Der letzte und siebente Sammelband umfasst die abschließenden drei Zauberkreis SF Hefte, die in den Jahren 1980 und 1981 erschienen sind. Für alle drei Hefte legen die Originalmanuskripte des Autoren vor, so dass die Kürzungen der damaligen Verlagsveröffentlichung rückgängig gemacht werden konnte. Alleine diese Vorgehensweise nicht nur bei den H-J. Müggenburg Veröffentlichungen, sondern auch die sorgsame Bearbeitung der Hugh Walker Werke ist eine Neuanschaffung der heute noch antiquarisch leicht und billig zu erhaltenden Hefte wert. Herausgeber Peter Emmerich weißt in seinem Vorwort auf einige prophetisch interpretierbare, aber dem damaligen wie heutigen Zeitgeist geschuldete Äußerungen vor allem im ersten Roman „Transmitter Spedition“ hin. Steuerhinterziehung als Wirtschaftstreiber, da sonst die Steueroasen locken. Aber auch Wahlkämpfe mit kriminellen Kandidaten, welche ganze Demokratien zerreißen können. Die ewige Macht und Versuchung des Geldes, aber auch im Umkehrschluss eine Handvoll von Superreichen, die eben nicht nur die eigenen Interessen und Hobbies im Kopf haben, sondern über das von H.J. Müggenburg aus kulinarisch ausführlich beschriebene Luxusleben hinaus ein Interesse am Fortbestehen und der Gesundheit der ganzen Menschheit haben.
Zauberkreis 228 "Transmitter- Spedition" eröffnet die Anthologie. Es ist der einzige Roman aus dem Jahr 1980. Am Plot lassen sich sehr gut H.J. Müggenburgs Stärken und Schwächen erkennen. Während viele Autoren ihren Plot, vielleicht den einzigen zur Verfügung stehenden Handlungsstrang mit Mühe auf die obligatorischen vierundsechzig Heftromanseiten aufbläen, ist sich der Autor nicht zu schade, den Haupthandlungsbogen zu beenden und auf den letzten zehn Seiten nicht unbedingt etwas Neues, aber etwas Anderes zu vollenden. Dadurch wirken seine Heftromane nicht selten ausgesprochen kompakt und eher wie ein ausführliches Expose für eine ganze Serie oder zumindest ein Taschenbuch, aber nicht einen einzelnen Heftroman. Einzelne der zahlreichen Aspekte können bei oberflächlicher Lektüre verlorengehen und diese Fahrlässigkeiten der Leser "bestraft" der Autor gerne doch einzelne Extrapolationen gegen Ende des Handlungsstrangs, in dem er Details oder Facetten aus den ersten Seiten noch einmal aufgreift und ggfs. aus einer anderen Perspektive relativiert.
Lange bevor der Industriemagnet und Erfinder eines Transmitters Morowicz einen Transportauftrag in Millionenhöhe zu einem paradiesischen Planeten mit Namen Eden vergibt, hat Müggenburg schon das Hintergrundszenario etabliert. Die Menschheit hat die Sterne erobert. Zwölf Firmen haben sich den Markt mit den billig produzierten in erster Linie Transport, aber nicht Luxusraumschiffen unter sich aufgeteilt. Die zwölf Männer sind unfassbar reich geworden und haben sich in einer konzertierten Aktion besondere private Raumschiffe bauen lassen. Gemeinsam haben die zwölf nicht nur die Erde verlassen, sondern ihre Werften für unfassbare hohe Summen an die örtlichen staatlichen Organisationen verkauft. Nur wenige Tage, bevor Morowicz seine Erfindung präsentierte: den Transmitter. Er ist zwar auf eine Empfangsstation angewiesen, aber plötzlich stehen den Menschen die Sterne nur einen Schritt entfernt gegenüber.
