyde“ ausführlich berichtet, sondern ein Gefühl der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und leider der Kommunistenjagd in den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren innerhalb der paranoiden USA vermittelt. Das sie in ihrer kurzen Karriere neben frühen Schockers wie „East of Borneo“ auch an dem wahrscheinlich nachträglich bearbeiteten „Tower of London“ mitgespielt hat, zeigt ihre Bandbreite im Bereich des Horrorfilms außerhalb der in den dreißiger Jahre ungeheuer populär werdenden Universal- Studio Monsters. Ohne diese Auszeichnungen von Zeitzeugen würden unzählige Anekdoten, persönliche Beobachtungen und schließlich auch Hintergrundinformationen verschwinden, wobei einige ihrer Äußerungen leider von Tom Weaver weder relativiert noch weiter erläutert Äußerungen anderer Gesprächspartner in weiteren Interviewbänden auch widersprechen.  In die gleiche Kerbe schlägt das lange, sehr persönliche Interview mit Lupita Tovar, die nachts beim spanischen, lange verschollenen Dracula- Projekt mit gearbeitet hat, während tagsüber Tod Browning und Bela Lugosi einen Klassiker erschufen. Sehr offenherzig und mit immer noch feurigem Temperament berichtet sie nicht nur von den Dreharbeiten, sondern vor allem auch vom Geist dieser nächtlichen, extra für den amerikanisch- spanischen und mexikanischen Markt gedrehten Filme. Eine wunderbare Ergänzung bekannter Fakten und vor allem ein lebhaftes Portrait einer Hollywood Nebenentwicklung, die heute sonst schon vergessen wäre.      

Für manche Karrieren wie bei Cameron Mitchell reichen die vorhandenen Seiten nicht aus. Tom Weaver versucht ihn hinsichtlich einiger der billigen Produktionen zu locken, aber irgendwo im Hintergrund schwebt dessen inzwischen vergebliche Hoffnung, auch für seine schauspielerischen Leistungen von Beginn seiner Karriere und weniger für das Auftreten in Billigproduktionen Achtung und Bewunderung zu erhalten. Obwohl Mitchell ein wenig eitel sehr offen und ausführlich antwortet, wünscht sich der Leser ein stärkeres Hinterfragen der einzelnen Aspekte seiner Karriere und vor allem eine ambivalentere Behandlung wichtiger Themen wie Mario Bava. Im Falle von Vincent Price hat Tom Weaver zusammen mit Joe Dante den Schauspieler auf einem „Fangoria Weekend of Horror“ präsentiert. Die Fragen kommen zum Teil aus dem Publikum, zum Teil von den beiden Moderatoren. Vincent Price präsentiert sich in ausgezeichneter Plauderlaune und zitiert schließlich auch Edgar Allen Poe. Hier kann der Leser keinen komplexen Überblick über das Schaffen des Mimen erwarten, statt dessen folgen eine Reihe von teilweise bekannten Anekdoten und schließlich einige Anmerkungen zu den Filmen, in denen Vincent Price aufgetreten ist.    

Mit nur zwei Filmen schafft es Candace Hilligoss auch heute noch zu verzaubern. Wobei es in dem Gespräch im Grunde nur um „Carnival of Souls“ geht, während die Aufführung von „The Curse of the living Corpse“ für eine interessante wie beschämende Anekdote über ihre damaligen Kollegen reicht. Es ist erstaunlich, dass Tom Weaver über einen Film wie „Carnival of Souls“ doch noch weitere Informationen aus der attraktiven Hauptdarstellerin herauszaubern kann und selbst bekannte Aspekte so staunend natürlich dargereicht werden.  Auf der anderen Seite wird Herbert Rudley nur hinsichtlich seiner Mitarbeit an „The Black Sleep“ eben mit Lon Chaney Jr. , Bela Lugosi, John Carradine und schließlich Basil Rathbone interviewt, wobei es in diesem Fall sinnvoll gewesen wäre, den nicht eingeweihten Fans eine Inhaltsangabe des ausführlich im Interview besprochenen Films mit auf den Weg zu geben. 

Zusammengefasst ist „Attack of the Movie Monster Makers“ als eine der frühesten Interviewsammlungen Tom Weavers aufgrund seiner Bandbreite von Produzenten/ Regisseuren bis zu eher heute vergessenen Schauspielern, von amerikanischen C- Schockern zu den britischen Hammer Arbeiten, vom Dschungel bis in die Wüste eine der besten Sammelausgaben und als Einstieg in Weavers anfängliches Hobby auch aufgrund der seltenen und für Mcfarlands relativ vielen Fotos uneingeschränkt empfehlenswert.  

    

Research Associates Michael Brunas and John Brunas

Print ISBN: 978-0-7864-9574-0
Ebook ISBN: 978-1-4766-1685-8
109 photos, filmographies, index
396pp. softcover (6 x 9) 2014 [1994]

Mc Farland Books