Atlan Tamaran 3: Das Urteil des Drachenbaums

Marc A. Herren & Dennis Mathiak

Mit „Das Urteil des Drachenbaums“ schließen Exposeautor Marc A. Herren und Dennis Mathiak die Tamaran Trilogie im Rahmen der kurzlebigen Atlan X Reihe ab.  Im Gegensatz zu fast allen Zeitabenteuern aus Hans Kneifels Feder und selbst Christian Montillons Mittelband „Sternenfall der Goldenen“ verschwindet Atlan in diesem Abschlussband wahrscheinlich durch die Aufteilung der Schreibaufgaben ganze Kapitallang aus der Handlung. Dadurch gewinnt Rico wie schon in den ersten beiden Büchern der Trilogie an Charakter und operiert unabhängig von seinem Gebieter.  Atlans Wirken wird weiterhin aus der vertrauten Ich- Perspektive erzählt, während alle anderen Handlungsbögen in der dritten Person niedergeschrieben worden sind.

Der Titel bezieht sich auf die letzten fünfzig Seiten, in denen die beiden Autoren nicht nur die Trilogie abschließen, sondern versuchen, alle roten Fäden sowohl aus Christian Montillons Roman wie auch Hans Kneifels „Die Prophezeiung von Sais“  abzuschließen bzw. dem Leser zumindest zu erläutern.  Durch diese Ballung von nicht immer wirklich originellen Ereignissen wirkt der ganze Roman unrund und nicht zufriedenstellend ausbalanciert. Einige der Wendungen kann der Leser angesichts der rudimentären historischen Daten und der Spekulationen um die Besiedelung der Inseln nachvollziehen, andere Hintergrunderläuterungen wirken allerdings bemüht und umständlich.

Acht Monate sind zwischen dem Ende von „Sternenfall der Goldenen“ und „Das Urteil des Drachenbaums“ vergangen. Atlan wird inzwischen Vater, die Geburt steht unmittelbar bevor. Aber der Arkonide ist unruhig. Er wartet immer noch auf einen weiteren Angriff seines Gegners, dem Massenmörder aus Christian Montillons Horrorodyssee Geschichte. Obwohl sich beide Seiten während des Finals versichert haben, zukünftig getrennte Wege zu gehen, traut Atlan berechtigterweise dem Frieden nicht.

Als sich auf einer der Inseln seltsame Phänomene häufen und die Legende von einer schwimmenden Insel aufkommt, macht sich der Arkonide auf den Weg. Rico dagegen untersucht weiterhin die einzigartige Struktur der Insel. Dabei wird er auf den Tod einer Gruppe von jungen Frauen in einer Höhle aufmerksam. Der treue Roboter vermutet ebenfalls, das vielleicht der Feind wieder zugeschlagen hat und die fragilen Strukturen der einzelnen Königreiche auf jeder Insel zerschlagen oder auch mit Hilfe der Ureinwohner mindestens zu unterminieren sucht. Auch er macht sich auf die Suche.  Als Atlan spurlos auf einer der Inseln verschwindet, wird die Sache noch deutlich brisanter.

Zugegeben haben Marc A. Herren und Dennis Mathiak im vorliegenden Roman keine leichte Aufgabe. Hans Kneifel etablierte in seiner ausführlicher Art und Weise das Szenario und beschrieb den Auszug des Hellen Volks aus der Sklaverei. Christian Montillon hatte den Vorteil, er konnte eine teilweise unangenehm detaillierte Massenmordhandlung mit dem historischen Hintergrund verbinden. Marc A. Herren und Dennis Mathiak müssen einen neuen Spannungsbogen aufbauen, ohne zu sehr auf die ersten beiden Bücher zurückzugreifen.

Dabei gehen die beiden Autoren nach der Methode vor, falsche Spuren zu legen und die jeweiligen Konflikte oder Konfrontationen unabhängig von der im Hintergrund schwebenden Bedrohung durch den exotischen „Urfeind“ aufzulösen.

Dabei bewegen sich Marc A. Herren und Dennis Mathiak teilweise auch am Rande des Klischees. Die toten Frauen in der Höhle mit der einzigen Überlebenden, die in Panik geflohen ist und später von der Lawa eingeschlossen wird, ist dabei vielleicht noch der griffigste der kleinen Handlungsbögen. Wie sehr das Misstrauen gegenüber einem der mittelbaren Opfer und inzwischen König einer der Inseln im Volk verankert ist, beschreibt ein weiterer Handlungsbogen. In diesem Fall ist es Rico, der mittels Hilfe zur Selbsthilfe die politische Grundordnung wieder herstellt.

An einer anderen Stelle gibt es auf den ersten Blick Konflikte zwischen den Ureinwohnern, deren Ernte verdorben ist und dem auf der anderen Seite der Insel lebenden hellen Volk, das über reichhaltige Vorräte verfügt. Das weckt den Neid der Nachbarn und es kommt zu Diebstählen und Überfällen. Ein deutlich umfangreicherer Konflikt droht.  Dieser Handlungsarm wird schließlich durch das Aufgreifen der Gefahr sowohl von Atlan als auch später Rico zum finalen Konflikt.

Alle Themen sind kurzweilig zu lesen, aber den Autoren gelingt es nicht, sie in die im Hintergrund eher schmorende als allgegenwärtige fortlaufende Handlung einzubauen. Viel mehr benötigen sie eine weitere Wendung, damit es zum finalen Konflikt kommt.  Damit dieser erfolgreich ist, muss der Schurke wieder seinen Widersacher am Leben erhalten. Da niemand wirklich glaubt, das Atlan im Gegensatz zu gut gezeichneten und relevanten Nebenfiguren wirklich sterben kann wirkt die Entführungssequenz inklusiv der Gefangennahme eher wie das Bemühen, Spannung aufzubauen als eine wirklich konsequente Handlungsführung.

