1975 veröffentlichte Arthur C. Clarke als Vorgiff auf den 200. Geburtstag der Vereinigten Staaten den Roman „Imperial Earth“. Der Heyne Verlag übersetzte den martialischen und nicht ganz richtigen Originaltitel des Buches in „Makenzie kehrt zur Erde heim“. Damit fasst der Titel den Inhalt des ganzen Romans fasst perfekt zusammen. Makenzie besucht die Erde würde es perfekt treffen, wäre aber weniger poetisch. Betrachtet der Leser den Begriff der Heimat allerdings als Geburtsstätte, dann hat der Heyne Verlag recht. Denn alle männlichen Makenzie Nachkommen wurden auf der Erde „erschaffen“.
Am Ende des Buches fasst Arthur C. Clarke basierend auf seinem Gesamtwerk im Grunde die wichtigsten Aspekte nicht nur dieses Romans in Form einer Rede, welche Duncan Makenzie anlässlich des 500. Geburtstags der USA hält, gut zusammen. Optimismus hinsichtlich einer weiteren friedlichen Erforschung des Sonnensystems, basierend auf der demokratischen Verfassung der USA. Die weitere Suche nach intelligentem Leben außerhalb des Sonnensystems und der bestehenden bisherigen Parameter. Arthur C. Clarke macht deutlich, das außerirdisches Leben anders denken kann und sollte als es die Menschen erwarten und die SETI Parameter verändert werden sollten. In dieser Hinsicht folgt der Brite auch Carl Sagan und "Contact". In vielen seiner bisherigen Bücher hat Arthur C. Clarke den Kontakt zwischen den sich ins All bewegenden Menschen und wirklich fremden Intelligenzen beschrieben. Selbst technisch orientierte Bücher wie "Der Fahrstuhl zu den Sternen" (Clarkes nächster Roman) oder Kurzgeschichten wie "The Sentinel" beschreiben bzw. beschrieben ein komplett fremdes Leben. Aber mit einer bisherigen Parametern entsprechenden Basis für einen mindestens einseitigen Kontakt. Anschließend kommt es zumindest in Teilen zu einem technischen wie kulturellen Austausch zwischen den Menschen und den Außerirdischen. Immer auf einer friedlich intelligenten Basis.
Eine weitere Idee ist das Kloning. Am Ende des Buches erfindet Arthur C. Clarke sogar eine Art Schnellkloning, was die Leihmütter überflüssig macht. Aber der konservative Makenzie präferiert die klassische Leihmuttermethode. Damit der Plot aber funktioniert, muss der Brite bei diesem Handlungsbogen die Biologie ein wenig biegen und die Idee zulassen, das die Klone alle Erbanlagen inklusiv bestehender "Krankheiten" mit übernehmen. Die Notwendigkeit, einen Nachkommen zum Erhalt der Dynastie klonen zu müssen, ist die einzige emotionale Niederlage der erfolgreichen Makenzies, die auf dem Mond Titan nicht nur ein wirtschaftliches Imperium aufgebaut haben, sondern dank der Verschiffung von Wasserstoff zur Erde die Raumfahrt im Sonnensystem erst erschwinglich gemacht hat.
Die dritte Nebenidee ist der Schmuggel von seltenen Rohstoffen zur Erde. Aber zum Jubiläum der USA wollte Arthur C. Clarke keine utopische Kriminalgeschichte erzählen, sondern relativiert diesen Spannungsbogen, in dem er die Mittelverwendung aus dem Schmuggel einem aus der Sicht des Astronomen guten Zweck zuführen lässt.