Die Aktien der Raumwerften brechen ein. Hier setzt dann der schon angesprochene Plot ein. Der Transporteuer – Morowicz braucht ja eine Gegenstation auf der anderen Welt – ahnt, dass kein Urlaubsplanet aus Eden werden soll. Zumal sich dort nicht nur entsprechende Bodenschätze von einer ambivalent beschriebenen Urkraft befinden, sondern die Ureinwohner eine klassisch klischeehafte Kriegerrasse sind.
Ernste und eher lustige Szenen wechseln sich ab. Ein wichtiger Aspekt ist ein besonderer Pokal, der abschließend Morowicz überreicht wird. Der Weg dahin wirkt allerdings teilweise ein wenig steinig und dazu ist es notwendig, dass Morowicz der eigenen Arroganz folgt und als erster Eden betritt. Nicht als allererster Mensch, aber zumindest am Kopf seiner militärischen Eingreiftruppe. Auch die Diskussionen an Bord der Oligarchenraumschiffe immer von erlesenen Weinen und Speisen begleitet wirken nicht nur heute, sondern auch in den achtziger Jahren belustigend. Im Gegensatz zu verschiedenen anderen Heftromanautoren haben Müggenburgs Frauen aber zumindest wenigstens eine spitze Zunge, manchmal auch einen guten rechten Hacken.
Der grundlegende Plot ist relativ simpel gestaltet. Auf Morowicz wird gewartet, die fremde Kriegerrasse eher ausgeblufft und auf den richtigen Pfad zurückgeführt. Mit etwas mehr als sanfter Gewalt. Dabei bemüht sich der Autor, einen Einblick in die Kultur der Fremden zu geben.
Die Simplizität des Plots fällt aber positiv gesehen nicht unbedingt ins Gewicht, weil H.J. Müggenburg den Handlungsbogen buchstäblich mit einem Feuerwerk von Einfällen behängt, vielleicht sogar erdrückt. Beginnend mit den ersten Raumschiffen und endend mit einer einzigartigen Parade der zwölf Raumschiffe der Oligarchen, die später wieder als Wächter der Menschheit mit ihren intelligenten Kommandanten an Bord im Meer auf ihren nächsten Einsatz warten. So werden Legenden geschmiedet, wobei der Zeitraum von den ersten Flügen über den Bau dieser Superraumschiffen zur Erfindung des Transmitters und damit der hier beschriebenen Mission in ein einziges, längeres, aber nicht relativ unsterbliches Leben passen soll. Da überspannt der Autor ein wenig zu sehr den Bogen.
„Die vierte Generation“ (Zauberkreis 237 aus dem Jahr 1981) ist vielleicht noch exzentrischer als „Transmitter- Spedition“. Es Zusammenfassung lässt die Geschichte bizarrer und weniger zusammenhängend erscheinen als es bei der Lektüre der Fall ist. Rafel Tanner gehört einer adligen Familie an. Er ist der amtierende Earl of Hagort. In jungen Lebensjahren entdeckt er mit einem Bekannten zusammen einen bewohnbaren Planeten und trägt seinen Claim ein. Das bringt ihm Milliarden. Mit 35 Jahren soll er an das Grab seiner Eltern zurückkehren und wird dort seine zukünftige Frau kennen lernen, die ebenfalls dahin bestellt worden ist. Die Eltern sind nicht wirklich tot, sondern befinden sich in einer Art Stasis. Ihre Bewusstseine können telepathisch mit einander, aber auch mit ihrem Sohn kommunizieren. Das erste Mal am 35. Geburtstag. Natürlich ist auch das attraktive Mädchen gleich von Rafel hingerissen. Sie ist eine russische Professorin, die nach ihrer Ehe immer noch jedes Jahr zehn Tage an der russischen Universität lehren muss. Ihr Mann bekommt eine doppelte Staatsbürgerschaft. Gemeinsam werden sie ins All aufbrechen, die Eltern sind quasi telepathisch auf der Hochzeitsreise mit dabei. Am Ende wird es eine weitere Generation von Hagorts geben, deren Fähigkeiten sich natürlich extrapoliert „vermehren“.
