Human

Alan Dean Foster

Nach "Genom" liegt mit "Human" der Mittelteil einer neuen Trilogie aus der Feder Alan Dean Fosters vor. Der Auftaktband konnte aus seinen guten und teilweise zeitgemäßen Ideen hinsichtlich der Genmanipulation und der Schaffung neuer Menschen sehr wenig machen. Die Fortsetzung ist inhaltlich noch schwächer, da Foster nicht über ausreichend Ideen verfügt, um wirklich drei Romane zu füllen. Zu den besten Aspekten eines Alan Dean Fosters Roman gehörte immer ein exotischer Hintergrund, der bekannte und teilweise markante Schwächen in seinem Werk ausgleichen konnte.  Warum es einem weit gereisten Schriftsteller wie Foster nicht gelingen kann, statt des vorliegenden mittelmäßigen Roadmovies mit wenigen Verfolgungsjagden eine spannende und für den Leser vielleicht auch lehrreiche, aber nicht belehrende Reise zu schmieden, wird wahrscheinlich Fosters Geheimnis bleiben.  Am Ende des ersten Bandes hatten sich die einzelnen, nicht unbedingt dreidimensionalen Charaktere gefunden, um eine Art Heimstatt zu finden, an der sie Antworten auf alle ihre Fragen zu finden suchten. Es ist schade, dass sie am Ende von "Human" diesen Ort noch nicht erreicht haben. Dieses handlungstechnische Strecken könnte der Leser noch verzeihen, wenn Foster insbesondere aus dem Abstecher nach Südafrika mehr gemacht hätte. Man muss bedenken, dass es sich bei Fosters Welt um eine umwelttechnische dem Abgrund entgegen taumelnde Erde handelt und dass die Nanoimplantate auch Menschen grundsätzlich verändern können. Foster deutet weiterhin überdeutlich daraufhin, dass die verschiedenen Antworten in Südafrika zu finden sind. Daher ist die Enttäuschung desto größer, als sich dieser Abstecher als ein weiterer Macguffin - leider nicht der letzte im vorliegenden Band - entpuppt.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen weiterhin Dr. Ingrid Seastrom und der Dieb/ Mörder Whispr. Während Seastrom aufgrund ihrer Entdeckungen verfolgt wird, schließt sich Whispr der Suche an, welche er über Daten verfügt, das ihn bei den richtigen potentiellen Käufer angeboten unendlich reich machen kann. Die Motive der beiden Protagonisten sind konträr, sie verlaufen aber zumindest in der Praxis und entgegen jeglicher Theorie nicht konträr, sondern scheinen sich zu überlappen. Immer wenn sich Konfliktpotential am Horizont zeigt, dreht und wendet Foster die Handlung, fügt eindimensionale Nebenfiguren ein und lenkt ab. Viel schlimmer ist, dass Whispr sich mittels verschiedener Nanoimplantate zu einem sprichwörtlichen Strich in der Landschaft hat umbauen lassen. Er erscheint fast zweidimensional, was ihm bei seinen Raubzügen helfen soll. Auf der anderen Seite giert er aber förmlich nach der attraktiven Seastrom. Schon im ersten Buch dieser Trilogie konnte Foster keinerlei Chemie zwischen seinen beiden Figuren aufbauen. Whispr emotional erotische Anwandlungen wirken im vorliegenden Mittelstück noch aufgesetzter und vor allem kann sich der Autor - wie beim Plot - nicht entscheiden, in welche Richtung er voranschreiten soll.

Viel schlimmer ist, dass Foster sich in dieser Hinsicht in eine Ecke geschrieben hat. Seastrom macht Whispr mehrmals überdeutlich klar, dass sie körperlich sich nicht von ihm angezogen fühlt. Das passiert jeden Tag unzählige Male. Foster versucht den Leser auf die Seite des enttäuschten und sich zurückgesetzt fühlenden Whispr zu ziehen. Warum eigentlich? Erstens können die beiden aufgrund sich überschneidender Interessen weiterhin zusammenarbeiten und müssen nicht den Pulpgesetzen folgend ein Paar werden. Zweitens viel expressiver kann der Leser an keiner Stelle nachempfinden, was Whispr überhaupt für die attraktive Seastrom empfindet. Er starrt ihr immer wieder auf die Brüste, die operativ vergrößert worden sind, was wiederum in der Wissenschaftlerin Schuldgefühle auslöst. Immerhin wollte sie damit nur einem inzwischen Ex- Partner einen "Gefallen" tun. Um einen Kompromiss zu finden, bietet Seastrom Whispr an, ihm mehr am Ende dieser Mission zu bezahlen. Warum sie mit der Geldzahlung ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen sucht, ist eine der Monologe, der wie vieles im vorliegenden Band ins Nichts führt. Es bleibt abzuwarten, ob Seastrom ihre Abneigung gegenüber Whispr im letzten Band der Serie überwindet oder dieser sich wieder genetisch verändern lässt, um ihrem Ideal zu entsprechen. Es gibt ohne Frage ausreichend Möglichkeiten, diese eindimensionale klischeehafte Nichtbeziehung im letzten Buch der Trilogie nach den Erwartungen des Autoren und weniger der Leser hinzubiegen.

