The Scythe

Balogun Ojetade

Es lohnt sich, Balogun Ojetades Hommage an die Goldene Ära des Pulp in Kombination mit den frühen Vigilantengeschichten von hinten anzufangen. Neben der kleinen, vier Jahre vor der Haupthandlung spielenden und die weitere „Geburt“ eines natürlich schwarzen Antihelden zusammenfassenden Episode sind es die beiden Nachworte des in Afrika geborenen, aber in den USA lebenden Ojetade, die einen unglaublichen Quell von neuen Leseerlebnissen förmlich über dem Leser ausschütten. Zuerst definiert er eine neue Variation des Steampunks, nämlich den „Dieselfunk“, der eben die Mythen Afrikas in Kombination mit den klassischen amerikanischen Unterhaltungsgeschichten bringt.

Nimmt der Leser „The Scythe“ als Vorbild, dann wirkt die erste Hälfte wie eine klassische, nicht einmal besonders originelle Variation verschiedener Standardthemen. In den zwanziger Jahren wird ein farbiger Arzt während der Rassenunruhen in seiner Praxis von zwei arroganten Weißen erschossen. Sie haben ihn mit einem Trick dazu gebracht, seine Tür zu öffnen und erste Hilfe zu leisten. Allerdings sieht der Herr der Zwischenwelten in ihm noch Potential und schickt ihn wieder auf die Erde zurück, um als „The Scythe“ gutes zu tun. Dazu trägt er neben seinem Kostüm eine metallene Maske, die aus dem ersten Überfall stammend, sich seinem Gesicht anpasst. Ein typischer Stoff. Der Superheld/ Vigilant arbeitet wieder als Arzt. Er hat eine wunderbare hübsche und auch farbige Assistentin. Als „The Scythe” zerstört er nachts zahlreiche Lieferungen von Coca Cola, um die Macht eines örtlichen Verbrechersyndikates und ihre Tarnexistenz zu unterminieren. Gleichzeitig will er die Farbigen dazu bringen, ihre eigenen Getränke wieder herzustellen. Das hört sich in der Zusammenfassung lächerlicher als es der Autor beabsichtigt hat und vor allem als das er es präsentiert. Die Actionszenen sind relativ brutal, ohne exzessiv zu sein. Da Ojetade ein exzellenter Kampfsportler ist, kann er die Dynamik der Auseinandersetzungen sehr gut beschreiben. Während einer Verabredung mit seiner schönen Assistentin wird er im Restaurant von drei Weißen bedroht. Er muss im Grunde zumindest der Frau, die er auch liebt, seine Identität offenbaren. Ein weiteres, fast klischeehaftes Szenario. Mit dieser Szene endet aber auch jegliche Ähnlichkeiten zu den amerikanischen Vigilantenvorbildern, denn Ojetade schlägt nicht nur den Bogen zu den afrikanischen Mythen und damit eingeschlossen den zwischen den Menschen lebenden übernatürlichen Vampiren, die nicht nur eingeladen werden müssen, sondern andere Menschen quasi übernehmen und sich zu eigen machen. Auch seine Assistentin hat ein Geheimnis und ist nicht nur Ärztin, sondern ebenfalls Geheimagentin. Die Feinde haben sich übernatürlichen Beistand geholt, der in einem der für Ojetades Werk so typischen Rückblicke anscheinend schon seit Urzeiten eine besondere Rolle für und gegen die Menschen spielt. Immer mehr verliert sich der Fokus der Geschichte positiv, aber auch die Handlung teilweise erdrückend negativ in den afrikanischen Mythen. Wenn „The Scythe“ dann seinem Erzfeind auch noch aufsuchen muss, um ihn  nicht gleich zu töten, ist die überraschende Plotwende perfekt. Auch der finale Showdown – er wirkt wie ein Superhelden bzw. – Schurkentreffen inszeniert von Quentin Tarantino gegen alle Regeln des Genres – birgt so viele Wendungen, dass der Leser eher staunend auf die bekannte und vielleicht absichtlich so klischeehaft bieder angelegte Anfangssequenz schaut. Neben den angesprochenen afrikanischen Mythen ist es die tragische Schwermut, die diesen offensichtlich ersten Teil einer ganzen Reihe von Abenteuern auszeichnet. Das Ende ist offen genug, um auf die Fortsetzung zu warten und hinterlässt gleichzeitig den Eindruck, als musste der sich hinter „The Scythe“ verbergende Mensch doppelt leiden, um ein echter Held zu werden. Einige sehr gute Actionszenen in Kombination mit pointierten Dialogen runden diese absichtlich als Hommage auf die eher dreißiger denn zwanziger Jahre angelegte Superheldengeschichte mit einem afrikanischen bzw. schwarzen Vigilanten sehr gut ab. In seinem Nachwort versucht Ojetade seine Geschichte mehr in das angesprochene, eher konstruierte Subgenre abzuschieben, was im Grunde nicht nötig ist. Einfallsreich, exotisch und trotzdem sehr unterhaltsam präsentiert sich der Stoff. Viel wichtiger sind die Hinweise auf einige Veröffentlichungen anderer afrikanischer Autoren und deren Wurzeln. Auch im zweiten Nachwort, das sich allerdings wie aus einer Parallelwelt kommend mit unbekannteren Autoren, in erster Linie farbigen Charakteren und einiger Vielzahl von anscheinend für „The Scythe“ erschaffenen Mythen beschäftigt, erhält man noch einige Lesehinweise. Wer sich seit längerer Zeit mit der Pulpliteratur und weniger den Variationen des Steampunks aus Afrika kommend beschäftigt, wird im Grunde keinen dieser Charaktere wieder erkennen. Auf der anderen Seite ist es schön, einmal aus farbiger Sicht nicht negativ gemeint andere Facetten dieser übertriebenen, nicht selten simpeln, schnell herunter geschriebenen, aber immer aufs innere Tempo Wertlegenden Geschichten präsentiert zu bekommen, so dass dieses in erster Linie als Ebook preiswert zu erwerbende Abenteuer nicht nur unterhält, sondern den Lesehorizont ungemein erweitert und deutlich effektiver und vor allem exotischer erscheint als die „Conan“ Hommage „Once a Time in Africa“, die rückblickend sehr bemüht unabhängig von den unglaublich vielen afrikanischen Legenden und Mythen erschienen ist. Der Leser sollte unabhängig von der Kürze des Textes ein wenig Geduld mitbringen, die ersten vertrauten Kapitel ertragen, bevor er von den zahllosen Wendungen und wechselnden Koalitionen sowie dem tragischen Ende überrascht wird.

  • File Size: 739 KB
  • Print Length: 203 pages
  • Simultaneous Device Usage: Unlimited
  • Publisher: Roaring Lions Productions (February 1, 2014)
  • Publication Date: February 1, 2014
  • Sold by: Amazon Digital Services, Inc.
  • Language: English
  • ASIN: B00I6QQNAG