Es ist schwer, den Roman mit adäquaten Worten wiederzugeben. Wie in seinen letzten Romanen fügt Müggenburg eine Idee zur Anderen. Dabei kümmert ihn Struktur und Umfang des ursprünglichen Heftromans wenig. Das ist auf der einen Seite positiv, da die Charaktere manchmal seitenlang auch mit den allgegenwärtigen Eltern philosophieren, dann wieder quasi von einem Punkt der Galaxis zum Nächsten hetzen. Ein klassischer Spannungsbogen fehlt im Gegensatz zu „Transmitter- Spedition“ und mit großen Einschränkungen dem letzten Band dieser Sammlung „ Errol Minor`s Fahrten“ gänzlich.
Ausführlich beschreibt Müggenburg die Welt der Reichen der Zukunft. Da wird selbst im anscheinend immer noch ein wenig kommunistischen, aber auch weltoffeneren Moskau diniert. Im All gibt es nur in einem speziellen Superraumschiff das Beste und wenn Probleme auftauchen, werden sie relativ schnell gelöst.
Der humorige flapsige Unterton, den Müggenburgs beste Romane auszeichnet, fehlt inzwischen. Das liegt nicht mehr an den Lektoren des Zauberkreis Verlages, sondern am Autoren selbst. Alle drei Originalmanuskripte lagen ja vor. Interessant ist, dass Tanner sich im Grunde kaum überraschen lässt. Am 35. Geburtstag erwachen quasi die Eltern telepathisch aus ihrer Gruft. Keine Vorwürfe, dass sie ihren Tod ja irgendwie auch vorgegaukelt haben, damit aus Rafel Tanner ein Mann wird. Natürlich ist ihm die attraktive Russin sofort sympathisch. Am Ende des Buches wird impliziert, das es sich um eine Art gesteuertes Züchtungsprogramm handelt, um die besondere vierte Generation, eine Art Übermenschen zu erschaffen. Moralisch alles fragwürdig, aber von Müggenburg in seinem dieses Mal nicht wirklich funktionierenden pragmatischen Stil relativ geradlinig erzählt.
Von der Struktur über den Handlungsverlauf bis zum eher offenen Ende ist „Die vierte Generation“ ein Kuriosum. Eine Art potentielles Superheldenepos ohne charismatische Charaktere oder einen stringenten Handlungsbogen. Eine Geschichte, die viele Themen streift und anreißt, aber keines irgendwie beendet. Interessant ist, dass Müggenburg zum Beispiel beim Claimanmelden eines ganzen Planeten immer wieder auf Motive aus dem amerikanischen Westen zurückgreift und auf dieser Basis die immer wieder kapitalistische Aspekte – Reichtum spielt in Müggenburgs Zukunft immer eine wichtige Rolle – betont.
Als letzter Zauberkreis Science Fiction Roman erschien „Errol Minor´s“ Fahrten (Nummer 244). Herausgeber Peter Emmerich geht angesichts der angefügten Verträge inklusive der damaligen Bezahlungen davon aus, dass der Roman vor „Die vierte Generation“ entstanden und angekauft sein könnte. Von der stilistisch inhaltlichen Seite reiht sich dieser aus Episoden bestehende Roman allerdings in die experimentelle Spätphase des Autoren ein. Errol Minor ist eine Art James Bond der Zukunft auf freiwilliger wie hoch bezahlter Basis. Seine Honorare steigen genauso wie seine Gewinnsummen im Laufe der Jahre, welche Müggenburg scheinbar übergangslos in dem Abenteuer zusammenfasst. Zuerst muss er einen geflüchteten Wissenschaftler finden, der Pläne einer neuen Waffe bei sich trägt. Der Auftrag wird relativ schnell erledigt, allerdings hat der Mann noch eine besondere Fähigkeit, die es ihm ermöglicht, schnell wieder zu entkommen. An einer anderen Stelle wird Errol Minor eine Expedition mit mehreren Millionen Babys zu neuen Ufern führen; eine Handelslinie in die nächste Galaxis aufbauen und mindestens 200 Milliarden verdienen. Das er einen besonderen Frau dank ihrer gemeinsamen überdurchschnittlichen körperlichen Fähigkeiten mindestens einhundertzwanzig Orgasmen innerhalb weniger Tage bereitet – das Wort Orgasmus gab es anscheinend im Zauberkreis Verlag nicht – lässt sich schon eher in die für H.J. Müggenburg auch so markante Kategorie der übertreibenden Persiflage einordnen.
