Starfire 1- Rebellion

David Weber & Steve White

Heinz Zwack informiert den Leser in seinem kurzen Nachwort, dass die "Starfire" Serie aus der Feder David Webers und Steve White auf einem Strategiespiel aus den neunziger Jahren basiert. Er vergisst allerdings zu schreiben, dass der vorliegende Roman auch schon dreiundzwanzig Jahre alt ist. Das ist auf den ersten Blick kein Manko, da sich in futuristisch militärischer Hinsicht zwischen der neuen Generation von Military SF und diesem Buch nicht viel weiterentwickelt zu haben scheint. Alleine die Kommunikationswege an Bord der Schiffe wirken antiquiert.

Ansonsten orientieren sich die beiden Seiten am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, wobei sie den Rebellen wider Willen über weite Strecken des ersten, aus unterschiedlichen Perspektiven geschriebenen Buches deutlich mehr Sympathien einräumen als den opportunistischen Herzweltern, die mit ihrer bislang nicht durchschaubaren Politik für den Kriegsausbruch verantwortlich sind. Die Herzwelten möchten mit den Orianern ein Bündnis schließen und diese in die galaktische Föderation aufnehmen.

Vor vielen Jahren haben die Menschen zumindest zwei Kriege gegen die Fremden geführt und Pyrrhussiege errungen. Die Grenzweltler wehren sich gegen die Aufnahme der Außerirdischen, da sie sich als Puffer zwischen den deutlich reicheren kapitalistischen Herzwelten und dem Orion sehen. Sie glauben, der Antrag auf Aufnahme sei nur ein Täuschungsmanöver. Als die beliebte Botschafterin der Grenzwelten, die sich einem Anschluss vehement widersetzt hat, ermordet wird, droht die Spaltung zwischen den Grenz- und den Herzwelten. Esa ist der berühmte Funke, welcher das Pulverfass zum Überlaufen bringt. David Weber und Steve White beschreiben diese Explosion aus sehr unterschiedlichen Perspektiven.

Da wäre zum einen der Bodyguard der Botschafterin, der laut eigener Erkenntnis versagt hat. Da wäre auf der anderen Seite der opportunistische Politiker, der die Botschafterin unmittelbar vor ihrer Ermordung brüskiert hat und sich jetzt wie ein Wendehals zumindest ihrer Mission anschließt. Auf beiden militärischen Seiten stehen mit einem Botschafter/ Admiral wider Willen und einer jungen ehrgeizigen Frau asiatischer Herkunft - sie erinnert nicht zufällig an eine frühe Harrington Inkarnation, den Charakter, dem David Weber inzwischen mehr als fünfundzwanzig Romane gewidmet hat - zwei kompetente Anführer sich gegenüber, die im Verlaufe der verschiedenen, sehr realistisch zwischen pathetischer Faszination und grimmiger Entschlossenheit gefochtenen Raumschlachten Sieg und Niederlage kennenlernen werden.

Weber und White folgen auf den ersten Blick bekannten, markanten und teilweise auch klischeehaften Schemata. Die Mörder sind von Opportunisten der Herzwelten angeheuert und bezahlt worden. Im nächsten Schritt erklären sich die Grenzwelten für unabhängig. Da die gigantischen Entfernungen berücksichtig werden müssen, erfahren die Politiker angesichts des Einsatz von langsamen Drohnen als sicherstes Kommunikationsmittel erst relativ spät von den verschiedenen Vorkommnissen in den Grenzwelten.

Weber und White sind sich der Ähnlichkeit zum amerikanischen Bürgerkrieg mit ausreichend Anspielungen auf den Unabhängigkeitskrieg durchaus bewusst. Auf den Unabhängigkeitskrieg spielt die Verwurzelung der Heimat in den einzelnen Soldaten, Mannschaften und Offizieren eine wichtige Rolle. Da mehr als sechzig Prozent der Space Marines von den Grenzwelten kommen, gelingt es ihnen bei anscheinend gut aufeinander abgestimmten Meutereien nicht nur wichtige Teile der auswärtigen Flotte zu übernehmen, sondern in einer Kamikaze Mission die wichtigste Raumwerft der Herzwelten zu zerstören. Die Niederlage ist komplett, als die arroganten und überforderten Admiräle der Herzwelten sogar auf landwirtschaftlich aufgestellten Planeten die Bevölkerung gegen sich aufhetzen und von der Menschenmenge förmlich weg gefegt werden.

Das wirkt alles sehr patriotisch bis teilweise kitschig. Die Grenzwelter sind durch die Ermordung ihrer Botschafterin provoziert, der potentielle Anschluss ohne dass der Leser die Auswirkungen wirklich überprüfen oder auch nur einzuordnen vermag, ist ein weiterer Schlag in deren Gesichter. Ihre Reaktionen sind verständlich. Zumal sie wie die Herzplaneten anscheinend seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten heimlich die Sezession geplant haben. Die Erfolge gelingen ihnen verblüffend einfach. Ist es dem Mittelteil dieses Buches überlassen, die Fronten und Ansichten zu relativieren. Immerhin haben die Rebellen mit ihrer Selbstmordmission angefangen, auch unschuldige Zivilisation zu töten.

Aber Weber und White überspringen diesen Ansatz mit einigen eher lapidaren Anmerkungen, dass das Wohl der meisten Menschen das Leid einiger weniger übersteigen muss. Die unterschiedlichen Perspektiven geben dem Roman in diesem elementaren, wenn auch ein wenig zu langen Mittelteil die notwendige Ambivalenz. Die Herzwelten und ihr entschlossener, unter einem Trauma leidender militärischer Anführer werden deutlich dreidimensionaler charakterisiert und ihre entschlossene Vorgehensweise als Reaktion und nicht ausschließliche Aktion relativiert.

