Planet der Verrückten

Terra Astra 328, Planet der Verrückten, Marianne Sydow, Thomas Harbach
Marianne Sydow

„First Contact“ Geschichten als Humoreske sind seit Beginn der Science Fiction ein schwieriges Thema. Verschiedene Autoren wie Eric Frank Russel, H. Beam Pieper, Keith Laumer, Lloyd Biggle oder selbst Poul Anderson teilweise mit Ben Bova haben sich daran versucht. Die meisten dieser lesenswerten, inzwischen als Klassiker eingestuften  Texte funktionieren, weil den Scheuklappen tragenden bornierten Menschen ausgerechnet ihre Lebensweisen, ihr Unflexibilität und die fehlende Logik ihrer Lebensgewohnheiten zum Verhängnis werden. Die Außerdem werden zu den Narren des Mittelalters, die den auf den ersten Blick so souveränen wie dominanten Menschen – mit Außerirdischen als Kontaktler funktionieren diese Texte bei weitem nicht so gut – den Eulenspiegel ins Gesicht halten. Am Ende dieser Geschichten und Romane gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Die Basis für den Kontakt und eine friedliche wie freundschaftliche Zusammenarbeit ist gelegt oder die Menschen ziehen entnervt sich von dem Planeten zurück. Sie hinterlassen dabei zwar einige Spuren, die eher gegen den Willen der Explorer die zurückgelassene Kultur nach vorne bringen, aber eine beiderseitige Kontaktaufnahmen vor allem mit den menschlichen Interessen im Vordergrund ist unmöglich. Diesen angloamerikanischen Schemata folgt Marianne Sydows „Planet der Verrückten“ fast sklavisch. Wie bei einigen anderen Subgenres der Science Fiction ist es auch weniger wichtig, den grundlegenden Plot zu variieren, sondern mit absurden und teilweise grotesken Details zu unterhalten, vielleicht im positiven Fall sogar zu mahnen.

Die Geschichte spielt auf Harako, einer auf den ersten Blick vor allem natürlich für Menschen paradiesischen Welt, die unbedingt zumindest touristisch entschlossen werden könnte. Gäbe es da nicht die ambivalent beschriebenen, an stehende Amöben erinnernden Ureinwohner, die mit den Menschen im Grunde gar nichts anfangen, sie aber liebenswert verdreht nachahmen können.  Schon während der ersten Landung den Menschen anfänglich Schuhe gestohlen. Wer keine Schuhe ergattern konnte, machte sich aus dem herumliegenden Materialen „Fußbedeckungen“. Waffen wurden aus Holz nachgeahmt und stolz getragen. Marianne Sydow ist hinsichtlich der Fähigkeiten/ Adaptionsmöglichkeiten der Harakos ein wenig zu oberflächlich. Je nach Situation sind die Harakos entweder passiv und ahmen nur nach oder aktiv in ihren eigenen Ritualen. Wenn sie jeden „Spruch“ der Menschen von Grund auf den Kopf stellen und verdrehen,  dann wirkt das anfänglich lustig, nutzt sich aber erstaunlich schnell ab. Im Verlaufe des ohne Frage kurzweilig zu lesenden Romans hat sich die Autorin so sehr in ihre Schöpfung und vor allem die paradiesische Welt verliebt, das sie ein wenig vergisst, einen grundlegenden Plot zu etablieren und die notwendige Spannung aufzubauen. In einem kurzen Essay hat ihr Sohn geschrieben, dass für die Veröffentlichung als „Terra Astra“ Roman das Manuskript deutlich überarbeitet und auf der Humorebene entschärft worden ist. Vielleicht wirkt deswegen auch der Mittelteil ein wenig zu distanziert. Ihm fehlt die Anarchie eines Horst Hoffmann Romans, der manchmal über das Ziel hinausschießend wie Ernst Vlcek mit seinen besseren Walty Klackton Romanen ein buchstäbliches Chaos entfachen konnte, das in der Tradition der amerikanischen Screwball Komödien sich wie ein flach aufs Wasser geworfener Stein immer weiter mit größeren Kreisen ausbreitete, bevor irgendwann zumindest in der Theorie ein wenig Ruhe einkehren konnte. Diese Mischung aus buchstäblich hintergründigen Chaos und den immer frustrierender und unlogischer werdenden Entscheidungen der Menschen stellt sich in „Planet der Verrückten“ – der Titel ist nicht passend, da zwar die Menschen mit irdischer Flora/ Fauna mit verantwortlich sind, die Ureinwohner auf der anderen Seite aber nicht als klassisch verrückt/ krank bezeichnet werden sollten – erst relativ spät ein. Das Ende wirkt konsequent, aber wie bei vielen Heftromanen aufgrund der Seitenbeschränkung auch sehr hektisch und abrupt. Aus heutiger Sicht ist das Alter des Heftromans – er ist im November 1977 veröffentlicht worden – sehr stark zu erkennen. Als Humoreske punktet die Autorin vor allem zu Beginn der Handlung, wenn einer neu auf dem Planeten gelandeten Delegation die außer Kontrolle geratene Situation erläutert werden muss und am Ende, wenn sie die zahlreichen roten Fäden einfängt und den Plot zu schnell und vor allem zu pragmatisch beendet. Dazwischen weißt „Planet der Verrückten“ einige Längen auf und manche Wendung der Handlung wirkt eher wie ein Kompromiss als nachhaltig und überzeugend herausgearbeitet. Aber wenn einen humorvollen Roman aus der Feder der beliebten Atlan und Perry Rhodan Autorin lesen möchte, der liegt mit dem vorliegenden Terra Astra Heft nicht unbedingt falsch.   

Pabel Verlag, 64 Seiten,

Terra Astra 328