Bedroht werden Whispr und Seastrom von dem professionellen Auftragskiller Napun Mole, der dank seiner genetischen Veränderungen wie eine kleine Armee daher kommt. Mit dieser Prämisse negiert der Autor schon jeglichen Spannungsaufbau, da Seagram und Whispr im Grunde keine Chance gegen Mole haben. Auch die Taktik, ständig in Bewegung zu sein, kann angesichts dessen Fähigkeiten keinen Erfolg versprechen. Viel schlimmer ist, dass Foster aus nichtigen Gründen die Professionalität Moles in Frage stellt. Bislang hat er sich als eiskalter Auftragskiller erwiesen, jetzt soll er die Beiden nicht nur töten, er will sie leiden sehen. Immer wenn Auftragskiller ihre Opfer sadistisch quälen wollen, eröffnet sich für den Autoren eine Art Hintertür, durch die chancenlosen Opfer schließlich entkommen und den Spieß umdrehen können. Es sollte keine große Überraschung sein, wenn Foster im letzten Band der Trilogie auf diese Mittel zurückgreifen wird. Hinzu kommt, das Foster Mole derartig selbstverliebt und arrogant egoistisch darstellt, das er sich in entscheidenden Szenen selbst im Wege steht. Von einer Lernkurve kann keine Rede sein. Realistisch braucht er sie auch nicht, zu überlegen müsste er sklavisch Fosters Beschreibungen folgend auch sein. Diese Ambivalenz findet ihr Gegengewicht im kontinuierlichen Jammern der beiden Protagonisten, die ihre Chancen der Logik folgend auch als realistisch verschwindend gering einschätzen. Nur folgt Foster nicht den Prämissen, die er sich selbst aufgelegt hat.

 

Aber Foster steht sich neben der hauchdünnen und wenig befriedigenden Zeichnung seiner Figuren auch selbst im Weg. Die verschiedenen Phantasien ignorierend ist relativ wenig Plot da. Die Spionagegeschichte inklusiv der für diese seltsam verformte Zukunft wichtigen Informationen wird wie schon angedeutet nicht weiter vorangetragen. Vor allem gehen die Andeutungen eher ins Leere. Foster fehlt das Gespür für eine gute Thrillergeschichte.

Diese Entwicklung ist zusätzlich bedauerlich, als das er mit seinem Hintergrund über die erste „Dimension“ des Beschreibens auch nicht viel anfangen kann. Groteske Beschreibungen von menschlichen Körperkultexzessen reichen nicht aus. Der Leser hat das unbestimmte Gefühl, als zeichne der Autor ein surrealistisches Stillleben. Das Potential seiner Idee hebt er an keiner Stelle. Im Grunde kann diese futuristische Gesellschaft mit der Gegenwärtigen nicht mehr viel zu tun haben. Stattdessen isoliert Foster einzelne Aspekte und setzt sie in einigen wenigen, dann allerdings gut geschriebenen Szenen progressiv ein, um im anschließenden Kapitel wieder in den üblichen Trott zurückzufallen.  

 

Zusammengefasst ist "Human" eine schwache Fortsetzung eines routiniert geschriebenen Fosterromans, der mit seiner Grundidee im Grunde nichts wirklich anfangen kann. Foster verfängt sich zu sehr in seinen inneren wie äußeren Beschreibungen. Hinzu kommt, das der Plot dieser ersten beiden Bände von einem Lektor nicht einmal streng bearbeitet in ein Taschenbuch gepasst hätte. Die Idee der Geldschneiderei kommt dem Leser unwillkürlich nach Abschluss der Lektüre des zweiten Bandes der Trilogie, den man sich inhaltlich wie erzähltechnisch ohne Probleme schenken kann. Der Niedergang Fosters setzt sich mit diesem Buch kontinuierlich fort. Der abschließende Teil "Signale" muss zeigen, ob der Amerikaner in letzter Sekunde noch die Kurve bekommt und aus dieser nicht uninteressanten Idee zumindest einen lesenswerten Roman machen kann. "Genom" ist es vielleicht mit starken Einschränkungen gewesen, "Human" ist es leider auf keinen Fall.

 

  • Taschenbuch: 352 Seiten
  • Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch); Auflage: Aufl. 2013 (17. Mai 2013)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3404207149
  • ISBN-13: 978-3404207145
  • Originaltitel: Body, Inc.