Die Hintergründe der ganzen Geschichte und damit zumindest der Teil von Fragen, welche das helle Volk und die Prophezeiung betreffen, wird abschließend natürlich in einer Art James Bond Manier – der Schurke erklärt sich und seine aus der paranoiden persönlichen Sicht gerechte Ziele -  ausführlich nicht Atlan, aber zumindest seiner schwangeren Frau erläutert. Spricht ein Leser davon, dass der Weg das Ziel ist, dann wirkt Atlans Vorgehensweise konsequent und zielstrebig, der Antagonist bemüht sich um eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die von derartigen Risiken geprägt wird, das der Leser kaum glauben mag, das ein intelligentes und vor allem technologisch überlegenes Wesen sich angesichts der Wichtigkeit seiner Mission auf derartige Zufälligkeiten einlässt. Entschlossener und vor allem effektiver hätte er mehrmals eingreifen können und das Geschehen aktiv steuern. Atlan interpretiert nur die Prophezeiung und nutzt sie nicht zu seinem persönlichen Vorteil, aber zumindest, um dem hellen Volk eine Zukunft zu schenken. Der Antagonist hat die Prophezeiung verfasst, um sich an der Spitze des hellen Volks zu etablieren. Dabei ist der Plan in der Theorie bis in die Details entwickelt worden, in der Praxis ist es im Grunde unnötig, denn das originäre Ziel hätte viel leichter und vor allem auch ohne die aktive Mitwirkung der kleinen Gruppe von Mitgliedern des hellen Volks erreicht werden können.

Es gibt angesichts der perfekten Ausgangslage im Grunde auch keine Erklärung, warum der Antagonist sich nicht in der ruhigen Zwischenzeit auf einer der sieben Königsreichsinseln breit gemacht und dort seine Machtzentrale inklusiv des zweiten Plans umgesetzt hat. Die Idee, zuerst die Goldene zu seinem inzestuösen Weib zu machen, hat sich mit deren Schwangerschaft zerschlagen. Es wäre zu auffällig gewesen, sie aus Atlans Händen zu entführen. Es wäre auch nicht nötig, da der Körper nur eine Hülle ist und es um die „Seelen“ geht.  Auch die Idee, dann auf die nächste Generation zu warten, wirkt für die Leser wenig nachvollziehbar und dient in erster Linie dazu, die Brutalität des Antagonisten zu unterstreichen.

Auch dessen Geschichte wirkt leider eher bemüht. Marc A. Herren hat in dieser Hinsicht nicht in die Trickkiste, sondern eher auf eine Reihe von Klischees des Genres zurückgegriffen. Nicht nur Hal Clement lässt grüßen und hat Science Fiction mit Krimi sehr viel besser in seinen beiden Bücher um die Nadel miteinander verbunden.

Aber endet bleibt nicht nur Atlan ratlos zurück. Auch die Leser. Der Name des Volks taucht am Ende „Pan-Thau-Ra“ Zyklus auf. Dabei scheinen die Terraner auch zumindest eine Welt dieses Volks zu besuchen. Das widerspricht aber den Angaben, die Marc A. Herren in seinem deutlich in der Vergangenheit nicht nur der Erde, sondern damit auch diesen Volks spielenden Romans macht. Vielleicht ist es nur ein unglücklicher Zufall, dass der Schweizer diesen Namen aufgegriffen hat.

„Das Urteil des Drachenbaums“ – selbst der Titel entlarvt im Grunde nur eine Art Farce -   ist ein solider, aber im direkten Vergleich auch deutlich schwächerer Abschluss der Tamaran Trilogie.  Während Christian Montillon vor allem auch seine Detailverliebtheit teilweise in den Bereich der unangenehmen Beschreibungen Hans Kneifel positiv gesprochen imitierte und dessen einzigartiges Atlan Zeitabenteuer Flair zu kreieren suchte, wirkt Marc A. Herren/ Dennis Mathiaks Abenteuer eher bieder geschrieben. Die Erklärungen sind weniger stark in die fortlaufende, aber bruchstückartig wirkende Handlung integriert und hemmen den vor allem in der ersten Hälfte des Romans kaum vorhandenen Lesefluss noch mehr.

Zusammengefasst ist die erste und leider auch bislang letzte teilweise nicht von Hans Kneifel verfasste Atlan Trilogie mit Zeitabenteuern es zu Beginn interessantes, in der Mitte ohne experimentelles und abschließend eher teilweise enttäuschendes Leseabenteuer. Die Mischung aus irdischer Geschichte und außerirdischen Einflüssen – egal ob von Atlan oder dritter Seite – ist weiterhin vorhanden und rückblickend hat Marc A. Herren aus dem archäologischen Hintergrund der markanten und heute weltberühmten Inseln sehr viel gemacht, aber während der Lektüre springt der Funke eher in den ersten beiden Büchern denn leider dem ohne Frage ambitionierten, aber auch sehr konstruierten Abschlussband auf die Leser über.      

ATLAN X Tamaran 3: Das Urteil des Drachenbaumes von [Marc A. Herren, Dennis Mathiak]

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH; 1. Edition (1. Februar 2011)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 352 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3890648223
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3890648224

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