Von der Grundstruktur her wirkt der Roman wie eine perfekte Mischung aus Arthur C. Clarkes technisch gut recherchierten wissenschaftlichen Hintergrund und den Jugendabenteuern, die Robert A. Heinlein in den fünfziger Jahren verfasst hat. Die Idee eines Besuchs auf der Erde ist allerdings eher eine politisch harmlose Version von „Ein Mann in einer fremden Welt“ als zum Beispiel Walter Tevis „Der Mann, der vom Himmel fiel“. Da brennen zwei Herzen in Duncan Makenzies Brust. Er wurde ja auf der Erde geklont, ist also in der Theorie Terraner und besucht seinen Heimatplaneten das erste und wie immer wieder betont wird auch das letzte Mal. Auf der anderen Seite ist Duncan Makenzie nicht nur aufgrund der Geschäfte seiner Familie, sondern auch seiner eigenen Lebenseinstellung fest mit dem Titan verbunden. Clarke gelingen einige interessante emotional nicht kitschig gestaltete erste Begegnungen. Das beginnt mit dem freien Himmel und den Sonnenstrahlen direkt auf der Haut, der kontinuierlichen Nutzung einer entsprechenden Sonnenbrille, aber auch das Streicheln eines Kaltblüters. Zum ersten Mal begegnet Duncan Makenzie einem lebendigen Tier, auf dem Titan haben sie generell Angst vor jeglicher Infektion und damit Verseuchung der Klimaanlagen.
Bevor Makenzie – der zweite überwiegend auf dem Titan Mond lebende Makenzie – allerdings auf Einladung zur Erde fliegt, beschreibt der britische Autor ausführlich den Werdegang dieser Familie beginnend bei den ersten Schritten eines Makenzies ins All. Die Entwicklung der Idee, den auf dem Titan reichlich vorhandenen Wasserstoff in Richtung Erde zu schicken bis zur Etablierung einer Kolonie, die steril aber irgendwie auch glücklich auf dem Mond lebt.
Arthur C. Clarke berührt einzelne Punkte im Leben eines Heranwachsenden. Die erste Liebe ausgerechnet zu einem Mädchen von der Erde, für das sich auch sein bester Freund interessierte. Hier impliziert Clarke die Idee eines Dreiers, von dem der Makenzie aber eher passiv berührt wird. Dann der Konflikt zwischen den beiden Jugendlichen, an dem ihre Freundschaft zerbricht.
Die Reise zur Erde mit vielen Details hinsichtlich der langsamen Anpassung an die Erdschwerkraft. Die Reise in dem Luxusraumschiff nimmt einen erheblichen Teil des Plots ein. Die verschiedenen Details könnten das Tempo des ganzen Buches auf null reduzieren. An diesem Punkt ist es wichtig, das Arthur C. Clarke sich in einigen seiner späten Romanen eher als allerdings positiv sehr kompakt agierender Chronist einer fiktiven Zukunft sieht denn als klassischer Romanautor.
Auf der Erde selbst wird alles aus Makenzies Perspektive beschrieben. Die Amerikaner führen ihren Gästen eine fast bizarr zu nennende Parade auf. Der Gastgeber nennt sich Washington, die Gäste wohnen in einem wirklich alten Hotel und mancher Aspekt wirkt eher wie eine Parodie auf derartige Feiern als eine Geschichte, die noch über zweihundertfünfzig Jahre in der Zukunft spielt.
Die Erde scheint in dieser Form eine Art Paradies zu sein. Auf der einen Seite technische Spielereien wie die „Mysterium“ Firma, die der gelangweilten Bevölkerung angenehme, aber vor allem auch intellektuell stimulierende Unterhaltung bietet. Dazu kommt eine Art „Handy“, ein Aufzeichnungsgerät und gleichzeitig auch Computer mit für die damalige Zeit unglaublichen, aus heutiger Sicht archaischen technischen Spielereien. Clarke setzt diese kleinen Ideen adäquat um. Ein solcher Minisec öffnet Makenzie abschließend ein wichtiges Geheimnis und zwingt ihn, manche Ansichten und Handlungen zu überdenken. Es ist dieser Moment eines Clarkes Roman, in dem der unscheinbare Protagonist über sich hinauswachsen muss. Meistens intellektuell, die anderen Menschen inspirierend, niemals attackierend.
