Das haus zamis 37- Racheengel

Diana Dark, Oliver Fröhlich, Rüdiger Silber

 "Der Racheengel" basierend auf einer Story von Uwe Voehl und geschrieben von Diana Dark, Rüdiger Silber - der Titeltragende erste Teil und Oliver Fröhklich - "Das schwarze Zimmer" - gehört mit seiner interessanten Mischung aus einem dämonischen Russland mit dem 40 Milliarden Dollar schweren Überdämonen Putin der Gegenwart und der wechselhaften Geschichte des Bernsteinzimmers als Schmelztiegel dunkler Macht von der Zarenzeit bis in die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs mit einem Ausblick auf die nahe Zukunft zu einem der besten "Das Haus Zamis" Romane der letzten Jahre. Die verschiedenen Handlungsebenen sind sehr viel intensiver als zuletzt miteinander verbunden und vor allem umschiffen die Autoren die verschiedenen Klischees - Cocos kontinuierliche Opfer sowie die Folterungen als Hexe aus dem letzten Roman - der Serie und bilden einen ausgesprochen vielschichtigen Hintergrund aus.

Die Gegenwartsebene zerfällt in zwei nicht unbedingt gleichberechtigte, aber in ihrer Relevanz interessante Teile. Michael Zamis hat seine Frau wieder, nur spricht sie nach der Gefangenschaft/ Pfandleihe nicht mehr. Die Leser erfahren, dass die Zamis die Wächter des schwarzen Zimmers sind und das Oberhaupt der Wiener Sippe die Verantwortung für das Zimmer los werden möchte. Es droht zu erwachen.  Es ist erstaunlich, woher Michael Zamis nach den verschiedenen Kompromissen und Rückschläge immer noch sein vordergründig unerschütterliches Selbstbewußtsein nimmt. Selbst die Bettdecke versucht ihn inzwischen zu töten. Was auf der einen Seite schnell zu einer Farce werden kann, wird auf der anderen Seite allerdings trotz der absurden Grundidee spannend beschrieben. Coco Zamis ist als Geheimagentin Asmodis ohne ihr Kind, dass der Herr der Unterwelt heckt und auf eine perverse Weise auch pflegt, zusammen mit Fürst Helmut von Bergen nach Moskau. Das Oberhaupt der dortigen schwarzen Familien - nicht Putin, sondern der Oligarch Theodots Wolkow - soll seine Macht aus dem schwarzen Zimmer beziehen.

Moskau als dämonischer Ort ist spätestens seit der "Wächter" Tetralogie in aller Munde. Die Meßlatte ist hoch, der russischen Hauptstadt ein eigenständiges dunkles Gesicht zu geben. Die drei Autoren greifen auf Ansätze Lukianenkos mit den dunklen Raben zurück, zeichnen aber ansonsten ein durchaus vielschichtiges und vor allem originell dekadentes Bild der Vorgänge. Besucher, die Hotelfenster einfach eindrücken; Dämonenfallen, die wie Fangnetze funktionieren und der oligarchische Prunk in der Wolkow Villa seien hier stellvertretend erwähnt. Die eigentliche Handlung schreitet vielleicht zu wenig voran. Da die meisten Informationen auf der langen langsam in die Gegenwart führenden Vergangenheitsebene platziert worden sind, wirkt Coco Zamis weiterhin wie ein hilfloses Spielzeug verschiedener Mächte. Diese zurückhaltende Charakterführung irritiert vielleicht im vorliegenden Roman, tut der Serie als Ganzes aber sehr gut. Zu oft stand die junge Hexe manchmal zu stark konstruiert im Mittelpunkt der Geschehen. Als Ausgleich arbeitet sich der anfänglich gänzlich unsympathische Helmut von Bergen mehr und mehr zu einem opportunistischen Dämonenjäger der Feinde Asmodis vor und verfügt über einen sepktakulären Auftritt gegen Ende des Romans. Die überwiegend nihilistische bedrohliche Stimmung mit einigen gut platzierten Seitenhieben gegenüber der gegenwärtigen russischen Gesellschaft ersetzt die ansonsten nicht selten dominierenden brutalen Szenen und rundet die Gegenwartsebene mit einem eher offenen Cliffhanger zufriedenstellend ab.       

Die Vergangenheitsebene ist allerdings der beste Teil des Romans. Die Idee, dämonische Kräfte mit dem Bernsteinzimmer und dessen Schicksal zu kombinieren, wird sehr gut vorbereitet. Das beginnt bei der Geburt des dunklen Bruders über das Heranwachsen und schließlich den Opferungen innerhalb des Zimmers. Vielleicht wirkt der Bogenschlag zu kultisch klassischer dunkler Magie zu einfach und vielleicht hätte man sich noch ein wenig mehr Originalität in diesen dunklen anfänglichen Passagen gewünscht, aber die während des Zweiten Weltkriegs spielenden Szenen - sie unterstreichen, das der reale Wahnsinn die Phantasie der Autoren jederzeit an Grausamkeit überflügeln kann - gleichen diese Schwäche wieder aus. Ohne in die Details zu gehen - die Auflösung des Geheimnisses des schwarzen Zimmers wird wohl erst im nächsten Roman folgen - durchzieht ein morbider Funke diese Handlungsebene und reiht sich nahtlos in die lange, in den letzten Bänden schon erzählte Geschichte der Zamis und ihrer verschiedenen Verantwortlichkeiten ein. Nur das die Autoren den Bogen zurück ins 18 Jahrhundert schlagen, während die meisten anderen Zamis Rückblicke im 20. Jahrhundert spielen. Diese Mischung aus Fakten wie dem Abbau des Bernsteinzimmers vor der Rückeroberung Leningrads durch die Russen und die chaotische Flucht gen Westen und Fiktionen mit dem die Soldaten beeinflussenden Amulett fasziniert und vor allem funktioniert. Die Nebenfiguren sind vielleicht stellenweise ein wenig zu funktionell und eindimensional gezeichnet, aber angesichts der Handlungsfülle, welche die gut miteinander harmonierenden Autoren in ihren Teilromanen abarbeiten müssen, ist diese Schwäche zu verzeien.

Nach dem langen Konflikt mit Asmodis sowie den wechselnden Bündnissen haben die Autoren unter der Führung Uwe Voehls nur vordergründig eine neue Seite der Zamis aufgeschlagen. Obwohl Coco Zamis jetzt eine widerwillige Sonderbotschafterin und weniger Agentin des Höllenfürstes ist, schwehlt die Konflikt zwischen den Zamis und Asmodi weiter. Mit dessen Beziehung zum schwarzen Zimmer auf einer neuen Ebene. Erstaunlich ist vielleicht rückblickend nur, dass Michael Zamis nicht vorher im Konflikt mit Asmodis auf die mögliche Hilfe Wolkows zurückgegriffen hat. Der schmierig schleimige, aber von sich überzeugte Wolkow muss wegen des schwarzen Zimmers in einem engeren Zusammenhang mit den Zamis stehen als bislang bekannt. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Russlandhandlung der Serie entwickeln wird, aber bislang ist "Der Racheengel" auf den verschiedenen Ebenen sowohl als Horror Roman als auch bitterböse fiktive Geschichtsstunde von den Zaren und ihrem dekadenten Leben bis in die Wirren des Zweiten Weltkriegs ein stringenter und phasenweiser sehr spannender Roman, in dem Coco Zamis ausschließlich reagieren und an keiner Stelle wirklich agieren kann.   

Zaubermond Verlag

Taschenbuch, 200 Seiten Umfang

Erschienen März 2014

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