Auch die Begegnung zwischen den beiden Anführern ihrer Truppen nach einer für die Rebellen katastrophal verlaufenden Schlacht zeigt nachhaltig, dass Weber und White an mehr als nur Schlachtengesang interessiert gewesen sind. Bevor es zum finalen Showdown zumindest der ersten Kriegsphase kommt, bauen sie allerdings eine unglaubwürdige und vor allem emotional oberflächlich schlecht geschriebene Liebesszene zwischen zwei sich seit Jahrzehnten kennenden erwachsenen Menschen ein, welche den Plot im wahrsten Sinne des Wortes zum Stillstand bringt.

Neben dieser aufgesetzten Liebesgeschichte wirken die beiden ansonsten routinierten Autoren überfordert, wenn die Herzwelten zumindest vorläufig die Grenzweltenflotte mit neuen Waffen - gigantischen Forts, die praktischerweise ebenfalls seit Jahren in der Entwicklung gewesen und innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Kriegsreife geführt worden sind - und damit die bisherigen Helden/ Außenseiter der Geschichte brutal besiegen. Zumindest wird die Kapitulation anerkennt.

Die Gründe hierfür liegen in einem weiteren, wie die Liebesgeschichte in der Luft hängenden Abschnitt des Romans. Zwischen den einzelnen Feldzügen haben sich Piraten in den Raumkorridoren breit gemacht, die mit gestohlenen Kriegsschiffen Jagd auf die Frachter machen und brutal die Zivilisten an Bord - stellvertretend werden hier Frauen und Kinder genannt - hinrichten. Weber und White machen klar, dass sich Soldaten auch im brutalsten Kriegsverlauf ergeben dürfen, Piraten aber trotz gehisster weißer Flagge unbedingt getötet werden müssen.

Diese teilweise sehr grobe schwarzweiß Zeichnung von zusätzlich auch noch Klischees durchzieht den zu breit angelegten Roman. Viele kleinere Episoden hätten ohne Probleme gestrichen werden können. Ebenfalls schwer fällt es den Autoren, die verstrichene Zeit zu vermitteln. Immerhin wird die schnell Karriere bei den Rebellen machende Hal in einer Raumschlacht verletzt und muss mindestens zehn Monate im Hospital verbringen, in ihrer nächsten Schlacht wird sie gefangen genommen und erst später ausgetauscht.

Durch die gigantischen Entfernungen zwischen den Welten, die mittels strategisch günstig postierter Sprungtore verkürzt werden können, vergehen mehrere Jahre vom ersten Einsetzen der Handlung mit der fatalen Sitzung der Föderation bis zur finalen Schlacht, die zumindest für kurze Zeit einen von den Herzwelten nicht vermuteten Status Quo zementiert.

Diese Jahre geben den beiden Autoren aber positiv auch die Chance, das neue Waffen nicht nur entwickelt, sondern auch eingeführt werden können, wobei sie bis auf die gigantischen Festungen auf Deus Ex Machina Lösungen gänzlich verzichten. Zu den Stärken gehören wie es sich auch für das zugrundeliegende Strategiespiel gehört die militärischen und weniger die politischen Manöver. Bei den politischen Manövern gelingen den Autoren eine Reihe von sehr pointiert und gut auch übersetzten Reden, die zwischen Euphorie und gezielter Manipulation, zwischen Ausgleich und Aggression hin und her pendeln. Auch in diesen Passagen wechseln die Autoren innerhalb einer Szene die Perspektive, was den Leser anfänglich desorientiert, ihm aber im Verlauf der Handlung die Möglichkeit schenkt, eine eigene Position zu beziehen.

Zu den Höhepunkten gehören ohne Frage die verschiedenen Raumschlachten. Auch wenn immer wieder auf die zehntausende von überwiegend gesichtslosen Opfern hingewiesen wird, strahlen diese Sequenzen eine morbide wie unheimliche Faszination aus. Weber und White bemühen sich nur in wenigen Szenen, dem Schrecken des Krieges und der Unerbittlichkeit des Raumkrieges ein Gesicht zu geben.

Diese stehen dann in einem teilweise krassen Kontrast zu den bis ins Detail beschriebenen Manövern der Flotten, den einzelnen Gefechten und den brennenden Schiffen jenseits des Orion, wie der Replikant in „Blade Runner“ so malerisch poetisch schrecklich im Angesichts des eigenen Todes sprach. „Starefire“ ist in dieser Hinsicht mehr als die Adaption eines Strategiespieles, es ist positiv wie negativ ein Military Science Fiction Roman, der auf der emotionalen Ebene zu Beginn und am Ende die Lesers geschickt manipuliert und sie ins Lager der Rebellen zieht, die pragmatisch amerikanisch für ihre zukünftige Selbstbestimmung kämpfen und sterben wollen.

Die ganze Serie ist nach dem durchaus komplexen, durch die verschiedenen nach einigen Kapiteln leicht voneinander zu unterscheidenden Charaktere nicht zu beurteilen, aber als futuristische Extrapolation des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges mit dem Aspekt das wie im Bürgerkrieg im Grunde Bruder gegen Bruder antritt liest sich die Geschichte mit einer kritischen Distanz der zu einseitig politischen und teilweise antidemokratischen Zwischentöne gegenüber trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihres Umfangs sehr flott.

Ein Glossar schließt neben dem Nachwort den Band ab.

Originaltitel: Insurrection - Starfire
Aus dem Englischen von Heinz Zwack

Deutsche Erstausgabe

Taschenbuch, Broschur, 640 Seiten, 11,8 x 18,7 cm
ISBN: 978-3-453-52959-5
Heyne- Verlag