Die Struktur des Romans ist noch schwieriger zu greifen als bei „Transmitter- Spedition“. Die einzelnen Episoden wirken wenig spannend, dazu ist Errol Minor – vielleicht ist auch der Name des Protagonisten blanke Ironie, den klein ist er an keiner Stelle – zu sehr nicht nur von sich, sondern auch seinen Erfolgen überzeugt. Echte Gegenwehr findet sich nicht. Viel mehr verrennt sich H.J. Müggenburg mehr und mehr in der klassischen Idee des Geldverdienens. Seine Romane könnten in der Jetztzeit Pflichtlektüre für alle Investmentbänker werden. Wie werden ich mit wenigen Ideen reich und baue diese Basis kontinuierlich aus, bis ich nicht mehr weiß, was ich mit dem Geld anfangen soll? Interessant ist, dass Geld nur wenig Rolle in der Perry Rhodan Serie spielte. Ab und zu bekam Homer G. Adams die Aufgabe, die Expansion auch gegen zu finanzieren, aber Scheer war in erster Linie ein progressiver Macher, der mit Zahlen genauso um sich geworfen hat wie Müggenburg vor allem in seinen letzten Romanen mit Geld.
Wieder finden sich sehr viele Ideen in diesem Heftroman, die aber durch die kompakte, zu komprimierte Struktur nur bedingt zum Tragen kommen. Der Leser hat das unbestimmte Gefühl, als wollen Müggenburg keine Serie entwickeln und versucht, alle seine Science Fiction Ideen vor allem in den letzten drei geschriebenen Werken zum Abschluss zu bringen. Einzelne Versatzstücke werden dem Müggenburg Fan allerdings auch aus früheren Romanen leicht verfremdet vertraut vorkommen. In seinen Hexer Stanley Büchern verliebte sich der Autor manchmal zu sehr in seine bizarren Charaktere und hatte am Ende zu wenig Raum, um die eher beiläufigen Plots zu Ende zu bringen. Bei „Errol Minor´s Fahrten“ geht ihm die Energie trotz oder gerade wegen der immer absonderlicher werdenden Missionen zu früh aus und die Figuren wirken allerhöchstens pragmatisch entwickelt, aber nicht mehr so menschlich wie in den ersten Zauberkreis Science Fiction Abenteuern, in denen die Protagonisten auch für den Leser von der Grundcharakterisierung her zugänglicher gewesen sind.
Trotzdem zeigt die überfällige Neuveröffentlichung aller einundzwanzig Zauberkreis Science Fiction Romane vor allem basierend auf den Originalmanuskripten, dass H.J. Müggenburg mit seinen Heftromanen immer aus der Masse der Zauberkreis Newcomer – nicht selten waren ja Gemini SF und Zauberkreis die Sprungbretter, um zum Pabel/ Moewig Verlag wechseln zu können – herausragt hat. Stilistisch und inhaltlich ein wenig experimenteller, herausfordernder lassen sich auch diese drei letzten Werke über vierzig Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung immer noch gut lesen.
Neben den Originaltitelbildern finden sich in den siebten Band der Science Fiction Chroniken noch Einblicke in die damaligen Zahlungsbedingungen. Sie runden eine zufrieden stellende Gesamtedition des heute weiterhin vor allem auch „Hexer Stanley“ bekannten H.J. Müggenburg gut ab.
- ASIN : B091F5PZDB
- Herausgeber : Emmerich Books & Media
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 336 Seiten
- ISBN-13 : 979-8722141019
- Abmessungen : 12.7 x 2.13 x 20.32 cm