Rettungskreuzer Ikarus 83: Kein Schrei zu laut

Dirk van den Boom

Mit „Kein Schrei zu laut“ schließt Dirk van den Boom seine Trilogie ab. Schon im zweiten Roman „Kein Schmerz zu tief“ zeichneten sich eine Reihe von markanten, aber auch leider bekannten Handlungsmustern ab, auf denen der Saarbrücker auch diesen kurzweilig zu lesenden, aber teilweise zu stark vertrauten Roman aufgebaut hat.

 Die zugrunde liegende Handlung mit dem Unfall des Verhüttungsschiffes und der entsprechenden Vertuschungsoperation des Konglomerats extrapoliert der Klappentext des letzten Romans pointiert. Leider kommt dem aufmerksamen Leser zumindest als Variation eine Idee sehr bekannt vor. Die Pilotfolge zu „Mission Farpoint“ hat einige Aspekte dieses Szenario allerdings in einer deutlich unterhaltsamen und lange Zeit die Zusammenhänge verschleiernden Art und Weise schon aufbereitet. Nur bedingt kann Dirk van den Boom neue Aspekte entwickeln.

 Die Crew des Rettungskreuzers steht in mehrfacher Hinsicht zwischen den vor allem politischen Fronten. Auf der einen Seite müssen sie versuchen, das „Unrecht“ vielleicht nicht ganz wieder gut zu machen, aber zumindest unter Kontrolle zu bringen und weitere Opfer von Unschuldigen zu vermeiden. Auf der anderen Seite hat das Konglomerat in Person der inzwischen mit einem neuen Namen agierenden Frau fürs Grobe kein Interesse daran, dass ihre Machenschaften ans Licht kommen. Und die Ikarus ist in dieser Hinsicht angetrieben auch vom stringenten Plot und einigen Hinweisen zur rechten Zeit allerdings ein wenig aus dem inhaltlichen Konstruktionskasten erstaunlich weit. Auf der anderen Seite muss die Ikarus sich in dem wieder um Kontakt bemühenden System auch an Recht und Ordnung halten. Dazu gehört die schon im zweiten Roman angesprochene Lokaltermin mit einer erstaunlich offenen Befragung vor Gericht.

 Auf der letzten Handlungsebene versuchen Adrian und Penny weitere Kontakte spielen zu lassen. Dass wird in einer amüsanten Exkursion sowie zur heimlichen Herrscherin des bevölkerten Androiden, Donna, die nicht gerne Gefallen vor allem von dritter Seite einlöst. Wie in den ersten beiden Bänden ist der Handlungsbogen um den sich wieder aufrappelnden Rechtsanwalt Adrian und die Kellnerin Penny der beste Abschnitt der ganzen Trilogie. Es finden sich deutlich mehr Wortwitz und Dirk van den Boom hat die Protagonisten zwar immer wieder entlang mancher Kneipenklischees sehr lebendig entwickelt.

 Auf den anderen Spannungsbögen agiert der Saarbrücker Autor manchmal ein wenig zu mechanisch. Einzelne Handlungsabschnitte inklusiv der Zombies, der gesichtslosen Konglomeratsicherheitskräfte und schließlich auch der Crew des Rettungskreuzers Ikarus inklusiv der Ohnmachtswelle an Bord lesen sich kurzweilig, laufen aber in bekannten stereotypen und von Dirk van den Boom auch gerne in seinem inzwischen umfangreichen Werk verwandten Mechanismen aus.

 Es ist schade, das der Autor aus dem politischen Problem – neues System, ein durch eine unbekannte Macht beschädigtes Raumschiff – zu Beginn des Romans abschließend zu wenig macht. In einigen seiner früheren Trilogien hat der Saarbrücker aus seine berufliche Erfahrung in die Wagschale geworfen und interessante Winkelzüge entwickelt. In dieser Hinsicht überzeugen nur die Auseinandersetzungen vor dem örtlichen Gericht. Auf der anderen Seite ist Dirk van den Boom inzwischen ein derartiger routinierter Unterhaltungsautor, das er auch im Vergleich zu seinen sonstigen Epen kleineren Bühne sein Publikum unterhalten und mitreißen kann.

Die „Kein...“ Trilogie ist kein kompletter Misserfolg, aber auch vor allem nach Holger M. Pohls inhaltlich sehr viel komplexerer Tetralogie auch kein rauschender Erfolg. Es ist kein Routineeinsatz, auch wenn die finale Auflösung routiniert erfolgt. Es ist ein klassischer „Rettungskreuzer Ikarus“ Einsatz mit vertrauten Versatzstücken, aber kein Klassiker unter den „Rettet mindestens das Sonnensystem, wenn nicht das bekannte Universum“ Missionen.

 

Rettungskreuzer Ikarus 83: Kein Schrei zu laut

  • ASIN ‏ : ‎ B09C4JS16M
  • Herausgeber ‏ : ‎ Atlantis Verlag Guido Latz (30. September 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Dateigröße ‏ : ‎ 37156 KB
  • Gleichzeitige Verwendung von Geräten ‏ : ‎ Keine Einschränkung
  • Text-to-Speech (Vorlesemodus) ‏ : ‎ Aktiviert
  • Screenreader ‏ : ‎ Unterstützt
  • Verbesserter Schriftsatz ‏ : ‎ Aktiviert
  • X-Ray ‏ : ‎ Nicht aktiviert
  • Word Wise ‏ : ‎ Nicht aktiviert
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 138 Seiten