Seewölfe 2- Schwarze Fracht

David J. Harbord
Davis J. Harbords zweiter "Seewölfe" Roman "Schwarze Fracht" setzt unmittelbar an den Auftaktroman an. Der Seewolf Killigrew hat mit einer Handvoll Getreuer an Bord der Prise von Sir Francis Drake Richtung Englang geschickt worden. Dem Zimmermann fiel die ungewöhnliche Konstruktion des Bugs auf. Nachdem das Schiff einen Sturm überstanden hat, werden die Engländer von spanischen Soldaten überwältigt, die sich in einer versteckten Kammer in diesem Bug versteckt haben. Killigrew und seine Leute können sich allerdings befreien. Sie überwältigen nicht nur die Spanier, sondern erobern in einem Handstreich eine zweite spanisches Schiff mit sechsundreißig männlichen und viel wichtiger siebzehn sehr attraktiven farbigen Sklaven an Bord. Ihnen will Killigrew die Freiheit geben. Auf einer abgeschieden gelegenen Insel der Azoren gelingt es den Piraten und den Farbigen, ein weiteres Schiff zu kapern. So können bis auf den gebrochenes Englisch sprechenden Batuti alle Farbigen zurück nach Afrika segeln. Batuti will sich der Mannschaft Killigrews anschließen.
Spätestens mit den zweiten ursprünglich Mitte der siebziger Jahre als Heftroman veröffentlichten "Seewölfe" Abenteuer beginnt sich ein festes Muster zu etablieren. Der Handlungsbogen besteht aus zwei Höhepunkten, während der ganze Plot in die Lebensgeschichte Killigrews eingebettet worden ist. Im Vergleich zum Auftaktroman, der immerhin eine phantastische Karriere vom entführten einfachen Matrosen zum Kapitän eines Schiffes im Zeitraffer abhandelte, bemüht sich Harbord, die Figur ambivalenter und nicht mehr so diminierend zu beschreiben. Killigrew macht eine Reihe von kleinen, im Grunde vernachlässigbaren Fehlern, die ihn schwächer erscheinen lassen sollen als er in Wirklichkeit ist. Natürlich ist er immer noch ein charismatischer Charakter und ein Aführer, für den seine Leute durchs Feuer gehen. Er kann gut delegieren und seine Moralvorstellungen sind eindimensional, aber fundamental. Er ist im Kampf tapfer und ehrlich, kann aber gegen die Feinde Englands - die in erster Linie grausam und verschlagen dargestellten Spanier, denen Killigrew auf Augenhöhe eines Gentlemens begegnet und deren Schurkereien er wie bei ungezogenen Kindern mit körperlicher Zucht bestraft - auch hart, aber niemals sadistisch erbarmungslos sein. Eine Schwäche - kennzeichnend für Pulphelden der deutschen Heftromanlandschaft der sechziger und weniger der siebziger Jahre - hat er auch. Er kann attraktiven und offensichtlich willigen Frauen nur unter Aufbietung aller Kräfte widerstehen. In diesem Fall wird ihm von Batuti gleich eines der schönsten Mädchen als willige Ehefrau angeboten, was Killigrew aus Fairness seiner Crew gegenüber natürlich ablehnen muss. Auf der anderen Seite wirkt die Zeichnung insbesondere der farbigen Sklaven wie aus einem Klischeebuch. Unter unmenschlichen Verhältnissen im Bauch des Schiffes gefangen gehalten, die Frauen immer wieder von einem zwergenhaft erscheinenden Spanier vergewaltigt, blühen sie nach Ende der Gefangenschaft wie aus dem Nichts wieder auf. Die Frauen tratschen mehr  ooder weniger nackt auf dem von der Sonne überfluteten Deck und irritieren nicht nur Killigrews Männer. später werden ihre weiblichen Formen - die Brüste liegen auf der Reling! - eingesetzt, um das zweite spanische Schiff angreifen zu können. Die männlichen Sklaven erholen sich schnell von ihrem Leid und erweisen sich als begabte Seefahrer, die wie Affen in die Wanden klettern können.
Wie schon angesprochen braucht Killigrew bei seinen Aktionen manchmal Hilfe, aber grundsätzlich folgt der Autor dem Muster der ersten Perry Rhodan Romane, in denen mittels waghalsiger und nicht immer wirklich überzeugender nachzuvollziehenden Aktionen diverse Schiffe bzw. in der Rhodan Serie Raumschiffe von übermächtigen Gegnern gestohlen und für die eigenen Zwecke eingesetzt worden sind. Das Killigrew schließlich mit vierzehn kampffähigen Männern zwei Schiffe steuern und bemannen will, funktioniert nur mit Hilfe der Farbigen. Als er sich entschlossen hat, das zweite Schiff anzugreifen, konnte der Seewolf diese Entwicklung noch nicht ahnen und der Angriff wirkt eher wie eine Art Selbstmordplan. Effektiver wäre es gewesen, das gegnerische Schiff zu sabotieren oder anzugreifen, um es zu versenken. Erst in späteren Romanen wird Killigrew eine Reihe rückblickend realistische Niederlagen erleiden, die er aber jedesmal teilweise ein wenig zu überzogen in glorreiche Siege ummünzt.
In einem Punkt überzeugen die schon mehr als dreißig Jahre alten "Seewölfe" Abenteuer auch weiterhin. Die Autoren haben sich bemüht, den historischen Hintergrund so realistisch wie romantechnisch möglich zu beschreiben. Nicht selten schweifen sie auf einige für den Leser interessante Details ab, so dass ein komplexeres geschichtliches Bild entsteht als man es mancher Heftromanserie zugestehen möchte. Auch die nautischen Fachbegriffe werden effektiv eingesetzt, nicht selten in Form von Unterricht für Killigrews jugendlichen, für das Comic Relief verantwortlichen Freund beiläufig dem Leser vermittelt. Später sollte mit dem "Seemannsknoten" noch eine Art Lexikon den Heftromanen beigefügt werden. Sprachlich bewegt sich Harbord teilweise auf einem zu dünnen Eis. Sein Slang rutscht zu leicht aus der Zeit heraus und manchmal wirken seine Beschreibungen ein wenig zu flapsig. Stimmungstechnisch präsentiert sich "Schwarze Fracht" trotz dieser Schwächen allerdings zufriedenstellend. Hinzu kommen wenige, aber gut beschriebene Actionszenen, in denen die erschlagend intellektuelle Überlegenheit des Seewolfs Killigrew ein wenig relativiert wird.
Da die Handlung unmittelbar an den ersten Band ansetzt und das Ende mit einigen Hinweisen auf eine bevorstehende Auseinandersetzung mit einem kleinen Kontingent spanischer Truppen auf der Azoreninsel sehr offen endet, empfiehlt es sich, die Serie mit dem ersten, teilweise kostenlos fürs Kindle lieferbaren Roman zu beginnen.   
  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 665 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 124 Seiten
  • Verlag: Pabel eBooks (1. November 2012)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
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