Auf der anderen Seite inzwischen wieder rekultivierte Landschaften und die wenigen extremen Versuche, zum Beispiel durch Manipulation natürliches „Gold“ wachsen zu lassen erscheinen wie Hinterlassenschaften aus einem Horrorroman denn wissenschaftliche Exkursion. Arthur C. Clarkes Faszination für das Meer spiegelt sich in einigen ausführlichen Beschreibungen wieder. Das Alter des Buches (1975) lässt sich an einem Merkmal erkennen. Ausführlich und Clive Cusslers „Hebt die Titanic“ folgend beschreibt der Autor, wie das legendäre Schiff gehoben, nach New York geschleppt, aufwendig restauriert und schließlich zu einem Museum umgebaut wird. Robert D. Ballard hat die Wahrheit über den Zustand des Wracks erst wenige Jahre später mit dem Fund der Öffentlichkeit enthüllt und die bisherigen Berichte über den Untergang des Schiffes relativiert.
„Makenzie kehrt zur Erde zurück“ setzt sich angesichts des Klonthemas auch mit dem Thema Familie auseinander. Der Protagonist selbst ist der zweite Klon der Familie. Er soll am Ende seines Aufenthalts einen weiteren Makenzie, bestehend aus seinem Erbmaterial und damit auch dem genetischen Materials seines Vaters und seines Opas zurückbringen. Auf jeder dieser Reisen zurück von der Erde zum Titan lernt ein Makenzie, was es heißt, für ein Baby zu sorgen. Das passt in einen auf der emotionalen Ebene distanzierten und anrührenden Roman zu gleich. Es gibt in der ganzen Geschichte nur zwei weibliche Figuren. Einmal die Großmutter des Protagonisten, die sich vor Jahren vom ersten Makenzie getrennt hat. Sie strahlt eine entsprechende Altersweisheit aus. Dann noch die erste Freundin, welche Makenzie auf der Erde wiedertrifft. Sie ist inzwischen eine erfolgreiche Managerin, steht aber auch zwischen verschiedenen Stühlen. Vielleicht wird sie ein wenig zu eindimensional, zu pragmatisch beschrieben, aber Clarke braucht diese Distanz, um auf einen weiteren heute allgegenwärtigen Trend hinzufassen: die Sucht nach virtuellem Vergnügen, im Roman in Form einer von der Gesellschaft verbotenen Vergnügungsmaschine, auf die Gegenwart durchaus als Pornosucht übertragbar.
Auch wenn Clarke mit der 500. Unabhängigkeitsfeier und vor allem dem sehr optischen, aber der Zeit geschuldeten Blick in eine bessere Zukunft einen interessanten Rahmen für sein Buch gestrickt hat, handelt es sich vor allem um eine klassische Frontiergeschichte mit einer Familie im Mittelpunkt, die es getreu dem amerikanischen Traum, aber nicht innerhalb der USA geschafft hat, etwas für sehr harter Arbeit aufzubauen. Ihre Firma hat ohne Frage einen gewissen Wert, aber sie haben jeden Solar reinvestiert und im Grunde befinden sie sich immer noch auf der Reise. Zu ihrem eigenen Wolle, aber auch der ganzen Menschheit.
Neben der Idee, das der Mensch zu blind ist, um wirklich außerirdisches Leben suchen zu können der interessanteste Aspekt dieses sehr ruhigen, in einem gepflegt distanzierten Stil geschriebenen Romans, der sich überzeugend in Clarkes inzwischen mehr als zwanzig Jahre umfassendes Gesamtwerk einpasst, aber vielleicht für die wilden siebziger Jahre zu britisch gesittet erscheinen könnte.
- Herausgeber : Heyne (1. Januar 1979)
- Sprache : Deutsch
- Broschiert : 285 Seiten
- ISBN-10 : 3453305582
- ISBN-13 : 978-3453305588