PR Neo 42- Welt aus Seide

Oliver Plaschka

Mit Oliver Plaschka betritt ein weiterer Debütant die NEO Bühne. Vielleicht wirkt deshalb die Perry Rhodan Handlungsebene des “Vorstoss nach Arkon” so zerstückelt? Man will den neuen Autoren eher abgeschlossene Stoffe geben. Warum Plaschka gleich zu Beginn ausführlich Rhodans Motive hinsichtlich des eher überstürzt veranlassten Vorstosses nach Arkon sklavisch herunterbetet, bleibt ungeklärt. Die Handlung des vorliegenden Romans wird eher wie das Planetenhopsen in der letzten “Atlan” Heftromanserie. Jede Welt für sich genommen ist ohne Frage faszinierend und die teilweise bizarren Ideen sind interessant, aber das Ziel wird aus den Augen verloren und erst in den letzten Romanen bzw. Taschenheften wieder gefunden.

Obwohl Atlan ihnen allen einen Flug der gehobenen Klasse gebucht hat, verbringen Perry Rhodan & Co ihre Zeit im Tiefschaf. Sie werden durch einen Maschinenschaden an Bord des Raumschiffes geweckt, der einen ungeplanten Zwischenstopp auf dem Planeten Trebola notwendig macht. Trebola gehört seit siebenhundert Jahren zum Großen Imperium. Die Trebolaner sind Arachnoide, spinnenartige Wesen mit einer einzigartigen Wirtschaft, deren Bedeutung für das große Imperium eher ambivalent abgehandelt wird. Sie können Fäden mit unterschiedlichen Materialeigenschaften - auch hier bleiben die Informationen vage - herstellen, die mittels verschiedener Zusätze oder Werkstoffe zu Verbundfasern verarbeitet werden können. Auch wenn die Idee einer Insektenkultur insbesondere für die Science Fiction nicht unbedingt innovativ oder neu ist, geht Plaschka in den Details auf und beschreibt die Kultur überzeugend und dreidimensional.

Die Idee, das die Trebolaner vor achthundert Jahren sogar ein Raumschiff gesponnen und einen benachbarten Planeten erreicht haben, gehört ohne Frage zu den besten Passagen der ganzen Serie. Hier kommt es zu einer Begegnung mit dem Goldenen, die in der alten Rhodan Serie als Helfer der “Meister der Insel” galten. Es könnten aber auch die “Meister der Insel” selbst sein, da alle eiförmige Geräte um ihre Hälse getragen haben. Weitere Zellaktivatoren. Leider fehlen tiefer gehende Hinweise, es bleibt die berechtigte Hoffnung, dass  die Goldenen in späteren Romanen wieder auftauchen. In der Gegenwart haben die Arkoniden als Schutzmacht den spinnenartigen wirtschaftlichen Aufschwung der Trebolaner gestoppt, in dem sie erstens primitivere Technik geliefert haben und zweitens hinter das Geheimnis des Webstahls und der Tarnseide zu kommen suchen. Die Tarnseide unterläuft überambitioniert und als ideales Werkzeug für den abschließenden Vorstoss nach Arkon angeblich sämtliche normale und hyperenergetische Ortungssystem der Arkoniden. Die Idee, “natürliche” Gaben gegen die sehr moderne Technik zu stellen, erinnert an ähnliche Versuche der “Terranauten” , wobei die Idee einer in umgekehrter Art und Weise grünen Zukunft dort deutlich nuancierter extrapoliert worden ist. Hier bleiben erstens zu viele Fragen offen und zweitens wundert es den Leser, warum das große Imperium nicht rücksichtsloser vorgegangen ist. Die Naats aus der letzten Miniserie seien hier expliziert genannt. Interessant ist, dass in diesem System ebenfalls ein Fahrstuhl zu den Sternen gebaut worden ist, der angesichts des technischen Fortschritts der Arkoniden und ihrer gigantischen Raumschiffe keinen wirklichen Sinn macht. Mit Einschränkungen hat die Idee bei der Erde angesichts des frühen Stadions der Weltraumexpansion noch funktionieren können, auf dieser Welt wirkt die Idee eher wie der Versuch, dem Roman Plot zu geben.

Nach einer Reihe von Romanen wird auch Thora wieder ein Auftritt zugestanden. Eine Botschaft aus einem Artefakt und damit aus der Vergangenheit erreicht Crest, als er gerade ein Museum besucht .  Die vollständige Botschaft enthält einen Hinweis auf “Puppen”, eine Idee, die William Voltz in einem seiner ersten Planetenromane verwendet hat. Ob es sich um die gleichen Invasoren handelt, bleibt abzuwarten.  

 

Während der Hintergrund des Romans ohne Frage interessant und die fremde Kultur sehr dreidimensional beschrieben worden ist, bemüht sich Oliver Plaschka, aus dem Wust an Fakten eine lesenswerte Geschichte zu machen. Es bleibt beim Versuch. Zu viele mechanische Plotelemente werden eingebaut. Da wäre zum einen die Entführung Crest, nachdem dieser einen kleinen Teil der Botschaft Thoras gehört hat, durch den Wissenschaftler Je- Ron- Tia. Warum er nicht auf eine direkte Art und Weise Kontakt mit dem Fremden aufgenommen hat, bleibt unbeantwortet. Zumindest weiß er, wie man einen Menschen/ Arkoniden k.o. schlagen kann.

Mit dem Besuch Perry Rhodans endet gleichzeitig die Legende des achthundert Jahre herrschenden Fürsten dieser Welt. Angeblich haben ihm die Goldenen ebenfalls einen Zellaktivator geschenkt, das “Zepter des Vidaarms”. Ohne zu viel zu verraten, handelt es sich um eine Täuschung, die hinter den Kulissen der trebolanischen Kultur schon Spuren hinterlassen hat. Daneben verleiht Atlan kurzer Hand einen Zellaktivator, der ebenfalls nicht zu funktionieren scheint. Diese Inflation von Zellaktivatoren trat in der alten Serie erstens erst zu einem späteren Zeitpunkt ein und hat sich zweitens als Fehlentwicklung erwiesen. In “Neo” erinnert diese kontinuierliche Begegnung mit dem angeblichen Geheimnis der Unsterblichkeit an eine Art “MacGuffin”. Bedenkt man, dass Crest die Zielkoordinaten der Erde suchte, um nach der relativen Unsterblichkeit zu forschen, wundert die ganze Geschichte um die “Welt aus Seide”. Hier hätte man zumindest vor den Kulissen eine bessere Spure nach diesem Urquell. Immerhin gibt es einen angeblich achthundert Jahre alten Herrscher und die Zellaktivatoren scheinen zumindest einigen Arkoniden auch nicht gänzlich unbekannt zu sein. Auch die Legende der Goldenen sollte über die Systemgrenzen hinaus gedrungen sein. Ein akribischer Forscher wie Crest hätte zumindest rudimentären Spuren dieser Sagen und Mythen begegnen können, vielleicht sogar müssen. Das er auf die ganzen Fakten so überrascht reagiert und in Kombination mit Thoras Botschaft aus der Vergangenheit/ einem anderen System oder einfach dem großen plottechnischen Nichts n natürlich auch schockiert ist, wirkt stark konstruiert und lässt “Welt aus Seide” eher wie eine Art Füllroman zumindest dieses Zykluses erscheinen.

Wie fast alle anderen Autoren kann Oliver Plaschka weder mit dem einige Sachen verschweigenden Atlan noch Perry Rhodan wirklich etwas anfangen. Hier Handlungen konzentrieren sich auf einen sehr beschränkten Rahmen und das Gesamtbild hellt sich keinen einzigen Deut auf. Das Gegenteil ist der Fall. Statt nach Arkon vorzustoßen, müssen Rhodan & Co. Im letzten Augenblick bevor eine arkonidische Grenzpatrouille ins System stößt, nach Thora suchen. Das die gefälschten Individualsignaturen anscheinend genauso wenig effektiv sind wie die futuristische Raumfahrt insbesondere im Vergleich zur Originalserie noch primitiv erscheint - siehe Tiefschlaf für die Passagiere - lässt “Neo” eher archaisch als innovativ erscheinen. Die Diskrepanz zwischen in die laufende Handlung integrierter bekannter Technik- hier seien nur die Arkoniden genannt, die auf Scheer Niveau agieren - und “neuen” Ideen ist zu groß, um wirklich begeistern zu können. Am schlimmsten ist das Fehlen jeglicher Dynamik. Zu Beginn wird noch mehrmals betont, wie wichtig das Erreichen und Löschen der Archivdaten in Hinblick auf das Überleben der Erde ist. Diese Fakten sind schon ad absurdum geführt worden, da anscheinend das Imperium vergessen hat, in ein modernes Raumschiff eine Art intergalaktisches GPS System einzubauen, während andere niedriger zu bewertende Objekte, Raumschiffe oder Völker sehr viel effektiver gesichert worden sind. Auch wirkt Rhodans Vorgehen wie auf einem Betriebsausflug. Schematisch, phlegmatisch, irgendwo von Atlan an einem extrem langen Gängelband geplant und vom ambivalenten wie unsterblichen Crest - am Anfang wirkte es noch überzeugend, das der Arkonide nicht mit dem Gedanken, relativ unsterblich zu sein, zurechtkommen konnte, jetzt ist es nur noch eine Art Running Gag -  entsprechend kommentiert. Es kommt bis auf die Begegnungen mit exotischen und außergewöhnlichen Kulturen keine Spannung auf dieser Handlungsebene auf, so dass “Welt aus Seide” rückblickend eine weitere Enttäuschung auf einem allerdings erzähltechnisch ansprechenden Niveau ist.      

Perry Rhodan Neo 42, Taschenheft

160 Seiten

Erschienen April 2013

 

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